Tödlicher Schnappschuss
doch die Zeiten waren längst vorbei, und so
hatten sich die kleinen Höhlen zu einem beliebten Ziel für Höhlenforscher
aller Art entwickelt. Da es bereits dämmerte, war das Tatort-Team mit
geländegängigen Fahrzeugen angerückt. Man hatte
leistungsstarke Scheinwerfer aufgestellt, die Maja den Weg zum Eingang der
Höhle wiesen. Mit Absperrband hatte man das Gelände weiträumig
abgeriegelt und ermöglichte der Spurensicherung so ein ungehindertes
Arbeiten.
Dauber wanderte ruhelos vor
der Rothesteinhöhle auf und ab. Er blickte auf, als Maja sich
schnellen Schrittes näherte. »Schön, dass Sie kommen
konnten«, sagte er. »Es war mir sehr wichtig, dass Sie sich
selbst einen Überblick verschaffen - schließlich ist es Ihr
Fall.«
Maja ging nicht darauf ein.
»Hier wurde sie
gefunden?«
Dauber nickte. »Allerdings
ist anzunehmen, dass sie hier nicht getötet wurde. Tatort ist also
nicht gleich Fundort.«
»Wer hat sie gefunden?«
»Jugendliche, die sich
hier treffen wollten, um einen Joint zu rauchen.«
»Hm.« Maja nickte
und erblickte Alders, der mit einer Gruppe Teenager beisammenstand. Die
Heranwachsenden standen offensichtlich unter Schock, denn auch ein Arzt kümmerte
sich um sie. Wahrscheinlich hatte die Tatsache, dass sie hier Cannabis
konsumieren wollten, kein weiteres Nachspiel. Vorerst nicht. Maja
entschuldigte sich bei Dauber und ging zu Roland Alders. »So stellst
du dir also einen entspannten Feierabend vor«, lächelte sie und
blickte bezeichnend auf die Armbanduhr.
»Ich habe Lena schon
angerufen. Eigentlich wollten wir heute essen gehen - es ist unser dritter
Hochzeitstag. Sie wartet nicht auf mich, aber mein Kind erkennt mich
bestimmt bald nicht mehr.« Er nahm sie zur Seite. »Schöne
Sauerei, wir laufen dem Täter hinterher und haben keine Chance, eine
Spur zu finden.«
»Apropos«,
erwiderte Maja und machte eine ausladende Geste, mit der sie das Gelände
umriss. »Ich könnte mir vorstellen, dass es hier von Spuren nur
so wimmelt.«
»Allerdings«,
seufzte Alders. »Wenn ich mit den Kids fertig bin, werde ich die
Spurensicherung unterstützen. Vielleicht finden wir Schuhabdrücke,
mit denen wir etwas anfangen können, Schleifspuren oder so etwas in
der Richtung. Ein ziemlich ungewöhnlicher Ort, aber der Täter
hat um diese Zeit seine Ruhe, und das wusste er. Wahrscheinlich ist er
ortskundig.«
Maja nickte. »Aber wer
bringt jemanden um und schleppt seine Leiche dann durch den Wald, um sie
hier abzulegen? Einer ihrer Kunden? Ein Perverser?«
Alders zuckte die Schultern.
»Es muss mindestens ein Mann gewesen sein, der Weg hier hoch ist
sehr beschwerlich, und es erfordert ein großes Maß an Kraft,
um eine Tote durch das Gelände zu tragen, um sie hier zu verstecken.
Der oder die Täter wollten sichergehen, dass man die Leiche nicht so
schnell findet.«
»Aber tagsüber
wird die Höhle von Kletterern und Touristen besucht«,
entgegnete Maja.
»Deshalb wollte er
Alexandra Voosen ja auch verbrennen. Offensichtlich wurde der Täter
gestört und trat die Flucht an. Jedenfalls fanden wir einen Fünfliter-Kanister
mit Benzin neben der Toten, was darauf hindeutet, dass er sie durch das
Feuer unkenntlich machen wollte.«
Maja rieselte bei dem
Gedanken ein Schauer den Rücken herunter. »Ich will sie sehen.«
Dauber hatte keine Einwände.
»Kommen Sie.« Sie kletterten die moosbewachsenen Felsen, die
zum Eingang der Höhle führten, hinauf. Neben der Spalte, die ins
Innere des Felsens führte, wies ein Hinweisschild die Besucher darauf
hin, dass es sich bei der Rothesteinhöhle um ein Fledermausquartier
handelte. Der Eingang der Höhle war schmal, und Maja drückte
sich seitlich durch die Felsspalte. Auch hier hatten die Kollegen Halogenstrahler
aufgestellt, die die Höhle in ein gleißendes Licht tauchten.
Ein schmaler Gang führte ins Innere der Höhle, doch weit musste
sie nicht gehen, bis sie den Leichnam von Alexandra Voosen erblickte. Sie
war nur spärlich bekleidet, trug halterlose Strümpfe, einen
schwarzen BH mit Spitze und einen Hauch von Slip. Selbst jetzt strahlte
sie eine fast kindliche Unschuld aus - sicherlich ein Grund, warum ihr
kaum ein Mann widerstehen konnte. Nur die Augen standen weit offen, und
Maja glaubte, etwas Anklagendes in ihrem Blick erkennen zu können.
Unglaublich, dass diese Frau noch vor wenigen Stunden bei ihr im Büro
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