Tödlicher Schnappschuss
bezahlt, aber das sollte nicht an die Öffentlichkeit
dringen, und so waren die Zeitungen damals voll mit Meldungen, aus denen
hervorging, dass ich kein Lösegeld an Kidnapper zahlen werde.«
Er senkte den Blick. »Es war wohl die falsche Taktik, denn offenbar
haben Beatrices Entführer die Meldungen in den Medien verfolgt, und
der erste Versuch einer Lösegeldübergabe platzte. Zwei Tage später
fand man Beatrice tot in der Weser. Es war ein schrecklicher Anblick.«
Als er den Kopf hob, schimmerten seine Augen feucht, und Ulbricht fühlte
sich unwohl in seiner Haut. Er war es nicht gewohnt, dass Männer vor
ihm weinten. Dennoch spürte er, wie nahe Hartmann der Mord an seiner
Frau ging.
Ulbricht räusperte sich
ein wenig verlegen. »Was hat die Sache nun mit Alexandra Voosen zu
tun?«, nahm er den Faden auf.
»Ich wollte Ihnen
einfach sagen, dass sie eine schlimme Frau ist und dass sie in meinem Fall
zu spät kam. Sie konnte mich nicht mehr erpressen, denn meine Frau
war tot, und somit fehlte ihr das Druckmittel.«
»Wo waren Sie
eigentlich vorgestern Nacht zwischen zweiundzwanzig und zwei Uhr morgens?«
Hartmann lächelte, als hätte
er mit dieser Frage gerechnet. »Erst im Golf-Club, dann habe ich den
Abend bei einem Essen mit Geschäftsfreunden verbracht. Den Rest des
Abends, so offen will ich sein, habe ich mit einer Kollegin von Frau
Voosen verbracht, mit einer seriösen Dame aus einer professionellen
Begleitagentur - wohlbemerkt. Ich kann Ihnen eine Liste mit den
Kontaktdaten zukommen lassen, das dürfte Ihre Recherchearbeit
erleichtern.« Arndt Hartmann lächelte.
Er erhob sich und machte
Anstalten, die Salzgrotte zu verlassen. An der Tür angekommen, wandte
er sich noch einmal Ulbricht zu. »Vielen Dank, dass Sie mir zugehört
haben.« Dann war er draußen.
Ulbricht schüttelte den
Kopf und fragte sich, was dieses Treffen zu bedeuten hatte.
ZWANZIG
Sie hatte es sich mit ein
paar belegten Broten, einer eingelegten Gurke und einer Flasche Bier vor
dem Fernseher bequem gemacht und versuchte die Ereignisse des Tages zu
verdrängen, als das Telefon im Flur anschlug. Maja spielte mit dem
Gedanken, es klingeln zu lassen, doch nach dem vierten Klingeln übermannte
sie ihr Pflichtgefühl. Eilig spülte sie das Salamibrot mit einem
Schluck Bier herunter, unterdrückte einen Rülpser und begab sich
in den Flur. Die Nummer auf dem Display verhieß nichts Gutes. Am
anderen Ende der Leitung war Oberkriminal rat Klaus Dauber.
»Es tut mir leid, dass
ich Ihren Feierabend störe«, eröffnete er das Gespräch,
»aber es hat einen Leichenfund gegeben.«
»Darin schicken Sie ein
Tatort-Team los«, empfahl Maja und machte keinen Hehl daraus, dass
sie keine große Lust hatte, noch einmal loszuziehen.
»Ist schon geschehen,
allerdings gibt es ein Problem mit der Leiche.«
»Warum?«
»Bei der Toten handelt
es sich um Alexandra Voosen.«
Einen Augenblick lang glaubte
Maja, ohnmächtig zu werden. Nachdem der Mordversuch an dem Callgirl
in Hehlen erfolglos geblieben war, hatten es die Täter nun also doch
geschafft, sie aus dem Weg zu räumen. »Mein Gott«, kam es
über ihre Lippen. »Wir hätten sie nicht gehen lassen dürfen.«
»Sie hat darauf Wert
gelegt, dass wir sie nicht unter Zeugenschutz stellen«, erinnerte
sie ihr Vorgesetzter.
»Und da Ihr Informant
sich geweigert hat, Anzeige gegen Frau Voosen zu erstatten, mussten wir
sie gehen lassen. Der Verdacht einer Erpressung genügte leider nicht,
um sie zu inhaftieren. Insofern müssen wir uns keine Vorwürfe
machen.«
»Wo muss ich hin?«
Dauber nannte ihr die
Adresse, und keine fünf Minuten später saß Maja bereits
wieder in ihrem Corsa. Den Feierabend hatte sie in Gedanken abgehakt.
Rothesteinhöhle bei
Holzen, 20.20 Uhr
Auf der B 1 war sie über
Coppenbrügge und Salzhemmendorf bis Duingen gefahren, wo sie den
Abzweig in südlicher Richtung genommen hatte. Nachdem sie den Wagen
auf einem Wanderparkplatz am Waldrand von Holzen abgestellt hatte, musste
sie den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen. Vorsichtshalber
hatte sie einen dünnen Pulli, eine Jeans und feste Schuhe angezogen.
Sie war zuletzt vor Jahren bei einem Ausflug an der Rothesteinhöhle
gewesen und hatte diesen beinahe mystischen Ort als unheimlich empfunden.
Einst, so hieß es, hatte die Höhle an den Klippen des Ith
Kannibalen beherbergt,
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