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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Wangen, wie es sich bei einem Freund gehörte, und führte ihn in das Allerheiligste, den riesigen Raum mit dem Panoramablick über Moskau.
    »Welche Freude!« rief Sybin. »So unverhofft! Wie war es in Paris und Wien? Gehen die Pariserinnen noch immer ohne Höschen spazieren?«
    »Das ist ein Märchen für Stammtischbrüder!« antwortete Sendlinger unwillig. »Ich bin so schnell gekommen …«
    »Erst einen Wodka, Brüderchen! Dann reden wir! Erst nach einem Wodka ist ein Russe aufnahmefähig für Probleme.«
    »Es sind Probleme, Igor Germanowitsch.«
    »Dachte ich mir.« Sybin schwenkte eine Flasche Sibirskaja, einen der stärksten Wodkas, die es gibt. Dr. Sendlinger winkte ab. Drei Gläser, und ich liege lallend auf dem Sofa. Wir müssen einen klaren Kopf behalten, es geht um existentielle Fragen. Er wartete, bis Sybin sein Glas halb geleert und sein Wohlwollen mit einem Rülpser kundgetan hatte. »Du geisterst immer noch in den Gefilden der biologischen Waffen herum?«
    »Das ist das zweite Thema.« Sendlinger setzte sich in einen der breiten, tiefen Sessel aus Büffelleder, die Sybin von einem Einrichtungshaus in Dresden hatte kommen lassen. Einer seiner ›Reisenden‹ hatte einen Möbelprospekt mitgebracht, und Sybin war von dem Angebot so begeistert gewesen, daß er einen ganzen Lastwagen voll Möbel nach Moskau hatte kommen lassen. Das war jetzt möglich … gelobt sei Gorbatschow und Jelzin dazu. »Thema eins: In Westeuropa mehren sich die Atomschmuggler. Bei der Polizei herrscht absolutes Stillschweigen. Nichts dringt nach draußen. Bisher sind fast zweihundert Fälle bekannt, wo Plutonium, Uran, Lithium und Cäsium angeboten wurden. Dein Traum, auf diesem Markt beherrschend zu sein, bleibt ein Traum. Ich weiß …«
    »Woher weißt du das?« Sybin starrte ihn zweifelnd an.
    »Ich habe in Paris, im ›Roten Salon‹ der Madame de Marchandais, den Leiter der französischen Sonderkommission V getroffen.«
    »Du triffst dich mit einem Kripochef in einem Puff?!« Sybin lachte schallend. »Das ist Paris! So habe ich mir das vorgestellt.«
    »Madame de Marchandais hat einen exklusiven Zirkel am Bois-de-Boulogne. Ein Treffpunkt der Kultur und der Intelligenz. Ein iranischer Diplomat hat mich dort eingeführt.«
    »Sonst hast du nichts eingeführt?«
    »Bitte, Igor Germanowitsch, vergiß für einen Moment deine Sauereien. Im ›Roten Salon‹ habe ich auch erfahren, daß bei uns in Köln ein Dealer verhaftet worden ist mit zwanzig Gramm hochreinem Plutonium 239! Eine Probe! Er ist ein Fernfahrer und hat den Stoff aus Moskau mitgebracht. Geliefert hat das Plutonium ein Wissenschaftler aus dem Atomwerk Tomsk-7!«
    »Unmöglich!« Sybin wurde ernst und stellte sein Wodkaglas ab. »Ich war in Tomsk-7 und habe dort einen Lieferanten verpflichtet.«
    »Vielleicht denselben, der auch die anderen beliefert.«
    »Gregor Simferowitsch Kulnjak?«
    »Ducoux – das ist der Polizeichef – hat diesen Namen nicht genannt. Auch an den Boten kann er sich nicht erinnern, er wußte nur noch, daß der Mann Fernfahrer ist. Details stehen in den Akten.«
    »Dann muß man die Akte bekommen.«
    »Völlig unmöglich.«
    »Mein Freund, bei Sybin ist nichts unmöglich … das sollte für alle wie ein Bibelspruch sein, auch für dich. Und die anderen hundertneunundneunzig Fälle?«
    »Alle Ermittlungen liegen bei der Sûreté und bei Interpol. Geheimstufe eins. Denk an den Fall des Polen Londricky an der deutsch-polnischen Grenze bei Guben. Das war der erste uns bekannte Fall … damals hatte Adolf Hässler seinen Einsatz.«
    »Ein Fehler! Er hätte ihn nicht umbringen, sondern mitnehmen und ausquetschen sollen. Erst reden … dann schweigen!«
    »Londricky hätte nichts gesagt.«
    »Weil euer Humanismus euren Verstand blockiert. Wir hätten ihn zum Sprechen gebracht. Es gibt da fabelhafte Verhörmethoden aus Vietnam und China, denen widersteht keiner!« Sybin winkte ab. »Aber vorbei ist vorbei. Aus Fehlern lernt sogar der Dumme. Wir müssen die französischen Akten bekommen. Minifotos davon.«
    »Willst du eine Wanze in den Panzerschrank setzen? Wanzen können nicht fotografieren, und größere Wesen kommen da nicht dran.«
    »Du bist ein nüchtern denkender Rechtsanwalt, Paul. Dir fehlt die Phantasie. Du weißt, wie man einen Mandanten beschwatzt, der, auch wenn du seinen Prozeß verlierst, sich auch noch bei dir bedankt. Aber Phantasie ist, wenn der Mandant glaubt, den verlorenen Prozeß gewonnen zu haben, weil ein Gewinn ihn mehr

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