Tödlicher Schnappschuss
Telefons
riss sie aus ihren Überlegungen. Maja erhob sich und nahm das
schnurlose Gerät aus der Basis, die auf der Kommode im Flur stand.
Die Nummer im Display war ihr unbekannt, und so meldete sie sich mit einem
distanzierten »Hallo?«
»Ich bin's, mir sind
ein paar Dinge eingefallen, die mir keine Ruhe lassen.«
»Und wer ist ich?«
»Ulbricht hier, ich
bin's, Norbert.« Sekundenlang wirkte er verunsichert.
»Hm. Wie kommst du an
meine private Telefonnummer?«
»Die Frage erübrigt
sich in unserem Beruf«, erwiderte er amüsiert.
»Was ist denn passiert?«
Sie wanderte mit dem Telefon am Ohr durch die helle Wohnung.
»Ich werde verfolgt.«
»Wie kommst du darauf?«
Tief in ihr schlug eine Alarmglocke an.
»Nicht am Telefon,
Maja, das erzähl ich dir alles gleich in Ruhe. Als ich kurz unten
war, um mich mal bei der Therapie blicken zu lassen, hat jemand mein
Zimmer auf den Kopf gestellt.«
»Bitte - was?«
»Man ist hier in mein
Zimmer im Kurhotel Schillerhof eingedrungen und hat meine Sachen durchwühlt.
Wenn das ein dahergelaufener Hoteldieb war, dann fress' ich 'nen Besen.«
»Ich schick dir ein
paar Kollegen vorbei und komme selbst, kann aber um diese Zeit ein wenig
dauern. Rühr nichts an, hörst du?«
»Für wie blöd
hältst du mich?« Mit einem wütenden Schnaufen hatte er die
Verbindung unterbrochen.
Maja blickte nachdenklich auf
das Telefon in ihrer Hand. Offenbar hatte sie sich in Norbert Ulbricht getäuscht.
Fast schämte sie sich ein wenig für ihren Verdacht. Hastig wählte
sie die Nummer der Polizeiinspektion, und sie fand sich schnell damit ab,
dass sie auch heute wieder nicht zum Joggen kommen würde.
Hotel Schillerhof, Bad
Pyrmont, 18.20 Uhr
Im Kurhotel war man bemüht,
den Polizeieinsatz so diskret wie möglich zu halten. Ein Hoteldieb
war kein gutes Aushängeschild für einen Kurbetrieb, und
entsprechend aufgebracht war die Hotelleiterin, eine junge Frau Anfang
dreißig. Streifenpolizisten hatten Ulbrichts Zimmer zunächst
untersucht und dann gesichert; somit war Ulbricht ausgesperrt. In dem
Hausanzug mit dem aufgestickten Logo des Kurhotels kam er sich nun albern
vor. Eigentlich hatte er sich den Verlauf des Abends ein wenig anders
vorgestellt, aber immerhin: Die Spurensicherung war bereits unterwegs.
Angela Kirschstein
marschierte auf dem Korridor vor Ulbrichts Zimmertür auf und ab.
»Hören Sie«, wandte sie sich an den Gast. »Der
Zwischenfall ist uns äußerst unangenehm«, sagte die
Managerin. Sie lächelte ihn mit hochrotem Kopf an. »Immerhin
ist nichts abhandengekommen.« Sie fuhr sich nervös durch das
schulterlange blonde Haar. Eine dezente Parfümwolke umgab sie.
Ulbricht betrachtete sie
aufmerksam. Angela Kirschstein war hübsch, zwei Köpfe kleiner
als er, sie war schlank und trug ein figurbetontes hellblaues Kostüm.
Unwillkürlich dachte er daran, dass sie sicherlich ein geeignetes
Model für Christian Vorberg gewesen wäre.
»Ich habe kein
Interesse daran, den Ruf Ihres Hauses zu schädigen«, lächelte
Ulbricht. »Aber es beunruhigt mich, dass man sich so unbemerkt
Zugang zu meinem Zimmer verschaffen kann, während
ich mich in Behandlung befinde.«
»Das ist uns äußerst
unangenehm«, beteuerte die junge Managerin erneut und senkte den
Blick. »Ich kann nur wiederholen, dass uns der Zwischenfall leidtut,
das gilt auch für die nun entstandenen Unannehmlichkeiten. Ich werde
Ihnen ein anderes Zimmer herrichten lassen.«
»Lassen Sie mal gut
sein.« Ulbricht winkte ab. Er wusste, was man bei ihm gesucht hatte
und er wusste auch, dass er von dem Insassen des kleinen Toyota besucht
worden sein musste. Nicht umsonst hatte man ihn von Hameln bis hierher
verfolgt. Der Chip des Fotografen befand sich jedoch in der
Polizeiinspektion -längst schon war bei ihm nichts mehr zu holen.
Erleichtert hatte er festgestellt, dass man weder das Foto des Toten noch
seinen Wagenschlüssel entwendet hatte. Das bedeutete, dass man danach
entweder nicht gesucht hatte oder dass beide Gegenstände wertlos für
die Einbrecher gewesen waren. Da auch kein Bargeld fehlte und Ulbrichts
Besitztümer vollständig waren, blieb nur die Möglichkeit,
dass man bei ihm die Speicherkarte vermutete. Eigentlich dumm, denn
immerhin hatte er ein paar Stunden auf der Polizeiinspektion verbracht.
Die Einbrecher hätten sich denken können, dass er den Chip dort
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