Tödlicher Ruhm
der Star, der er so dringend sein wollte. Die ganze Welt blickte auf ihn, und man musste ihm zugutehalten, dass er die wenigen Sekunden mit einiger Gelassenheit bewältigte. Eine leise Brise brachte Leben in sein schönes schulterlanges Haar, und sein langer schwarzer Mantel wehte romantisch auf. Er grinste süffisant, breitete die Arme aus und verneigte sich tief.
Die Menge, die ein wenig Theatralik zu schätzen wusste, belohnte David mit doppeltem Jubel.
Dann fuhr David breit grinsend durch sein wallendes Haar und betrat die Hebebühne, um sich über den Wassergraben hieven zu lassen. Als er auf der anderen Seite ankam, verneigte er sich noch einmal und gab Chloe einen Handkuss. Wieder johlte die Menge und stellte gleichzeitig fest, dass David in Wirklichkeit ein noch größeres Arschloch war, als alle längst vermutet hatten.
Gemeinsam absolvierten David und Chloe die kurze Limousinenfahrt zum Studio. Die Musik wummerte, die Lichter zuckten und flackerten, und die Menge schrie und schwenkte Plakate. »Wir lieben Dervla!« und »Jazz ist voll geil!«.
Endlich schafften es David und Chloe zum Sofa, auf dem bisher nur Layla gesessen hatte, und fingen an zu plaudern.
»Wow!«, rief Chloe. »Voll fett! Echt krass! Bist du okay, Dave?«
»Ja, Chloe, mir geht es prima.«
»Geil!«
»Absolut. Echt geil.«
»Hör mal, nichts für ungut, David«, sprudelte es aus Chloe hervor, »Respekt und so, echt jetzt. Du hast es durchstehen müssen, und wir alle hier nicht, und es ist bestimmt eine unglaublich schräge Erfahrung und alles, aber ich muss dich was fragen, das weißt du sicher, oder? Natürlich weißt du es, du weißt, was ich fragen will, ich sehe es dir an, du weißt es, oder? Was ich dich fragen will? Natürlich weißt du es, also bringen wir es hinter uns. Die große Frage, die sich alle stellen, ist: Hast du Kelly ermordet?«
»Nein, natürlich nicht. Ich mochte Kelly.« David gab sich alle Mühe — eine kurze Pause vor der Antwort, um sich voll darauf zu konzentrieren und seine beste Miene gequälter Aufrichtigkeit aufzusetzen, ein kleiner Frosch im Hals — , aber es nützte alles nichts. Die Menge wollte ein Ergebnis. Man buhte und lachte. Ein Chor wurde laut: »Mörder! Mörder! Mörder!«
David fehlten die Worte. Das hatte er nicht erwartet.
»Tut mir Leid, mein Lieber. Sie glauben, dass du es getan hast«, sagte Chloe. »Tut mir echt Leid und alles, aber mal so unter uns gesagt: Da hörst du es.«
»Aber ich habe es nicht getan. Ich schwöre.«
»Na gut, meinetwegen«, sagte Chloe. »Wollen wir mal sehen, ob irgendwer glaubt, jemand anderes hätte es getan.«
Bei diesem Vorschlag wurde einiger Jubel laut, mancher davon zweifelsohne von denselben Leuten, die David eben erst verdammt hatten. Die Lage war verzwickt — ebenso wie die polizeilichen Ermittlungen.
»Na, eins muss man dir lassen, Dave«, sagte Chloe. »Du hast eine ganze Menge junger Damen auf deiner Seite, das kann ich sehen. Und kann man es ihnen verdenken? Echt super!«
Selbstverständlich brandete daraufhin der Jubel doppelt so laut auf.
»Dann mal los, David. Wenn du es nicht getan hast, wer war es dann in deinen Augen?«
»Tja, ich weiß es nicht. Ich würde auf Garry tippen, aber das ist nur eine Vermutung. Ich weiß es wirklich nicht.«
»Na ja, da werden wir wohl das Ende der Staffel abwarten müssen, wenn wir es erfahren wollen, hm?«, meinte Chloe, was eine haarsträubende und gänzlich unbegründete Aussage war. Dennoch klang sie überzeugend, denn die Verführungskraft des Fernsehens ist groß, wie jeder weiß.
»In der Zwischenzeit«, rief Chloe, »sehen wir uns doch mal ein paar von Davids besten Momenten in unserem Hexenhäuschen an!«
35. Tag 22:00 Uhr
Coleridges Team musste sich mit Tausenden Anrufen von Spinnern herumschlagen. Jedes zweite Klingeln brachte wieder einen Hellseher, dem der Täter im Traum erschienen war.
Hooper führte Buch darüber. »Den meisten männlichen Hellsehern erscheint Dervla im Traum, den Mädels eher Jazz. Ist doch seltsam, oder?«
Dieser Anruf allerdings war anders. Er kam herein, als der Abspann des Hausarrest-Specials über den Bildschirm im Einsatzraum der Polizei lief. Als Hooper den Hörer abnahm und die Ruhe, die Entschlossenheit in der Stimme des Anrufers hörte, beschloss er zuzuhören.
»Ich bin katholischer Pfarrer«, sagte die eher förmlich und fremdländisch klingende Stimme. »Erst kürzlich habe ich einer sehr jungen, aufgebrachten Frau die Beichte abgenommen.
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