Toedlicher Hinterhalt
nass geworden war, fiel es ihr jetzt, da es trocknete, in Locken um das Gesicht, was sie in Kombination mit dem Nachthemd aus weißer Baumwolle unglaublich jung aussehen ließ.
Tom griff nach dem Wecker auf seinem Nachttisch und drehte ihn zu sich herum. »Du fragst dich bestimmt auch, warum ich um kurz vor Mitternacht noch immer keinen Anruf von meinem Team erhalten habe, dass der Mann wieder zurück in seinem Zimmer ist. Und du wunderst dich zu Recht. Es dient irgendwie nur als Köder, als … zum Teufel, ich habe keine Ahnung als was genau. Vielleicht wird er die Bombe erst in letzter Minute dorthin bringen. Vielleicht ist es eine Vorsichtsmaßnahme, die dazu dienen soll, Leute wie mich auf eine falsche Fährte zu locken. Vielleicht ist er ja derjenige mit dem gottverdammten Verfolgungswahn.«
Er sah ihr in die Augen. »Er ist es, Kelly, ich weiß es einfach. In manchen Momenten bin ich so überzeugt davon, dass ich es fast schon fühlen kann. Und für mich steht fest, dass die Feierlichkeiten für die Fünfundfünfzigsten sein Ziel sein werden. Ich weiß auch, dass ich es jemandem mitteilen sollte. Aber sie werden mir nicht glauben. Ich habe keine Beweise, nichts außer einem leeren Hotelzimmer ohne Fingerabdrücke und einer Reihe von Fotos, auf denen ein Mann zu sehen ist, der die gleiche Schädelform hat wie der Kaufmann.« Seine Stimme bebte. Gott, hoffentlich fing er nicht wieder zu weinen an. »Und dann beginne ich wieder, an mir zu zweifeln. Vielleicht bin ich ja doch irre. Vielleicht verursacht bloß die Verletzung, dass ich mir so absolut sicher bin, es mit ihm zu tun zu haben. Aber ich habe beschlossen …« Er musste sich räuspern. »Ich muss Admiral Crowley anrufen.«
Er war heute Abend zu diesem Entschluss gekommen. Besser gesagt hatte er sich der Tatsache gefügt, diesen Anruf als Allererstes am nächsten Morgen zu machen. Da gab es nichts zu entscheiden, sondern nur das, was in dieser Situation richtig war, und er musste es tun.
Selbst wenn es bedeutete, seine Karriere und damit sein ganzes bisheriges Leben aufzugeben.
»Wenn ich mich irren sollte …« Er musste kurz innehalten, denn seine gottverdammten Lippen zitterten. »Wenn ich mich irren sollte und tote Terroristen sehe, wo keine sind, dann verdiene ich es auch nicht, das Kommando über SEAL -Team 16 zu führen. Wenn dem wirklich so ist, sollte ich eine Entlassung aus medizinischen Gründen akzeptieren. Ich hatte es mir zwar anders erhofft, aber es ist auch keine Schande.«
»Nein, das ist es nicht.« Sie setzte sich noch weiter auf und kniete sich neben ihn aufs Bett. »Zudem besteht auch die Chance, dass du nach einigen weiteren Monaten Erholung –«
»Nein«, unterbrach er sie. »Wenn ich Admiral Crowley erst einmal angerufen und Alarm geschlagen habe, werde ich keine weiteren Monate mehr bekommen. Mein Arzt ist ein Captain mit einem Würgehalsband – und am Ende der Leine sitzt Rear Admiral Tucker. Man wird garantiert sofort eine medizinische Kommission einberufen. Und dass ich tote Terroristen mitten in Massachusetts sehe, werden nicht mal die unabhängigen Mitglieder des Ausschusses auf die leichte Schulter nehmen. Wenn ich das mache – sobald ich das mache –, dann werde ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht nur aus dem Dienst entlassen, sondern auch noch ohne Ende psychischen Tests unterzogen – und für die Dauer der gesamten Prozedur weggesperrt werden.«
Kelly traten Tränen in die Augen.
»Aber ich kann es auch nicht bleiben lassen«, fuhr Tom leise fort. »Ich kann nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen. Und mir läuft die Zeit davon.«
»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte sie. »Es dir leichter machen? Kann ich mit jemandem sprechen oder jemanden für dich anrufen oder …?«
Er schüttelte deprimiert den Kopf, traute sich jedoch nicht, die Hände nach ihr auszustrecken, besonders nicht, da sie sich von ihm zurückgezogen hatte und ihm fast so vorkam, als hätte sie ihren Standpunkt dadurch klargemacht, dass sie ihn nicht berührte.
Ich liebe dich. Es war total dämlich gewesen, so etwas zu sagen. Damit hatte er ihr eine Heidenangst eingejagt, mehr noch als mit seinem verrückten Gerede von Terroristen. Ihn sollte das Ganze eigentlich ebenso beunruhigen, doch in dieser Nacht hatte er diesen Zustand schon weit hinter sich gelassen.
»Tom.« Jetzt würde sie sich zu der ganzen Angelegenheit äußern und ihm eine sanfte Abfuhr erteilen. Sie würde versuchen, zu erklären, was alles so
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