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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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heiraten kann.
    Und versuch mal, dich in die Lage deines Vaters zu versetzen: Er muss wissen, dass die Frau, die er liebt, zweifellos die Gelegenheit hatte, den Mord zu begehen; auch an einem Motiv fehlte es ihr nicht… Er hofft, dass sie es nicht war, er ist fest davon überzeugt – aber ganz sicher kann und wird er nie sein.«
    »In seinem Alter…«, begann Mary.
    »Sein Alter! Hör doch endlich auf damit, Mary!«, unterbrach Philip sie ungeduldig. »Begreifst du nicht, dass es für einen Mann in seinem Alter besonders tragisch ist? Es handelt sich um die letzte Liebe seines Lebens, um eine tiefe, echte Liebe… Aber nehmen wir einmal an, er hätte seine Frau erschlagen… Selbst dann könnte der arme Teufel einem fast Leid tun! Doch ich halte es kaum für möglich, dass er es war, obwohl die Polizei ihn bestimmt in Verdacht hat… Was meinst du, Polly?«
    »Ich habe keine Ahnung, und ich weigere mich nach wie vor, darüber nachzudenken«, erwiderte Mary.
    »Wenn ich nur wüsste, warum… weil es dich abstößt? Oder weißt du etwa mehr, als zu zugibst? Bist du dem Täter heimlich auf die Spur gekommen und willst es gerade mir nicht sagen? Denkst du vielleicht an Hester?«, drang Philip in sie.
    »Um Himmels willen, nein! Warum sollte Hester Mutter ermordet haben?«
    »Schwer zu sagen«, sagte Philip nachdenklich. »Und doch liest man hin und wieder von derartigen Fällen – von einem verwöhnten Sohn oder von einer Tochter, denen die liebenden Eltern die Erfüllung irgendeines Wunsches verweigern. Manchmal handelt es sich nur um eine unwichtige Kleinigkeit, die in dem jungen Menschen eine heftige Wut oder gar eine temporäre Geistesgestörtheit auslöst und ihn zum Hammer oder zum Feuerhaken greifen lässt. Diese Dinge sind kaum zu verstehen, aber sie kommen vor. Eine lange, mühsam unterdrückte Rebellion macht sich plötzlich und gewaltsam Luft. Das ist ein Muster, das auch auf Hester passt.«
    »Siehst du, das Problem bei Hester ist, dass man nie weiß, was in ihrem hübschen Köpfchen vorgeht. Sie ist weich, nachgiebig, labil – nenn es, wie du willst –, und sie selbst ärgert sich darüber am meisten. Und deine Mutter gehörte zu jener Art Menschen, die Hester ihre Unzulänglichkeit dauernd bewusst machten.«
    »Ja«, Philip lehnte sich aufgeregt vor, »ich denke, Hester hätte allen Grund gehabt…«
    »Bitte hör auf, darüber zu reden«, bat Mary.
    »Du hast Recht. Reden allein wird uns nicht viel weiterbringen«, räumte Philip ein. »Man muss eben gewisse Schlüsse ziehen, Fallen aufstellen und abwarten, ob die Betreffenden hineintappen.«
    »Es waren nur vier Menschen im Haus«, überlegte jetzt auch Mary. »Ich halte es kaum für möglich, dass Vater den Mord begangen hat, aber ich wüsste ebenfalls keinen Grund, warum Hester Mutter ermordet haben sollte. Es kämen also nur Gwenda und Kirsten in Frage.«
    »Wer wäre dir lieber?«, fragte Philip ironisch.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die brave Kirsty es getan hat. Sie hat Mutter geliebt und verehrt. Es besteht höchstens die Möglichkeit, dass sie plötzlich den Verstand verloren hat, aber sie macht einen ganz normalen Eindruck, findest du nicht?«
    »Ja, sehr normal, und ich nehme an, dass die gute Kirsty auch gern ein ganz normales Leben geführt hätte, sie ist nur leider so reizlos, dass kein Mann auf den Gedanken gekommen ist, sie zu heiraten. Es muss ein furchtbares Schicksal sein für eine Frau mit gesunden Instinkten, weder Ehefrau noch Mutter werden zu können.«
    »Ihr Männer seid doch alle gleich«, stellte Mary fest. »Ihr glaubt, dass das Glück einer Frau nur vom Ehering abhängt.«
    »Ich mag altmodisch sein, aber ich bin davon überzeugt, dass es der Wunsch eines jeden Mädchens ist zu heiraten«, erklärte Philip lachend. »Hat Tina eigentlich keinen Freund?«
    »Nicht dass ich wüsste, aber sie ist sehr verschlossen und spricht kaum über ihr Privatleben.«
    »Ja, sie ist außerordentlich zurückhaltend… ich möchte wissen, was sie verschweigt!«
    »Wahrscheinlich gar nichts«, erwiderte Mary.
    »Ich bin da anderer Meinung.«
    »Unsinn, Philip, du hast eine zu lebhafte Phantasie.«
    »Glaubst du? Entsinnst du dich nicht, dass Tina sagte, sie ›hoffe‹, dass sie gar nichts wüsste? Merkwürdige Feststellung! Ich möchte wetten, dass sie etwas weiß, und ich werde es herausbekommen.«
    »Und was soll das sein?«
    »Vielleicht ist es nur eine Kleinigkeit, etwas, das sie selbst gar nicht mit der Tat in Verbindung

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