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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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nominiert und dann vor den Augen von Millionen geküsst. Die ganze Nation hatte gesehen, wie sich Layla in Kellys Mitgefühl geaalt hatte. Und jetzt war Kelly tot, und Layla ging es kein bisschen besser.

35. Tag 19:30 Uhr

    Es war der erste Abschiedsabend seit dem Mord.
    Die Redaktionsleitung hatte beschlossen, dass sich Chloe positiv und optimistisch geben sollte, was die Vorfälle im Haus anging. Schließlich war dies der Stil, den man pflegte.
    »Uns allen fehlt Kelly voll heftig, denn sie war echt eine Super frau, und ein süßes junges Leben wurde ausgelöscht, was einfach nicht hätte passieren dürfen, hab ich Recht? Kelly war lustig, Kelly war witzig, sie war gut drauf, voll scharf, echt genial und einfach süß. Und nie im Leben hat sie verdient, dass ihr so ein Scheiß passiert, echt nicht. Oooooooh, Kelly, du fehlst uns! Wir wollen dich alle ganz fest drücken ! Aber die Show geht weiter, und — wie die anderen Bewohner gesagt haben — die ganze Sache ist von jetzt an ein Tribut an das Andenken der wunderbaren Kelly. Also, mach’s gut da oben im Himmel, Kelly-Babe, denn wir tun es nur für dich. Okay! Und jetzt legen wir richtig los für die nächste Woche bei uns zu Haus!«
    Dieser Erklärung folgte natürlich der mittlerweile berühmte Vorspann. Ein Haus. Zehn Kandidaten. Dreißig Kameras. Vierzig Mikrofone. Nur einer überlebt. Worte, die inzwischen eine höchst provokante Doppelbedeutung besaßen, doch wäre es, so die allgemeine Ansicht, wahrscheinlich noch provokanter gewesen, sie zu ändern. In jedem Fall war besseres Fernsehen nur schwer vorstellbar.
    »Haus, könnt ihr mich hören? Hier spricht Chloe.«
    »Ja, wir können dich hören«, antworteten die sieben jungen Menschen, die sich auf den Sofas versammelt hatten, und einen Moment lang schien alles wieder ganz normal zu sein — beinahe so, als wäre niemand umgekommen.
    »Die vierte Person, die das Peeping-Tom-Haus verlässt, ist...«
    Eine schwergewichtige, dramatische Pause.
    »David! David, es ist Zeit zu gehen!«
    »Yeah!«, sagte David, reckte triumphierend seine Faust in die Luft und folgte damit der gängigen Praxis, sich hocherfreut zu geben, weil man gehen musste.
    »David, pack deine Sachen. Du hast anderthalb Stunden, dich zu verabschieden, dann kommen wir live zurück, um uns anzusehen, wie du ausziehst!«
    In dieser Woche waren David und Sally nominiert worden.
    Alle hatten Sally nominiert, weil sie inzwischen so depressiv war, und die Mehrheit hatte für David gestimmt, weil er allen endlos auf den Wecker ging.
    Rein zufällig handelte es sich bei den beiden, die von den Bewohnern nominiert worden waren, auch um die landesweit höchstgehandelten Mordverdächtigen. Außerhalb des Hauses hatte sich die Nominierungsabstimmung in ein nationales Referendum zu der Frage entwickelt, wer Kelly ermordet hatte. David hatte knapp gewonnen, und als die Ergebnisse veröffentlicht wurden, schien es einen Moment lang fast, als sei der Mord aufgeklärt.
    »Es ist David!«, summten sämtliche Pressedrähte. »Wie wir es von Anfang an vermutet hatten.«
    »Ja! Es ist David!«, riefen sie im Radio und in den Live-Sendungen der Nachrichten. Jemand fügte sogar hinzu: »Wir erwarten schon bald eine Verhaftung«, als hätte David im Haus eine Art Immunität vor dem Gesetz genossen, könne nun aber, nachdem das Volk gesprochen hatte, keine weitere Gnadenfrist erwarten.
    Im Haus verging die vorgegebene Abschiedszeit nur schleppend. David brauchte nicht lange, um zu packen, und es gab nur gerade so viele Umarmungen und Schwüre nie endender Loyalität, wie man sie jemandem angedeihen ließ, den man auf den Tod nicht ausstehen konnte und den man außerdem verdächtigte, einen Mord begangen zu haben. Unter normalen Umständen wäre bei einem Abschied die korrekte Etikette gewesen, hysterische Heuchelei an den Tag zu legen, dass alle denjenigen, der auszog, trotz allem liebten und verehrten und dass es ihnen von Herzen Leid täte, ihn gehen zu sehen. An diesem Abend jedoch ließ sich nicht verhindern, dass sich ein Hauch von Realität breit machte.
    Allerdings nicht draußen vor der Tür. Außerhalb des Hauses behielten die Gesetze des Fernsehens ihre Gültigkeit.
    David trat zum pulsierenden Beat von »Eye Of The Tiger« ins weiße Licht Tausender Blitzlichter. Die Menge war atemberaubend. Gerade hatte David noch schreckliche Angst gehabt, doch jetzt spürte er, wie sehr ihn der Lärm der Menge aufbaute. Wenigstens für diesen einen Augenblick war er

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