Tödlicher Schnappschuss
die Täter offenbar mit einer Maschinenpistole aus dem fahrenden
Auto schössen. Zwei Scheiben des zivilen Dienstwagens gingen dabei zu
Bruch, und ein Scherbenregen prasselte auf die Frauen herab. Blech
kreischte, offenbar durchlöcherten die Schüsse die Karosserie
des Passat. Maja presste Alexandra Voosens Körper so weit wie möglich
unter den Wagen, ein Stöhnen kam über ihre Lippen, und schützend
legte sich die Kommissarin auf den zierlichen Körper des Callgirls.
Querschläger heulten
ihnen um die Ohren, dann war der Spuk vorbei. Nachdem der Schütze das
Feuer eingestellt hatte, verschwand der Wagen um die nächste Straßenecke.
Das Motorengeräusch verebbte in der Ferne, ohne dass Maja den
Autotyp, geschweige denn das Kennzeichen des Tatfahrzeuges hatte erkennen
können. Der Personenschutz von Alexandra Voosen hatte Vorrang gehabt,
das würde sie auch Oberkriminalrat Dauber so erklären können.
Beim Sturz hatte sie sich
einige Schrammen zugezogen, die Handfläche der linken Hand blutete
leicht und ein Knie schmerzte.
»Sind Sie in Ordnung?«,
fragte sie keuchend an Alexandra Voosen gewandt.
Als sie keine Antwort
erhielt, rüttelte Maja am Arm der jungen Frau. »Hallo, Frau
Voosen, sind Sie in Ordnung?« Panik stieg in Maja
auf, ihr Herz raste, als sie die Escort-Dame zu sich drehte. Dabei griff
sie unter ihren Körper und spürte etwas Warmes und Klebriges in
ihrer Hand. Blut.
Alexandra Voosen war von
mindestens einer der Kugeln getroffen worden und hatte viel Blut verloren.
Sie stöhnte auf.
Immerhin lebt sie, dachte
Maja erleichtert. Mit weit aufgerissenen Augen blickte Alexandra Voosen zu
ihr auf. Sie wollte etwas sagen, brachte aber außer einem heiseren Röcheln
keinen Laut über die Lippen.
»Sagen Sie nichts, ich
werde einen Notarzt rufen«, sagte Maja und strich der Frau durch das
Gesicht. »Sie haben viel Blut verloren und sind geschwächt.«
Alexandra Voosen wimmerte,
deutete ein Nicken an und fasste sich an die Wunde. Ihr Körper bäumte
sich unter den Schmerzen auf. Für den Bruchteil einer Sekunde schien
es, als würden die Augäpfel aus den Höhlen treten. Dann
sackte Alexandra Voosen leblos in Majas Armen zusammen.
SECHZEHN
Brunnenplatz Bad Pyrmont,
14.10 Uhr
Mehrmals hatte er versucht
sie anzurufen. Doch erst war besetzt gewesen, danach hatte er immer mit
ihrer Mailbox vorliebnehmen müssen. Eine Nachricht auf den digitalen
Anrufbeantworter zu sprechen, nutzte ihm leider nicht viel. Entnervt
steckte Ulbricht das Telefon in die Tasche. Er hatte sich nach dem
aktuellen Stand der Ermittlungen erkundigen wollen, um vorbereitet in das
Gespräch zu gehen, das er mit seinem geheimnisvollen Anrufer in der
Hufeland Therme führen wollte.
Außerdem hatte er
inzwischen ein schlechtes Gewissen, weil er sich den Porsche von Vorberg
genommen hatte, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen. Es war gut gewesen,
dass er den Schlüssel des Sportwagens noch in der Manteltasche gehabt
hatte. Mit Grundmann würde er ganz bestimmt nicht darüber
verhandeln, ob er berechtigt war, mit dem Porsche eines Toten durch die
Gegend zu fahren.
Er überlegte, ob es
zeitlich möglich war, nach der Anwendung einen Abstecher nach
Bodenwerder zu machen - dort lebte der Fotograf, der Christian Vorberg ab
und zu sein Studio zur Verfügung gestellt hatte. Es war sicherlich
gut, mit möglichst vielen Informationen in das Treffen am Abend zu
gehen. Ulbricht fragte sich, ob es sich bei dem seltsamen Anrufer, der ihn
in der Hufeland Therme treffen wollte, um einen Kunden von Alexandra
Voosen handelte. Möglicherweise sogar um jemanden, der eine Rechnung
mit der Luxusdame offen hatte.
Rache, durchzuckte es
Ulbricht, während er die Ecke Am Schückingplatz/Schulstraße
erreicht hatte. Es war höchste Zeit, langsam das Kurhotel
aufzusuchen. Immerhin war er in den letzten Tagen einigen Anwendungen
ferngeblieben, und er hatte keine Lust auf Ärger mit seiner
Krankenkasse. Während Ulbricht zurück zum Hylligen Born
schlenderte, ging ihm der Fall dennoch nicht aus dem Sinn.
Es war Rache, hämmerte
es in seinem Schädel.
Wer konnte Interesse daran
haben, sich an einem Fotografen zu rächen? Jemand, der von ihm
verbotenerweise abgelichtet und durch eine Veröffentlichung der
Bilder diffamiert worden war?
Er beschloss, sich die Fotos
auf Vorbergs Rechner noch einmal anzusehen,
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