Tödlicher Schnappschuss
dem Parkplatz vor dem
Schillerhof. »Er hatte einen schweren Unfall und die
Ärzte bangen um sein Leben.«
»Scheiße.«
»Ich hätte es
nicht passender ausdrücken können. Außerdem wurden im
Kofferraum des Pkw zwei Computer, ein paar externe Festplatten und zig
CD-Roms gefunden. So wie es aussieht, stammt der Mist aus Christian
Vorbergs Wohnung.«
»Wie schön, dann können
deine Kollegen von der IT-Abteilung morgen damit beginnen, die Rechner zu
spiegeln und die darauf enthaltenen Datensätze auszuwerten.« Er
machte eine erleichterte Geste. »Dann ist der Fall doch so gut wie
gelöst, Maja. Und unserem gemütlichen Feierabend steht nichts
mehr im Wege.«
Sie war erstaunt über
seine Art, mit den Umständen umzugehen, sagte aber nichts. So traten
sie mit seinem Auto den Weg nach Hameln an, wo ihre Wohnung lag. Ulbricht
registrierte, dass sie die Kollegen bereits nach Hause geschickt hatte,
bevor sie ihn zu sich eingeladen hatte. Eine Frage ging ihm während
der Fahrt nicht aus dem Kopf: Wie wäre sie zurück nach Hameln
gekommen, wenn er die Einladung ausgeschlagen hätte?
ACHT
Das Tuten des Freizeichens
begann ihn zu nerven. Fest krallten sich seine Hände um das Telefon,
und die Knöchel seiner Hände traten weiß unter der Haut
hervor. Ruhelos wanderte er durch den unbeleuchteten Raum. Obwohl es draußen
noch hell war, krochen bereits die ersten Schatten wie Wesen einer anderen
Welt über den Fußboden. Am Fenster unterbrach er seine
Wanderung und blickte hinaus in den parkähnlich angelegten Garten.
Sanft wiegten sich die Zweige der Bäume im seichten Abendwind und
erzeugten ein raschelndes Geräusch.
Kein Laut drang zu ihm
hinauf, nur das Freizeichen malträtierte seinen Schädel. Er nahm
das Handy vom Ohr und warf einen Blick auf das Display, bevor er die rote
Taste drückte. Es musste etwas geschehen sein. Etwas, das nicht in
seine Planungen passte. Viel zu lange hatte er vergeblich auf den Anruf
gewartet und schließlich selbst zum Hörer gegriffen, um den
Stand der Dinge zu erfragen.
Er spürte, dass etwas
geschehen sein musste, das die ganze Angelegenheit in Gefahr brachte. Und
wenn sein Geheimnis an die Öffentlichkeit kam, war er geliefert.
Nicht nur, dass er seine Träume ein für alle Mal begraben konnte
- die nächsten Jahre würde er im Gefängnis verbringen.
Plötzlich zitterte er am
ganzen Leib. Vielleicht hätte er die heiklen Dinge besser selbst
erledigt, anstatt sie in die Hände von dahergelaufenen Idioten zu
geben. Der Mann, den er bezahlte, war zu einem gefährlichen Mitwisser
geworden. Hatte er bereits ausgepackt?
Panik stieg in ihm hoch, er
drückte die Wahlwiederholung und versuchte es erneut. Doch auch
diesmal wurde der Anruf nicht angenommen. Nach dem zwanzigsten Tuten drückte
er mit dem Daumen auf die rote Taste und warf das Handy wütend auf
das Sofa.
Er spürte das Verlangen
nach einem Whisky, trat an das kleine Kabinett und schenkte sich ein Glas
ein. Nachdem er Eiswürfel hinzugegeben hatte, drehte er das Glas in
den Händen. Sein Blick glitt ins Leere; er dachte fieberhaft nach.
Bislang hatte er es nicht für nötig empfunden, sich einen Plan B
zurechtzulegen. Wie dumm, dachte er nun. Die Eiswürfel im Glas
klimperten, und er beobachtete die Schatten, die immer länger wurden
und jetzt auf ihn zuzukriechen schienen. Er fühlte sich hilflos und
ausgeliefert. Etwas war schiefgegangen, hämmerte es in seinem Hirn.
Hastig schüttete er den
Whisky in sich hinein und spürte das Brennen in der Kehle. Er schüttelte
sich, war er starken Alkohol doch sonst nicht gewöhnt. Üblicherweise
gönnte er sich zum Abend ein, zwei Gläser von seinem Elsässer
Wein, mehr nicht.
Er benötigte einen
klaren Verstand, doch heute brauchte er den Alkohol, um sich ein wenig zu
beruhigen. Nachdem er das Glas neu gefüllt hatte, ließ er sich
auf das Sofa sinken und stierte ins Nichts, während seine Gedanken
sich überschlugen. Es war etwas schiefgelaufen, so viel stand
inzwischen fest. Das, was ihm Angst bereitete, war der Umstand, dass es
kein Zurück mehr gab.
Pyrmonter Straße,
Hameln, 20.35 Uhr
»Sag mal, das ist doch
dein Dienstwagen?«, fragte Maja, die mit vor der Brust verschränkten
Armen auf dem Beifahrersitz hockte und Ulbricht von der Seite betrachtete.
»Wie kommst du denn
darauf?« Er hatte den Blick stur nach vorn
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