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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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haben ihn überall gesucht und sind fast verrückt geworden.« Seine Stimme war brüchig bei dem bloßen Gedanken an diese Qual.
    »Haben Sie ihn als vermisst gemeldet?«, fragte ich.
    »Natürlich«, sagte Claire. »Man hat ihn aber nicht gefunden. Zwei Wochen später kam er von sich aus wieder zurück. Er sah zum Fürchten aus, dreckig, sonnenverbrannt, abgemagert, halbtot.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Wir haben ihn ins Krankenhaus gebracht, und die haben ihn wieder aufgepäppelt«, sagte Fred. »Das Schlimmste war einfach, dass er vollkommen dehydriert war. Dann haben wir ihn mit nach Hause genommen und davon überzeugt, eine Weile bei uns zu bleiben. Sogar einen Therapieplatz haben wir ihm besorgt …«
    »Und irgendwann ist er dann wieder fort«, sagte Claire. »Dieses Mal waren wir besser darauf vorbereitet, aber er blieb länger weg, ein paar Monate, und wir wussten nicht einmal, ob …«
    »Passierte das dann immer wieder?«, fragte ich.
    Claire nickte.
    »Und wie ging es ihm« – ich suchte nach einer höflichen Ausdrucksweise – »in psychischer Hinsicht?«
    »Zunächst wollte ich das nicht wahrhaben, aber tatsächlich war Simon nach Zacks Tod nicht mehr er selbst«, sagte Claire und schüttelte den Kopf. Ihre Miene verriet ihren unendlichen Kummer. »Nach dem Urteil hat es angefangen, aber seit er auf der Straße lebte, ging es immer schneller bergab …«
    »Seine Erinnerung war vollkommen verdreht«, sagte Fred und tippte sich an den Kopf. »Es gab Tage, an denen es ihm ganz gut zu gehen schien, aber dann machte es klick, und er wurde ganz eigentümlich. Dann redete er nur noch Unfug oder sprach kein einziges Wort.« Er senkte den Kopf und wischte sich eine Träne weg.
    »Manchmal schimpfte er furchtbar über die Regierung«, fügte Claire hinzu. »Man könne niemandem von denen trauen, das seien alles Lügner und so weiter und so fort …«
    »Vermutlich fragen Sie sich, warum wir ihn nicht einfach haben einweisen lassen.« Fred seufzte. »Wir dachten, wenn wir ihn einsperren, dann ist das für ihn das Ende. Und nachdem diese verdammte Jury und das Bundesgericht ihn so im Stich gelassen haben … nun, vermutlich kam mir sein Verhalten gar nicht so verrückt vor«, gestand er. »In meinen Augen hatte er einfach nur den Glauben verloren, können Sie das verstehen?«
    Das konnte ich gut verstehen. So hatte ich mich lange gefühlt, als ich Romy verloren hatte. Dieser Vorfall hatte eine Menge damit zu tun, warum ich Staatsanwältin geworden war. Obwohl meiner Schwester nie Gerechtigkeit widerfahren war, konnte ich noch an so etwas glauben, wenn ich anderen Gerechtigkeit verschaffte.
    »Und das ließ Simon nicht mehr los?«
    Claire nickte traurig. »Als er das letzte Mal zurückkam, sah er allerdings besser aus«, sagte sie. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als würde die Sonne für einen kurzen Moment die Wolken durchbrechen. »Er war immer noch viel zu mager und abgehärmt. Zum ersten Mal seit zwei Jahren wirkte er aber irgendwie normal, fast schon optimistisch.« Claire drehte sich um und tätschelte Freds Knie. »Das war ein schöner Besuch, oder?«
    Fred nickte schweigend, den Blick auf den Couchtisch gerichtet.
    »Eine Woche später war er aber wieder fort«, sagte sie. »Und eine Woche danach ist er dann …« Claire legte einen Moment die Hand auf die Augen. »Ich weiß, dass ich mit so etwas hätte rechnen müssen, so wie er gelebt hat.« Ihre Stimme zitterte. »Aber …«
    Ich dachte den Gedanken stillschweigend zu Ende. Eltern können auf den Tod eines Kindes niemals vorbereitet sein – schon gar nicht auf seine Ermordung.
    Und in diesem Fall waren es zwei.

34
    E s war noch nicht Mittag, als wir uns von den Bayers verabschiedeten, aber es fühlte sich an wie Mitternacht. Nach Treffen mit Angehörigen von Opfern war ich immer vollkommen ausgelaugt.
    Ich kauerte mich zusammen und zog meinen Mantel enger um mich, weil ich wusste, dass Bailey es mir nicht erlauben würde, die Heizung anzustellen.
    »Weißt du, was ich jetzt gebrauchen könnte?«, fragte ich.
    Bailey zog eine Augenbraue hoch. »Einen starken Drink? Den könnte ich auch gebrauchen.«
    »Ich dachte eher an etwas wirklich Exotisches. Einen hübschen und – darf ich es wirklich zu hoffen wagen? – hilfreichen Beweis zum Beispiel.«
    »Und wie soll der beschaffen sein? DNA? Fingerabdrücke? Sag’s einfach, mein Schatz«, antwortete Bailey.
    Ich sah sie eiskalt an. »Es ist an der Zeit, dem Coroner einen Besuch

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