Tödlicher Schnappschuss
ist nichts gelaufen, wir wollten einfach mal, dass er sich so richtig
blamiert. Aber das ist schon ein paar Jahre her, und ich kann mich gar
nicht daran erinnern, dass die Kollegen ausgerechnet Alexandra Voosen
gebucht haben. Wahrscheinlich, weil sie aus der Gegend kam und keine
Reisekosten in Rechnung stellte. Na ja, jedenfalls stand Grundmann
ziemlich doof da, und wir hatten unseren Spaß.« Sie winkte ab.
»Und was hast du noch erlebt heute? Das war doch wohl nicht der
Grund, weshalb du mich herzitiert hast, oder?«
Ulbricht hätte ihr sagen
können, dass er ihre Gesellschaft mochte, doch er berichtete Maja
sachlich von seinem seltsamen Treffen in der Hufeland Therme und von Arndt
Hartmann.
Während er sprach,
wurden ihre Augen mit jedem Satz größer.
»So«, sagte er
dann und faltete die Hände auf dem sauberen Tischtuch. »Und nun
weißt du alles von mir.«
»Warum erzählt er
dir das alles?«
Die Getränke kamen, und
sie wurden von der Servicekraft nach ihren Wünschen befragt. Während
Ulbricht seinem Vorsatz treu blieb und ein Wiener Schnitzel bestellte,
orderte Maja aus lauter Verlegenheit einen Salatteller.
»Warum er das erzählt?«,
nahm Ulbricht den Faden auf, als sie wieder allein waren. »Mir gegenüber
hat er erwähnt, dass ich ihm als inoffizieller Schnüffler - er
hat es in wärmere Worte gepackt - lieber bin als die Behörde. Außerdem
hatte ich den Eindruck, dass er sich ganz klar als Opfer zeigen wollte.
Der arme Mann, der seine Frau zwar mit einem Callgirl betrogen hat, der aber auch unter der Entführung
und unter dem Tod seiner geliebten Ehefrau sehr leiden musste. Ein Stück
weit hat er auch zwischen den Zeilen angeprangert, dass ihr die Entführer
und Mörder immer noch nicht hinter Schloss und Riegel gebracht habt.«
»Der hat Nerven«,
seufzte Maja und spielte mit einem Bierdeckel. Im Schein des Windlichtes
wirkte ihr Gesicht geheimnisvoll. »Ich erinnere mich an den Fall,
war damals aber noch keine Abteilungsleiterin. Hartmann ist ein zäher
Hund, und er ist nicht sonderlich beliebt in der Gegend. Er ist
machtversessen und steinreich. Es heißt, dass er seine Finger in so
ziemlich jedem großen Geschäft hat, das hier abgeschlossen
wird. Er weiß alles und profitiert von allem, was hier passiert.«
Jetzt wusste Ulbricht auch,
dass es für einen Mann wie Arndt Hartmann ein Kinderspiel gewesen
sein musste, an seine Telefonnummer zu kommen. »Ein Mafiosi?«
Sie zuckte die Schultern und
nippte von ihrem Mineralwasser. »So würde ich das nicht nennen.
Aber er ist ziemlich mächtig. Und dass der Fall damals durch die
Medien ging, ist klar. Man hat sich das Maul über ihn zerrissen, der
große Hartmann am Boden zerstört, sein Leben plötzlich
ohne Sinn und so weiter.«
»Weil seine Frau entführt
wurde? Ich meine, die Frau, die er mit Alexandra Voosen betrogen hat?«
»Allerdings. Der große
Arndt Hartmann gab sich plötzlich zahm wie ein Lamm. Anfangs hat ihm
das niemand so recht geglaubt, aber nachdem die erste Lösegeldübergabe
geplatzt war, und man die Leiche seiner Frau im Fluss fand, hatte die
Öffentlichkeit dann doch Mitleid mit ihm.«
»Würdest du ihn
als möglichen Täter betrachten?«
Wieder zuckte Maja die
Schultern. »Längst ist Gras über die Sache gewachsen, und
nach dem Tod von Beatrice, seiner Frau, gibt es eigentlich kein Motiv mehr
für die Morde an den Vorberg-Brüdern und dem Callgirl.«
»Was war mit Alexandra
Voosen?«
Maja berichtete ihm, dass sie
die Escort-Lady zunächst verhaftet hatte. Auch von dem Anschlag auf
die Frau in Hehlen erzählte sie ihm, was wieder die Mafia-Theorie von
Ulbricht bekräftigte. Wer aus einem fahrenden Auto auf sein Opfer
schoss, gehörte meist einer Untergruppe des Organisierten Verbrechens
an.
»Als Dr. Kunst sich
aber weigerte, Anzeige wegen Erpressung zu erstatten, mussten wir
Alexandra Voosen gehen lassen. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt«,
schloss Maja ihre Ausführungen.
»Steckt Kunst in der
Sache drin?«, setzte Ulbricht nach. »Ich meine, womöglich
gibt es einen Grund, weshalb er sich nicht zu einer Anzeige gegen
Alexandra Voosen durchringen konnte. Ist er vielleicht von der Gegenseite
gekauft worden, um…«
»Norbert, bitte«,
unterbrach Maja ihn. »Wir haben es bei Dr. Kunst mit einem Chefarzt
des Holzmindener Krankenhauses zu tun. Er ist ein angesehener Mann in der
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