Tödlicher Schnappschuss
kaltblütigen
Mord in Kauf nehmen?
Ulbricht kannte die obere
Gesellschaft in dieser Gegend nicht. Er wusste nicht, welche Personen auf
den Fotos auftauchten und welche Rolle sie spielten. Waren sie
einflussreich und mitunter gefährlich? Hatten sie etwas zu verbergen?
In einem solchen Fall würden sie wahrscheinlich auch dafür
sorgen, dass Fotos nicht an das Licht der Öffentlichkeit kamen.
»Wein oder lieber ein
Bier?«
Unbemerkt war Maja hinter ihn
getreten. Er löste sich vom Anblick des Weserufers und drehte sich zu
ihr herum.
»Wenn du hast, nehme
ich gern ein Bier zum Essen.«
»Habe ich. Dann komm.«
Sie führte ihn in die Küche.
Ulbricht staunte nicht
schlecht, als er sah, dass Maja den kleinen Küchentisch festlich
gedeckt hatte. Neben den Tellern mit der dampfenden Tiefkühlpizza
standen Servietten, in einem kleinen Glas stand eine einzelne Blume und
sie hatte einen kleinen silbernen Kerzenleuchter zwischen den Tellern
drapiert, in dem Kerzen brannten und die Küche in ein fast
romantisches Licht hüllten. So liebevoll hatte er sich noch nie eine
einfache Tiefkühlpizza zubereitet, dachte er ein wenig wehmütig,
als er Platz nahm. Sie nahm ein Bier aus dem Kühlschrank, reichte ihm
ein Glas und schenkte sich selbst einen trockenen Rotwein ein, dann setzte
sie sich zu ihm.
Während des Essens
sprachen sie nur wenig; sie tauschten Belanglosigkeiten aus, doch Ulbricht
bemerkte, dass Maja ihn seltsam anschaute. Mit ihren Blicken konnte er
nicht viel anfangen, doch er wertete sie als Zeichen ihrer Sympathie.
Die Pizza schmeckte ihm
hervorragend. Maja konnte eben kochen, und wenn es nur um das Backen einer
einfachen Tiefkühlpizza ging - er holte seine Pizza zu Hause immer
verbrannt oder noch halb kalt aus dem Backofen. Aber er war auch ein Mann
und hatte sich nur selten Zeit genommen, eine Mahlzeit vernünftig
zuzubereiten. Meistens reichte es nur für ein paar belegte Brote,
selten garnierte er sie noch mit einer Gurke. Essen hatte er schon viel zu
lange nur als notwendiges Übel empfunden. Bei Maja lernte er, dass
man ein Abendessen, und sei es nur eine einfache Pizza aus dem Tiefkühlregal
im Supermarkt, durchaus genießen konnte wie ein opulentes Mahl.
Nach dem Essen half Ulbricht
ihr den Tisch abzuräumen. Danach begaben sie sich ins Wohnzimmer. Zunächst
sank er auf den bequemen Sessel, während es sich Maja auf dem Sofa
gemütlich machte. Inzwischen hatte sich die Dunkelheit wie ein
samtenes Tuch über der Landschaft ausgebreitet, und Maja hatte die
kleine Stehlampe eingeschaltet, die nun für eine dezente Beleuchtung
sorgte.
»Ich habe gar nicht
geraucht«, stellte sie lächelnd fest.
»Stimmt.« Er
lachte leise. »Ich auch nicht.«
»Es fehlt mir nicht.«
»Du lügst. Die
Zigarette krönt das Essen doch erst.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Außerdem werde ich dir keinen vorqualmen, während du es
dir gerade abgewöhnst.«
Maja blickte ihn nachdenklich
an und drehte das Weinglas zwischen ihren Fingern. Der Wein im Glas
leuchtete im Schein der Lampe rubinrot. »Warum bist du zur Kur
gekommen?«
Er rutschte ein wenig nervös
auf seinem Sessel umher. »Was willst du hören? Nein, ich hatte
keinen Fall, der mich am Sinn unseres Berufes zweifeln ließ und das
ganze System in Frage stellte. Ich war einfach nur fertig mit der Welt,
die kleinste Kleinigkeit genügte, um mich auf die Palme zu bringen.
Ich glaube, ich war zuletzt ein mieser Leiter des KK11.«
Schulterzucken, ein Zeichen von Verlegenheit. Ulbrichts Hände
strichen über die Sessellehnen. »Es war einfach höchste
Zeit, die Reißleine zu ziehen. Vermutlich hätte ich noch einen
Herzinfarkt bekommen. Die Polizeipräsidentin höchstpersönlich
war es, die mir die Kur nahelegte.«
»Und da konntest du
dich nicht mehr gegen eine Auszeit wehren.«
»Sozusagen.« Er
lachte. »Außerdem habe ich keine Lust darauf, nach meiner
Pensionierung zum Pflegefall zu werden. Zumal ich niemanden hätte,
der mich pflegen würde. Aber ich bin es ja selbst schuld. Ich war
eben ein großes Arschloch.«
»Und niemand möchte
sich um Arschlöcher kümmern, was?«
»Das ist es.«
»Keine Frau, keine
Kinder, nichts?«
»Die Frau ist mir vor fünfundzwanzig
Jahren davongelaufen, als ich zum Einsatz musste. Das war an einem
Samstag, und Birgit hatte extra einen Babysitter besorgt, der auf Wiebke
aufpasste.
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