Tödlicher Schnappschuss
Fortbewegungsmittel.« Er trat an das Rolltor und blickte
gedankenverloren hinaus. Ulbricht folgte ihm.
Erst jetzt sah er den
verbeulten Wagen neben der Werkstatt stehen. Die komplette Front war
eingedrückt, und es dauerte ein paar Augenblicke, bis er den
Unfallwagen wiedererkannte. Es handelte sich um einen alten Toyota
Starlet.
»Das ist Ihrer?«,
fragte Ulbricht und versuchte seine Überraschung zu verdrängen.
»Ja, warum?«
»Ich habe den Wagen
schon mal … gesehen.« Ulbricht setzte ein schiefes Grinsen
auf. »Darf ich fragen, an wen Sie das Auto verliehen hatten?«
»An den Gerhard. Ein
richtiger Losertyp, ständig greift er in die Scheiße. Er bringt
sich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben, und irgendwas stimmte auch mit
seinem letzten Auftraggeber nicht. Die Polizei fand Computer im Kofferraum
meines Autos.«
Ulbricht zog es vor zu
schweigen und setzte eine betroffene Miene auf.
»Computer, die aus
einem Wohnungseinbruch stammen, wohlbemerkt«, fügte Paul
Kuhnert hinzu. »Ich weiß nicht, was Gerhard auf dem Kerbholz
hat, aber mit diesen Drecksgeschichten will ich nichts zu tun haben.
Schlimm genug, dass er meinen Wagen zu Kleinholz gemacht hat und schwer
verletzt im Krankenhaus liegt.«
»Das mit Ihrem Freund
tut mir leid«, murmelte Ulbricht und sehnte sich nach einer
Zigarette. So wie es aussah, hatte die KTU den Toyota freigegeben. Warum
hatte ihm Maja nichts davon gesagt? Er beschloss, sie anzurufen, sobald er
die Reparatur seines eigenen Autos offiziell in Auftrag gegeben hatte.
Hameln, Zentralstraße,
17.35 Uhr
Ihr Handy meldete sich, als
sie vor die Polizeiinspektion trat und sich schlecht gelaunt auf den Weg
zu ihrem Wagen machte, der in einer Parkbucht stand. Dabei registrierte
sie, dass Vorbergs Porsche hier nicht mehr parkte. Wahrscheinlich hatten
die Kollegen aus der Kriminaltechnik ihn über Nacht wieder auf den
sicheren Hof gefahren. Es wäre unverantwortlich, wenn ein teurer
Sportwaren gleich vor der Polizeiinspektion geklaut würde.
Sie zog das Handy aus der
Handtasche und warf einen Blick darauf.
Ulbricht ruft an, stand dort.
Sie drückte die rote
Taste. Auf weitere Hiobsbotschaften konnte sie heute gut verzichten. Der
Tag war schlimm genug gewesen. Trotz mehrfacher Versuche hatte sie Dr.
Daniel Kunst nicht zu einer Anzeige wegen Erpressung gegen Alexandra
Voosen bewegen können. Sein Ansehen in der Öffentlichkeit und
seine vermeintlich harmonische Ehe waren ihm wichtiger gewesen als die
Gerechtigkeit, und somit ein Callgirl, das seine Freier erpresste, hinter
Gittern zu wissen. Er selber würde sich nie wieder mit einer Frau aus
dem horizontalen Gewerbe einlassen, das hatte er sich geschworen; also
hatte er für den unangenehmen Zwischenfall seine
gerechte Strafe bekommen. Die Nacht mit Alexandra Voosen hatte ihn fast
siebentausend Euro gekostet - ein hoher Preis, um Ansehen und Privatleben
mit der ahnungslosen Ehefrau zu retten, für einen Mediziner in seiner
Position eher ein Taschengeld, wie Maja fand. Vielleicht war das auch der
Grund gewesen, weshalb sie ihn nicht dazu überreden konnte, Anzeige
wegen Erpressung zu erstatten. Und so hatte sie Alexandra Voosen am späten
Nachmittag aus der U-Haft entlassen müssen.
Grundmann hatte die
Entlassung der Escort-Lady mit einem spöttischen Grinsen und einem
dummen Spruch kommentiert, nur die Rückendeckung von Kriminaloberrat
Klaus Dauber hatte sie dazu bewogen, das Geschehene mit einer gesunden
Portion Gelassenheit hinzunehmen. Dennoch war der Fall noch lange nicht
gelöst.
Maja spürte ein Grummein
in der Magengegend: Hunger. Und wenn sie hungrig war, war sie nicht
auszuhalten. Schlecht gelaunt erreichte sie den Corsa und sank hinter das
Steuer. Als sie den Wagen durch den Feierabendverkehr zur Pyrmonter Straße
lenkte, fragte sie sich, ob sie wirklich schon Feierabend hatte. Etwas
tief in ihr sagte, dass ihr Arbeitstag jetzt erst begann.
NEUNZEHN
Ein schrecklicher Tag lag
hinter ihr, und am liebsten wäre sie einfach nach Hause gefahren, hätte
sich ein heißes Bad eingelassen und ein gutes Buch gelesen. In ihrem
Leben war noch niemals auf sie geschossen worden, und von der Polizei war
sie auch noch nie festgenommen worden. Als sie am späten Nachmittag
in ihr Haus nach Hehlen zurückgekehrt war, hatte sie eine Nachricht
auf dem Anrufbeantworter gehabt. Ein Kunde hatte sie kurzfristig
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