Tödlicher Schnappschuss
gesessen hatte und von ihr verhört worden war. Zeitweise hatte Maja
sogar daran gedacht, dass es sich bei ihr um die Mörderin von
Christian Vorberg handeln könnte. Ein Gerichtsmediziner und ein
Kollege der KTU knieten neben der Toten und unterhielten sich.
»Das ist
Kriminalhauptkommissarin Maja Klausen«, stellte Dauber seine
Mitarbeiterin vor. »Sie leitet die Ermittlungen.«
Die Männer in den weißen
Overalls erhoben sich; der Gerichtsmediziner trat auf sie zu. Maja hatte
ihn in einem anderen Fall schon einmal gesehen, konnte sich aber nicht an
seinen Namen erinnern.
»Sie ist erstickt«,
sagte er nüchtern und deutete auf die Würgemale am Hals der
Toten. »Dazu wurde sie brutal gewürgt, was schließlich
auch zum Eintreten des Todes führte. Und schon jetzt können wir
mit Sicherheit sagen, dass sie unmittelbar vor ihrem Tod
Geschlechtsverkehr hatte.«
»Ein Sexualdelikt?«
Maja mochte selbst nicht daran glauben, kannte sie doch den ganzen Umfang
des Falles. Für sie war es wahrscheinlicher, dass Alexandra Voosen noch eine Buchung gehabt
hatte, bevor sie ihrem Mörder in die Arme gelaufen war.
»Das ist sehr
wahrscheinlich. Wir werden einen DNA-Abgleich durchführen, dann
wissen wir mit ein wenig Glück schon mehr. Kriminaloberrat Dauber
sagte, dass Sie die Dame kannten?«
»Kennen ist vielleicht
zu viel gesagt«, erwiderte Maja mit matter Stimme. »Wurde sie
vergewaltigt?«
Der Gerichtsmediziner zuckte
die Schultern. »Das kann ich nicht sagen. Spuren von
Gewalteinwirkung an Handgelenken, am Hals und im Schambereich sind zwar
schon jetzt zu erkennen, aber alles andere muss die Obduktion in Hannover
ergeben. Wir wissen nicht, ob der Täter sie, nachdem sie
Geschlechtsverkehr hatte, getötet hat oder ob es ein Mord im Affekt
war. Bei vielen Zeitgenossen spielt Gewaltanwendung eine Rolle beim Sex;
vielleicht ist ihr Tod ein Unfall. Eine andere Möglichkeit wäre,
dass der Mann, der mit ihr geschlafen hat, gar nicht ihr Mörder ist.
Aber das herauszufinden, ist euer Part, Frau Kollegin. Womöglich hat
sich auch jemand an der Dame gerächt. Wie ich hörte, war sie
eine Prostituierte?«
»Sie hatte einen
Begleitservice«, antwortete Maja.
»Ist doch alles das
Gleiche«, schnaufte der Gerichtsmediziner und versprach ihr, sich
mit der Obduktion zu beeilen. »Morgen Vormittag haben Sie den
Bericht«, prognostizierte er. »Und dann können Sie sich
in die Vollen stürzen.«
Maja hatte keinen Nerv auf
den seltsamen Humor des Gerichtsmediziners und verließ die
Rothesteinhöhle wieder. Hier drinnen bekam sie Platzangst.
Bad Pyrmont, Hotel
Schillerhof, 20.55 Uhr
Sie klang genervt, als sie
sich endlich meldete. Der Geräuschkulisse nach zu urteilen, war sie
im Auto unterwegs, und er hoffte, dass sie die Freisprechanlage nutzte.
»Es gibt Neuigkeiten«,
fiel Ulbricht mit der Tür ins Haus. Er hatte es sich auf einem der
Sessel am Fenster in seinem Hotelzimmer gemütlich gemacht und blickte
hinaus. Von hier aus hatte er freien Blick auf den Brunnenplatz und das
muntere Treiben. Abends, wenn die Lichter angingen, hatte der Kurort
seinen ganz eigenen Charme. Die stimmungsvoll illuminierten Gebäude
und der Eingang zum Kurpark erweckten den Eindruck, dass er sich am
Mittelmeer befand. In der Tat war es eine laue Nacht, und er hatte das
Fenster weit geöffnet.
»Norbert, ich hatte
einen verdammt langen Scheißtag, also verschon mich mit deinen
Neuigkeiten«, gab Maja gereizt zurück.
»Klingt, als hättest
du auch Neuigkeiten«, entgegnete Ulbricht mit einem süffisanten
Lächeln. Normalerweise war er es, der seine Anrufer, besonders zu später
Stunde, anranzte.
»Hör bloß
auf. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht: Aber ich will dich nicht
dumm sterben lassen: Alexandra Voosen ist tot. Vergewaltigt und
erdrosselt, um genau zu sein.«
»Wie bitte?«
Ulbricht glaubte sich verhört zu haben. »Das sieht nach einem
ganzen Rachefeldzug aus«, brummte er. »Jemand hat es auf die
beiden abgesehen.«
»Auf die beiden?«,
schnaubte Maja am anderen Ende der Leitung. »Norbert, du bist nicht
auf dem neuesten Stand: Inzwischen hat es
einen dritten Todesfall gegeben.«
»Wer ist der dritte?«
»Vorbergs Bruder,
Markus. Ein typischer Losertyp, der sich sein Hartz IV mit kleinen
Drogengeschäften aufbesserte. Wie wir wissen, hat er das Zeug selbst
aus Venlo
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