Tödlicher Ruhm
er aber einiges zu erklären haben, wenn er nach Hause kommt.«
So kam es, dass die Affäre um den perversen Kameramann unerwartet zum Gemeingut wurde, was Peeping Tom einen weiteren hochdramatischen Tag bescherte. Carlisle flog natürlich raus, während Dervla, die von Rechts wegen ebenfalls hätte aus der Sendung geworfen werden müssen, weil sie mit ihm unter eine Decke gesteckt hatte, bleiben durfte.
»Dervla hat um diese Botschaften weder gebeten, noch waren sie ihr willkommen«, sagte Geraldine brav, was natürlich kompletter Blödsinn war. Aber der Presse war es egal, weil niemand Dervla weghaben wollte, besonders jetzt nicht, da sie plötzlich so interessant geworden war. Vor allem, nachdem Geraldine eine kleine Auswahl aus Carlisles Privatarchiv von Dervla unter der Dusche gezeigt hatte.
Diese ganze Aufregung jedoch lag inzwischen schon ein paar Tage zurück, sodass der unersättliche Hunger der Öffentlichkeit nach Überraschungen neuerlich befriedigt werden musste. Die Stunden bis zum Rausschmiss wollten ausgefüllt sein. Geraldine beschloss, das Prophezeiungspäckchen auszupacken.
»Peeping Tom hat die Hausbewohner angewiesen, das >Prophezeiungspäckchen< zu öffnen, das von allen gemeinsam am Ende der ersten Woche vorbereitet wurde«, sagte Andy, der Erzähler. » Seit dem Tag, an dem er gepackt wurde, lag der Umschlag unangetastet hinten im Küchenschrank.«
»Huddich schun fuss vugussn«, sagte Garry, der noch immer unter seiner geschwollenen Nase litt. Garry hatte beschlossen, seine unerwartete Tracht Prügel von Dervla mehr oder weniger hinzunehmen und sowohl sie als auch den Beichtstuhl wissen zu lassen, dass er nicht nachtragend war. »Unter uns gesagt«, nuschelte er durch seine blutigen Nebenhöhlen, »wenn man eine reinkriegt, kriegt man eben eine rein. Ist sinnlos, deshalb zu jammern. In Wahrheit hat es mir gut getan, von einer Braut mal eins aufs Maul zu kriegen. Es hat mich mehr zum Feministen gemacht.«
Garry war nicht dumm. Es bestand ein großer Unterschied zwischen den hundert Riesen für den Nächsten, der rausmusste, und der Million, die an den Sieger ging. Er wollte im Spiel bleiben, solange das Preisgeld stieg, und vermutete, dass eine sauertöpfische Miene seiner Sache nicht eben zuträglich wäre. Daher schüttelte er, nachdem der Arzt seine Nase behandelt hatte, die fast gebrochen war, Dervla die Hand und sagte: »Hut ab, Mädchen«, worauf ihm die Nation prompt applaudierte.
Innerlich kochte Garry natürlich. Von einer Braut zusammengeschlagen zu werden, einer kleinen Braut, live im Fernsehen. Es war sein schlimmster Albtraum. Er konnte sich nie wieder im Pub blicken lassen.
Hooper, der auf dem Polizeicomputer Garrys Bemühungen sah, sich mit Dervla auszusöhnen, glaubte kein Wort davon. »Er hasst sie. Sie steht ganz oben auf Garrys Hassliste«, sagte er.
»Wo sonst Kelly stand«, überlegte Trisha. »Und wie wir wissen, wurde Kelly ermordet.«
Sie alle hatten den Umschlag mit den Voraussagen schon vergessen, und es herrschte allgemein gespannte Erwartung, als Jazz ihn feierlich öffnete und alle hineingriffen. Das ganze Szenario erinnerte sie an glücklichere, unschuldigere Zeiten im Haus.
Peeping Tom hatte etwas Wein bereitgestellt, und es gab einiges Gelächter, als die falschen Prophezeiungen, die sechs Wochen zuvor gemacht worden waren, vorgelesen wurden.
»Woggle meinte, er würde als Letzter übrig bleiben«, sagte Jazz.
»Leck mich am Arsch, Layla hat gedacht, sie würde gewinnen!«, lachte Moon.
»Hört euch David an!«, quiekte Dervla. »>Ich glaube, wenn die siebte Woche anbricht, werde ich als heilende Kraft innerhalb der Gruppe hervorgetreten sein.<«
»Träum weiter, Dave!«, rief Jazz.
Das Gelächter erstarb, als sie zu Kellys Prophezeiung kamen. Moon las sie laut vor — ein Augenblick des Gefühlsüberschwangs in seiner reinsten Form.
»>Ich glaube, dass die anderen alle großartige Menschen sind. Ich hab sie alle voll lieb, und es würde mich echt wundern, wenn ich in der siebten Woche noch da wäre. Wahrscheinlich bin ich in der dritten oder vierten Woche weg.<«
Alle schwiegen, als ihnen bewusst wurde, wie Recht Kelly gehabt hatte.
»Was ist denn das da?«, fragte Moon und deutete auf einen Zettel, der noch nicht vorgelesen war.
Hamish drehte ihn um. Darauf war etwas mit demselben blauen Buntstift geschrieben worden, den sie alle von Peeping Tom bekommen hatten. Es war ein wüstes Gekrakel, als hätte jemand geschrieben, ohne hinzusehen,
Weitere Kostenlose Bücher