Tödlicher Schnappschuss
sobald er wieder in der
Polizeiinspektion war. Sicherlich eine zeitaufwendige Sache, doch er
musste sich einen Überblick verschaffen. Vielleicht hing der Mord an
Vorberg auch mit einem Bild zusammen, das sich auf dem Speicherchip
befunden hatte. Dann würde es möglicherweise genügen, die
Daten auf der Karte zu sichten. Dazu brauchte er jemanden, der sich in der
Gesellschaft der Region auskannte und die Gesichter auf den Bildern
zuordnen konnte. Vielleicht war Maja fit, was die High Society anging.
Ulbricht blieb stehen und
griff noch einmal nach dem Handy. Er drückte die Wahlwiederholung und
lauschte einmal mehr dem Freizeichen. Nach dem dritten Tuten sprang wieder
die Mailbox an. Ulbricht unterbrach die Verbindung und marschierte weiter.
Im Foyer des Kurhotels Schillerhof beachtete ihn niemand. Nur das Mädchen
an der Rezeption lächelte ihm freundlich zu.
Dabei fragte er sich, ob sie ihn tatsächlich als Gast identifiziert
hatte. Genauso gut hätte es sich bei ihm um einen Hoteldieb handeln können.
Und wahrscheinlich war der Dieb, der sein Zimmer umgekrempelt hatte, genau
auf diese Art unerkannt ins Hotel gelangt. Der Umstand, dass er hier
über eine Verbündete beim Hotelpersonal verfügte, hatte die
Sache noch einfacher gemacht.
Mit dem Aufzug fuhr er nach
oben und suchte sein Zimmer auf. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn,
als er zum ersten Mal nach dem Einbruch in dem lichtdurchfluteten Raum mit
den bodenlangen Gardinen stand und sich umblickte. Das Zimmermädchen
hatte ihm frische Blumen in einer Vase hingestellt, das Bett war akkurat
gemacht und frisch bezogen; auf dem kleinen runden Tisch am Fenster lag
eine Zeitung von heute. Nichts deutete mehr darauf hin, dass hier ein
Einbrecher gewütet hatte.
Ulbricht drückte die Tür
hinter sich ins Schloss und ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Er
schielte auf die Uhr und stellte fest, dass er nur noch eine halbe Stunde
Zeit hatte, bis er dem Weißkittel gegenübersitzen würde.
Höchste Zeit, sich auf
die Kur zu konzentrieren und den Fall für etwas mehr als eine Stunde
auszublenden. Leichter gesagt als getan.
Polizeiinspektion Hameln,
15.40 Uhr
Man hatte Alexandra Voosen
noch vor Ort im Notarztwagen behandelt. Es war nur ein Streifschuss
gewesen, der sie erwischt hatte, und so hatte sie Glück im Unglück
gehabt. Zwar lebte sie, aber sie stand nach wie vor unter
Verdacht, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein.
Die Fahndung nach dem
Fahrzeug, aus dem man auf Maja und Alexandra Voosen geschossen hatte, lief
auf Hochtouren, nur leider hatte Maja nicht viele Angaben zum Fahrzeugtyp
machen können. Zeugen in Hehlen hatten einen dunklen Audi beobachtet,
der in hohem Tempo durch den Ort gefahren war. Es hatten sich zwei Männer
in dem Wagen befunden, mehr konnte niemand sagen. Oberkriminalrat Klaus
Dauber hatte sich von Maja bestätigen lassen, dass es sich bei der
Limousine durchaus um einen Audi gehandelt haben könnte. Also hatte
Dauber in der Region Fahrzeugkontrollen eingerichtet. Es war die Suche
nach der Nadel im Heuhaufen.
Auch Alexandra Voosen hatte
keine Vorstellung, wer es da auf sie abgesehen haben könnte.
»Ganz bestimmt gibt es
Leute, die mich nicht mögen«, räumte sie ein, als sie sich
in Majas Büro gegenübersaßen. Der Blutverlust hatte sich
entgegen Majas erster Befürchtungen in Grenzen gehalten, und die
junge Frau war mehr oder weniger mit dem Schrecken davongekommen.
Grundmann hatte sich mit einem knappen »bin mal in der
Kriminaltechnik« zurückgezogen, und Maja war mit der leicht
verletzten Escort-Dame allein. Das war gegen die Dienstvorschrift, die
verlangte, dass bei einem Verhör zwei Beamte anwesend sein mussten.
Am liebsten wäre Maja hinter Grundmann hergelaufen und hätte ihn
zurückgepfiffen. Doch sie wollte keine Zeit verlieren und setzte das
Verhör auch ohne die Anwesenheit von Jürgen Grundmann fort.
Alexandra Voosens Bluse war
am kurzen Ärmel zerfetzt, und neben dem Verband zierte ein blauer
Fleck, der vom Sturz rührte, ihr hübsches
Gesicht. Maja drängte sich die Frage auf, ob Alexandra Voosen in
diesem Zustand arbeitsfähig war.
»Wenn man wohlhabende Männer
auf Geschäftsreisen, Messen und Empfänge begleitet, dann gibt es
sicherlich Neider und gehörnte Ehefrauen. Ob es unter ihnen aber
jemanden gibt, der dafür einen Mord riskieren würde?« Sie
zuckte die
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