Tödlicher Schnappschuss
Das durch das Fenster einfallende Mondlicht ließ
das Mobiliar bizarr erscheinen. Er hielt den Atem an und lauschte. Hatte
er ein Geräusch gehört?
Womöglich hatten ihm
seine Nerven einen Streich gespielt, denn völlige Stille umfing ihn.
Seine rechte Hand wischte über die Wand neben der Tür, er
erwischte den Lichtschalter und betätigte ihn.
Um ein Haar hätte er
einen Herzinfarkt erlitten, als er die Gestalt in seinem Sessel sitzen
sah, die ihm den Rücken zuwandte. Betont langsam wandte sich der
ungebetene Gast zu ihm um. Er schwenkte das halbvolle Whiskyglas und lächelte.
»Mein Gott«,
stammelte er völlig fassungslos. »Wie kommst du hier rein?«
»Schön, dass wir
uns endlich einmal wiedersehen.« Der ungebetene Gast ließ sich
nicht aus der Ruhe bringen. Er deutete auf das Sofa. »Setz dich doch
zu mir, dann können wir ein wenig über die guten alten Zeiten
plaudern.«
Bad Pyrmont, 21.55 Uhr
Es war ein lauer Sommerabend,
und auf den Straßen des Kurortes herrschte noch reger Betrieb.
Urlauber und Kurgäste flanierten durch die Straßen von Bad Pyrmont. In den Restaurants und
Straßencafés waren die meisten Tische belegt. Nach Einbruch
der Dunkelheit hatte der Kurpark von Bad Pyrmont ein einzigartiges
Ambiente, denn die Pflanzen wurden stimmungsvoll angeleuchtet. Vom
Hylligen Born aus waren sie zur Brunnenstraße spaziert, hatten sich
rechts gehalten und in der Kirchstraße das Restaurant der Alten
Villa Schlossblick entdeckt und für gut befunden. Nachdem sie im Außenbereich
einen freien Tisch gefunden hatten, genossen sie den traumhaften Ausblick
auf die historische Hauptallee und schwiegen.
»Eigentlich dürfte
ich gar nicht hier sein«, eröffnete sie ihm nervös, als
sie ein paar Minuten schweigend beieinander gesessen hatten. Ihr Dekolleté
war tiefrot; bei Maja ein Zeichen innerer Anspannung.
Ulbricht drückte ihre
Hand. »Du musst einfach mal abschalten.«
»Leichter gesagt als
getan.« Sie blickte aus großen Augen auf seine Hand, die auf
der ihren lag, sagte aber nichts und zog ihre Hand auch nicht fort.
»Wir fahren heute Nacht Großeinsätze, um den Mörder
endlich zu überführen, und wir sitzen hier in gemütlicher
Runde zusammen.«
»Großeinsätze?«
Sie nickte. »Wir
durchsuchen die Wohnungen von Alexandra Voosen. Grundmann ist mit ein paar
Leuten nach Hannover gefahren, und Alders, Lisa Stendal und ein paar
Mitarbeiter der KTU nach Hehlen. Parallel läuft die Fahndung nach dem
dunklen Audi, aus dem auf Alexandra Voosen geschossen wurde.«
»Moment«, rief
Ulbricht. »Man hat aus einem fahrenden Auto auf Alexandra Voosen
geschossen? Hast du mir nicht gesagt, sie wurde erdrosselt?«
»Ja schon«,
nickte Maja und strich über die Tischdecke. »Aber eins nach dem
anderen.«
Eine Kellnerin trat an den
Tisch, zündete ein kleines Windlicht an, das die romantische Stimmung
unterstrich, und brachte ihnen die Karten. Nachdem sie die Getränkebestellung
aufgenommen hatte, zog sich die Bedienung diskret zurück. Maja und
Ulbricht blätterten in den Karten und waren um Normalität bemüht.
Doch Maja hielt es nicht länger aus. Sie war nach Bad Pyrmont
gekommen, um von Ulbricht zu erfahren, was er den ganzen Tag über
getrieben hatte. Schließlich hatte er sie mit Anspielungen hierher
gelockt, und nun ließ er sie schmoren.
»Mensch Norbert«,
platzte es schließlich aus ihr heraus. Sie ließ die Karte
sinken. »Raus mit der Sprache - was hast du wieder versaut heute?«
»Geht das auch ein
bisschen diskreter?«, mahnte er sie und blickte peinlich berührt
zu den Nachbartischen. Doch niemand der anderen Gäste schien sich für
sie zu interessieren.
»Dann erzähl mir,
warum ich hier bin.«
Ulbricht legte die Karte
fort. Im Zweifelsfall würde er ein Wiener Schnitzel bestellen, das
gab es auf fast jeder Speisekarte.
»Was hat dein lieber
Kollege Jürgen Grundmann eigentlich mit Alexandra Voosen zu schaffen?«
»Wie bitte?«
»Ich war heute im
Internet-Café und habe mir online ein paar Bilder von Vorberg
angesehen. Unter anderem bin ich über ein Foto gestolpert, das
Grundmann an der Seite von Voosen zeigt.«
Nun musste Maja lachen.
»Ach das«, sagte sie. »Er hält sich immer für
etwas ganz Besonderes, weil er bei der Kripo arbeitet. Und da haben wir
mal zusammengeschmissen und ihm für zwei Stunden eine Lady gebucht.
Da
Weitere Kostenlose Bücher