Toedlicher Hinterhalt
hinzu.
Kelly, die ihm gerade eine Manschette um den Arm legte, um den Blutdruck zu messen, schaute hoch. »Sehr beeindruckend.«
»Ich kann mir Zahlen gut merken. Ich weiß noch die Adressen und Telefonnummern aller Wohnungen, in denen ich als Kind gelebt habe – und wir sind oft umgezogen. Deine Durchwahl werde ich wahrscheinlich noch mit achtzig im Kopf haben.«
»Ich hoffe allerdings, dass ich schon vorher in den Ruhestand gehen werde«, erwiderte sie, wobei sie die Manschette aufpumpte. »Warum nimmst du dir nicht vor, mich schon ein paar Jahrzehnte früher anzurufen. Ich meine, wenn du die Nummer eh schon auswendig weißt, kannst du das wohl auch ausnutzen. Zu fest?«
Er schüttelte den Kopf. Flirtete sie etwa gerade mit ihm? Wenn du die Nummer eh schon auswendig weißt … Das war definitiv eine Anspielung, und sie machte sie auch noch in aller Öffentlichkeit. Und während er zum Himmel stank.
Auf der anderen Seite des Tischs hatte Joe wieder Platz genommen, hockte jedoch nur auf der Kante seines Stuhls. Er sah aus, als wollte er unbedingt etwas sagen. Mallory und ein komisch aussehender Typ, den er nicht kannte, von dem er jedoch zu wissen glaubte, dass er David hieß, drückten sich ängstlich im Durchgang zum Esszimmer herum. Charles wiederum saß mit verschränkten Armen da wie ein König. Er trug einen seidenen Hausmantel und überwachte mit kritischem Blick alles, was er noch besaß.
Kelly schob das Bruststück ihres Stethoskops unter die Manschette und klemmte seine Hand zwischen ihren Ellbogen und ihre Hüfte. Das fühlte sich gut an. Und wenn sie nackt gewesen wäre, hätte es sich sogar noch besser angefühlt.
Dann ließ sie langsam die Luft aus der Manschette und lauschte aufmerksam. Als sie damit fertig war, wiederholte sie den ganzen Vorgang noch einmal.
»Dein Blutdruck ist fast optimal«, teilte sie ihm schließlich mit und umfasste daraufhin sein Handgelenk, um seinen Puls zu messen, wobei sie sich nun auf das Zifferblatt ihrer Armbanduhr konzentrierte.
Joe hielt es nicht länger aus. »Als Mallory und ihr Freund ihn nach Hause gebracht haben, konnte er kaum aufrecht hier reingehen.«
»Der Puls ist kräftig«, verkündete Kelly.
»Außerdem solltest du wissen«, fuhr Joe fort, »dass er vor Kurzem wegen irgendeiner Kopfverletzung im Krankenhaus gelegen hat.«
Kelly schaute zu Joe. »Es wäre sicher gut«, stimmte sie ihm zu, »wenn Tom mir die Einzelheiten zu seiner vorangegangenen Verletzung mitteilen und auch genau berichten würde, was heute Abend passiert ist, aber das liegt ganz bei ihm.« Sie wandte sich Tom zu. »Aber ganz gleich, was du bereit bist, zu erzählen, und was nicht, würde ich dich gern unter vier Augen sprechen. Fühlst du dich fit genug, um die Treppe nach oben in Angriff zu nehmen?«
»Kein Problem«, log Tom. Er musste sich zusammenreißen. Sollte er es schaffen, aufzustehen und die Treppe hochzugehen, ohne auf der Nase zu landen, würden sie ihren Plan, ihn in die Notaufnahme zu zerren, wahrscheinlich aufgeben.
Doch als er aufstand, schien alles um ihn herum ein wenig zu schwanken. »Hast du etwas dagegen, wenn ich zuerst noch schnell dusche?«, fragte er Kelly und versuchte damit, von der Tatsache abzulenken, dass er nicht ganz so sicher auf den Beinen stand, wie er gedacht hatte, sondern sich an der Stuhllehne festhalten musste.
»Nein.« Ihr entging nichts. »Wenn du dich dazu in der Lage fühlst. Ich werde dann in fünf Minuten nach oben kommen.«
Sie und Joe folgten ihm in den Flur und beobachteten, wie er die Stufen nahm.
Als er es endlich nach oben geschafft hatte, sah er zu ihr hinunter. Ihm war erneut der kalte Schweiß ausgebrochen, aber sie stand zu weit weg, um es sehen zu können. »Tadaa!«
Vielleicht reichte die Entfernung aber auch nicht, denn sie kniff leicht die Augen zusammen. »Schließ die Badezimmertür nicht ab, du hast fünf Minuten. Wenn du dann nicht wieder raus bist, werde ich zu dir reinkommen.«
»Ist das eine Drohung – oder ein Versprechen?«, fragte er.
Oh Gott, wie kam er denn dazu, so mit Kelly zu reden? Er hatte sie verblüffen und davon ablenken wollen, dass es ihn fast das letzte bisschen Kraft gekostet hatte, die Treppe hochzugehen. Mit dieser Taktik war er in der Vergangenheit bei Ärztinnen und Krankenschwestern sehr erfolgreich gewesen, es sollte sie durcheinanderbringen und verlegen machen.
»Tut mir leid«, schob er schnell hinterher. »Das war … Das war nicht sehr nett. Bitte entschuldige.«
Dann
Weitere Kostenlose Bücher