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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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unerfüllt.
    Sie konsultierte zahllose Ärzte, berühmte Spezialisten ebenso wie Quacksalber, aber keiner von ihnen konnte ihr helfen. Sie musste sich wirklich damit abfinden, dass sie unfruchtbar war. Sie tat ihm unendlich Leid, und er stimmte ihrem Vorschlag, ein Kind zu adoptieren, sofort zu. Sie waren bereits mit einem Adoptionsbüro in Verbindung getreten, als sie bei einem Besuch in New York vor einer ärmlichen Mietskaserne mit ihrem Auto ein kleines Mädchen anfuhren.
    Rachel war aus dem Wagen gesprungen und auf der Straße neben dem Kind niedergekniet, das glücklicherweise nur ein paar Schrammen davongetragen hatte. Sie bestand jedoch darauf, das bildhübsche, blonde, blauäugige Mädchen in ein Krankenhaus zu bringen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Sie besuchte die Verwandten des Kindes, eine schlampige Tante und deren betrunkenen Mann. Diese beiden, die das Kind nach dem Tod seiner Eltern zu sich genommen hatten, machten sich offenbar nicht viel aus ihm und stimmten Rachels Vorschlag, das Kind für ein paar Tage bei sich zu behalten, begeistert zu.
    Die kleine Mary fühlte sich im Hotel sofort wohl; das weiche Bett, das elegante Badezimmer und die neuen Kleider, die Rachel ihr kaufte, entzückten das kleine Mädchen. Und dann kam der Augenblick, da Mary sagte: »Ich möchte nicht wieder nach Hause gehen, ich möchte für immer bei euch bleiben!«
    Rachel warf ihrem Mann einen glücklichen, gerührten Blick zu, und sobald sie allein waren, sagte sie: »Ich will sie behalten und als unser eigenes Kind aufziehen! Diese Frau und ihr Mann werden bestimmt froh sein, wenn wir die Kleine adoptieren.«
    Er stimmte sofort zu. Rechtsanwälte wurden konsultiert, Urkunden unterzeichnet, und aus der kleinen Mary O’Shaugnessy wurde Mary Jackson, die mit ihnen nach England fuhr. Endlich schien Rachel glücklich zu sein – auf eine unruhige, fiebrige Art. Das Kind ließ sich nach allen Regeln der Kunst verwöhnen, aber es blieb freundlich und folgsam; und doch war Leo im Geheimen etwas beunruhigt. Vielleicht, weil die Kleine sich zu leicht in die veränderten Umstände einfügte, oder weil sie niemals Heimweh hatte, vor allem jedoch, weil sie zwar Zuneigung, aber keine Liebe zu ihrer Adoptivmutter zeigte.
    Von dieser Zeit an war Leo in den Hintergrund gerückt. Rachel war von Natur aus sowieso mehr Mutter als Frau, und nachdem sie Mary adoptiert hatten, waren ihre mütterlichen Instinkte nicht etwa befriedigt, sondern im Gegenteil stärker geworden als je zuvor. Ein Kind genügte ihr nicht.
    Von jetzt an interessierte sie sich ausschließlich für Kinder – verkrüppelte Kinder, zurückgebliebene Kinder, verwaiste Kinder. Sie gründete Stiftungen für Waisenhäuser und Kinderheime aller Art und ging völlig in ihrer Arbeit auf.
    Leo aber schuf sich allmählich einen eigenen Lebens- und Interessenkreis. Er begann, sich mit den historischen Hintergründen der Volkswirtschaft zu beschäftigen, er las, er schrieb wissenschaftliche Abhandlungen, und er zog sich mehr und mehr in seine Bibliothek zurück. Gleichzeitig bestärkte er seine Frau in ihrer Tätigkeit.
    Und Rachel war in ihrem Element – aktiv, geschäftig, glücklich führte sie das Haus und erweiterte ihr Engagement ständig. Es musste ja so viel getan werden, so viel war wert, dass es getan wurde. Und immer, wenn sie von einem neuen Projekt berichtete, hörte er höflich und aufmerksam zu und sagte: ›Das ist aber eine wirklich gute Sache, meine Liebe.‹ oder ›Das hört sich vielversprechend an, das sollte man in Angriff nehmen, da bin ich ganz deiner Meinung.‹
    Nur selten mahnte er zu ein wenig mehr Zurückhaltung: ›Das solltest du dir noch einmal genau überlegen. Vielleicht ist dies Unternehmen doch zu viel für dich.‹
    Aber sie hörte nie auf ihn. Zwar bat sie ihn stets um seinen Rat, doch das war mehr pro forma. Sie wusste immer, was das Richtige war, sie wusste, was das Beste war.
    Nach und nach versuchte er nicht mal mehr, sie von irgendetwas abzuhalten. Es war ja doch zwecklos. Rachel brauchte ihn nicht – nicht seine Hilfe, nicht seine Liebe. Sie hatte ihre Arbeit, war zufrieden und schrecklich dynamisch.
    Im Jahre 1939, bei Kriegsausbruch, verdoppelte sie ihre Aktivitäten. Sie wollte ein Kriegskinderheim für arme Londoner Kinder einrichten, und sie setzte sich sofort mit ihren einflussreichen Freunden und mit dem Gesundheitsamt in Verbindung. Nachdem sie die Genehmigung für das geplante Heim erhalten hatte, kaufte

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