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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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Hauses zu schlafen. Selbst Jazz und Dervla, die sich anfangs nahe gekommen waren, konnten einander nun nicht mehr trauen. Schließlich waren sie beide am Abend von Kellys Ermordung dem Ausgang am nächsten gewesen. Und nun gab es diese neuerliche Drohung. Das Ganze war nichts anderes als ein langes, übles Wartespiel.
    Gazzer, Jazz, Dervla und die ganze Welt, alle warteten auf den letzten Tag.

60. Tag 1:30 Uhr

    Woggle grub inzwischen sechzehn Stunden täglich, wenn auch nicht durchgehend. Er grub ein paar Stunden, dann schlief er eine Weile, und wenn er aufwachte, machte er sich sofort wieder an die Arbeit. Tage kümmerten Woggle nicht mehr. Nur die Stunden zählten. Hundertfünfzehn davon blieben Woggle noch, bis die letzte Folge von Hausarrest begann. Er würde sich beeilen müssen.

62. Tag 9:00 Uhr

    Coleridge kam zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, Hooper und Patricia ins Vertrauen zu ziehen und zuzugeben, dass er wusste, wer Kelly ermordet hatte.
    Von Anfang an hatte er einen Verdacht gehabt, seit er das Erbrochene auf dem Toilettensitz dieser makellos sauberen Schüssel gesehen hatte. Doch erst dieser Zettel hatte ihn davon überzeugt, dass er richtig lag, der Zettel, auf dem der zweite Mord angekündigt wurde. Der Mord, von dem er annahm, dass er nicht geschehen würde, weil es keinen Grund mehr dafür gab.
    Coleridge fehlten nur Beweise, und je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er, dass er nie welche haben würde, da kein Beweis existierte, und somit würde der Mörder mit dem Verbrechen davonkommen. Es sei denn...
    Die Idee, dem Mörder eine Falle zu stellen, kam Coleridge mitten in der Nacht. Er hatte nicht schlafen können, und um seine Frau mit seinem ständigen Seufzen und Herumwälzen nicht zu stören, war er nach unten gegangen, hatte dagesessen und nachgedacht. Er hatte sich einen mittelgroßen Scotch eingeschenkt und die gleiche Menge Wasser aus dem kleinen Krug in Form eines Scotchterriers dazugegeben. Er setzte sich mit seinem Drink ins dunkle Wohnzimmer seines Hauses, jenes Zimmers, das seine Frau und er als »Salon« bezeichneten, und dachte einen Moment darüber nach, wie seltsam all die vertrauten Dinge mitten in der Nacht im dunklen Raum doch aussahen. Dann wandten sich seine Gedanken dem Mörder von Kelly Simpson zu und der Frage, wie er es schaffen konnte, dieses üble, verworfene Subjekt vor Gericht zu bringen. Vielleicht waren es die Worte »übel und verworfen«, die seine Gedanken von Kelly zu Macbeth und den Proben lenkten, die in zwei Wochen beginnen und dann den ganzen Herbst hindurch jeden Dienstag- und Donnerstagabend stattfinden sollten. Coleridge würde an diesen Proben teilnehmen müssen, denn Glyn hatte gefragt, ob Coleridge, da er nur im letzten Akt auftrat, bereit sei, mehrere verschiedene Rollen von Boten und Lords aus dem Gefolge zu übernehmen. »Viele hübsche kleine Zeilen«, hatte Glyn gesagt. »Saftige kleine Auftritte.«
    Oh, wie gern Coleridge den blutrünstigen, schuldigen König gespielt hätte, aber natürlich sollte es nicht sein. Man hatte ihm noch nie eine Hauptrolle gegeben.
    Coleridges Gedanken wanderten zur ersten Produktion, die ihn als kleiner Junge berührt hatte: Macbeth, gespielt von Alec Guinness. Wie hatte er aufgestöhnt, als Banquos Geist auf dem Bankett erschienen war und den schuldigen König so sehr erschreckte, dass dieser sich praktisch verriet. Es war wirklich eine großartige Inszenierung gewesen: Coleridge war fast so schockiert gewesen wie Macbeth selbst. Heutzutage käme der Geist vermutlich über einen Videobildschirm oder würde von einem Faxgerät dargestellt. Coleridge hatte schon gehört, wie Glyn sagte, seine Geister seien virtuell, aber damals war den Leuten handfestes Theater noch nicht peinlich gewesen. Sie sahen gern Blut.
    »Schüttle nicht deine blut’gen Locken gegen mich«, murmelte Coleridge leise vor sich hin, als ihm plötzlich in den Sinn kam, dass er ein wenig handfestes Theater benötigen würde, wenn er seinen Mörder in die Falle locken wollte. Wenn er keinen echten Beweis finden konnte, verlangte die Gerechtigkeit von ihm, sich seine eigenen Beweise zu schaffen. Es war eine verzweifelte Idee, das war ihm klar, und ihm blieb kaum Zeit, sie in die Tat umzusetzen. Aber sie bot ihm eine Chance, eine kleine Chance. Eine Chance, Rache zu nehmen für die arme, dumme Kelly.
    Am nächsten Morgen sprach Coleridge mit Hooper und Trisha. »Banquos Geist«, sagte er. »Er hat mit dem Finger gezeigt,

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