Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
Vom Netzwerk:
oder verlassen durfte, drängten sich nun Polizisten! Natürlich waren sie bei Woggles Verhaftung schon einmal eingedrungen, aber das war etwas ganz anderes gewesen, denn damals waren die Hausbewohner irgendwie Herr der Lage geblieben. Diesmal hatte man sie in ein enges kleines Ghetto im Jungenschlafzimmer gesperrt, und sie mussten darum betteln, sich waschen zu dürfen.
    Dieses gemeinsame und einzigartige Erlebnis hatte anfangs eine gewisse Bandenmentalität unter ihren entstehen lassen... Jazz, Gazzer, Dervla, Moon, David, Hamish und Sally.
    Als sie jedoch gemeinsam um den großen Tisch in Peeping Toms Konferenzraum saßen und langsam wieder nüchtern wurden, war die Solidarität — ebenso wie der Alkohol — in ihrem Blut verflogen und einer gewissen Angst gewichen. Angst und Misstrauen. Misstrauen gegeneinander. Angst, dass sie selbst verdächtigt werden könnten.
    Coleridge sprach mit einem nach dem anderen, mit diesen jungen Leuten, die ihm bald schon so vertraut sein sollten. Und mit jedem kurzen Gespräch wurde die deprimierende Wahrheit deutlicher. Entweder wussten sechs von ihnen wirklich nichts, oder sie schützten sich gegenseitig, denn keiner hatte zur Erhellung der Frage etwas beizutragen, wer den Schwitzkasten verlassen hatte, um Kelly zu ermorden.
    »Wenn ich ehrlich sein soll«, sagte Jazz zu Coleridge, »hätte ich Ihnen nicht mal sagen können, wo in dieser Kiste oben und unten war, vom Ausgang ganz zu schweigen. Es war völlig dunkel, Mann. Ich meine völlig. Das war der Sinn der Sache. Wir haben schon zwei Stunden da drin gesessen, und wir waren einfach dermaßen besoffen, ich meine total...«
    »Woher wussten Sie, dass es zwei Stunden waren?«, unterbrach Coleridge.
    »Ich wusste es nicht. Ich habe es später erfahren. Mann, ich hätte nicht mal sagen können, ob es zwei Stunden, zwei Minuten oder zwei Jahre waren. Wir waren völlig hinüber, frei schwebend, durchgeknallt, hirnlos bis zum Anschlag, und wir waren mitten dabei. Ich war voll dabei! Verstehen Sie? Vier Wochen ohne die leiseste Berührung einer Frau, und plötzlich war ich voll dabei. Glauben Sie mir, Mann, ich hab nicht an den Ausgang gedacht. Ich war froh und glücklich da, wo ich war.«
    Dies war das Thema in fast allen Gesprächen. Alle waren in diesem Kasten vollkommen orientierungslos gewesen, hatten jedes Gefühl für Raum und Zeit verloren und waren eindeutig froh darüber gewesen, da sie sich prächtig amüsiert hatten.
    »Es war so scheiße-heiß da drinnen, Inspector«, versicherte ihm Moon, »und dunkel, und wir waren betrunken. Es war, als würden wir durchs Weltall schweben oder so was.«
    »Haben Sie gemerkt, wie jemand rausgegangen ist?«
    »Vielleicht Kelly?«
    »Vielleicht?«
    »Also, ich wusste inzwischen nicht mal mehr, wo der Ausgang war. Aber mal so unter uns gesagt, glaube ich nicht, dass irgendwer irgendwas mitgekriegt hat. Allerdings habe ich gemerkt, wie sich plötzlich ein Mädchen an mir vorbeidrückte... und ziemlich eilig, was mich etwas überrascht hat, weil wir alle chillig drauf waren.«
    »Sie waren chillig ?« Coleridge meinte, sich verhört zu haben.
    »Die Zeugin meint >entspannt<, Sir«, warf Hooper ein.
    »Was immer die Zeugin meinen mag, Sergeant«, fuhr Coleridge ihn an, »kann sie sicher meinen, ohne dass Sie es ihr in den Mund legen. Was meinten Sie, Miss?«
    »Ich meinte >entspannt<.«
    »Danke. Fahren Sie bitte fort.«
    »Also, nachdem ich gemerkt hatte, wie sich das Mädchen an mir vorbeischiebt, hab ich — glaube ich — kühlere Luft gespürt. Ich schätze, ich hab wohl gemerkt, dass jemand zum Pissen ging oder irgendwas, aber ehrlich gesagt, mal so unter uns, es war mir ziemlich egal. Ich meine, in dem Moment habe ich gerade jemandem — ich glaube, es war Gazzer — einen geblasen.«
    Ein Verhör nach dem anderen brachte die gleiche Geschichte zu Tage: unterschiedliche sexuelle Aktivitäten neben der Annahme, dass jemand, vermutlich ein Mädchen, über sie hinweg gekrabbelt war, kurz bevor das Spiel ein abruptes Ende genommen hatte. Alle erinnerten sich an diesen Augenblick, weil es die »chillige« Atmosphäre, die sich dort entwickelt hatte, doch erheblich störte.
    »Und diese Bewegung kam ganz plötzlich?«, fragte Coleridge einen nach dem anderen. Alle waren sich einig, dass es so gewesen sei. Dass urplötzlich ein Gewirr von Gliedmaßen und weicher, warmer Haut sie gestreift hatte, gefolgt von einem kühlen Lufthauch. Im Nachhinein war klar, dass es Kelly gewesen sein musste,

Weitere Kostenlose Bücher