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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rufe dich wieder an, wenn es nötig ist. Mich kannst du nicht anrufen … alle Anrufe gehen zu Madame.«
    »Ich kann dich nicht erreichen?«
    »Nein.«
    »Das gefällt mir gar nicht.«
    »Aber mir! Du selbst hast es so gewollt.«
    Sie ging zurück zu ihrem Tisch unter der großen Markise. Nach dem Regen tags zuvor, schien jetzt eine warme Sonne und hüllte das herrliche Paris in einen Goldschleier ein. Der Regen hatte allen Schmutz weggespült, die Stadt sah so sauber aus, als hätte ein Heer von Putzleuten die Fassaden und Fenster und Dächer abgeschrubbt. Aus den Blumenkästen strömte der süße Duft der Blüten. Das war das Paris, wie man es sich vorstellt – die Stadt der Lebensfreude, der Verliebten, der Kunst, der Schönheit und des Stolzes.
    Natalja blätterte in einem Modemagazin und war so fasziniert von den neuen Kreationen, daß sie aufschrak, als vor ihr auf der Straße ein schwerer, schwarzer Wagen kreischend bremste und ein Mann heraussprang. Dann fuhr der Wagen weiter.
    Anwar Awjilah kam auf Natalja zugelaufen. Seine Augen funkelten vor Freude.
    »Ist es möglich?« rief er und küßte Natalja die Hand. »Ich fahre zur Botschaft, und zufällig sehe ich Sie im Café sitzen. Da konnte ich nicht vorbeifahren. Also stopp und raus!« Er hielt Nataljas Hand fest und strahlte sie an. »Sie sehen hinreißend aus! Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Wenn Sie nichts Besseres vorhaben – bitte.«
    Das klang zwar nicht sehr begeistert, aber auch nicht ablehnend, und so sollte es auch sein … Awjilahs Selbstbewußtsein, der schönste Mann im Pariser diplomatischen Korps zu sein, mußte gestutzt werden.
    »Es gibt nichts in Paris, was mich davon abhalten könnte, mit Ihnen, Madame Natalja Petrowna, eine Tasse Kaffee oder einen Cocktail zu trinken.«
    »Sie haben meine Vornamen gut behalten … aber ich heiße Victorowa.«
    Awjilah setzte sich an den kleinen runden Tisch mit der Marmorplatte, die typisch sind für die Pariser Boulevardcafés. »Erlauben Sie mir, Sie Natalja Petrowna zu nennen. Sie können dann Anwar zu mir sagen.«
    »Wenn ich will!«
    »Ich bitte Sie darum.«
    Er hält sich tatsächlich für unwiderstehlich! Natalja bemühte sich, nicht zu lächeln. Das wird dir zum Verhängnis werden, Anwar. Ich weiß, daß du mit mir spielst, und ich werde mit dir spielen – und wer von uns beiden gewinnen wird, das dürfte schon jetzt keine Frage mehr sein. Die goldfarbenen Höschen – sie werden nicht nötig sein. Es wird nicht schwierig werden, von dir zu erfahren, wer außer Dr. Sendlinger noch Plutonium angeboten hat. Was Ducoux nicht weiß, das weißt du. Warum gehst du in den ›Roten Salon‹? Wegen der willigen Damen? Nein, Anwar … um Ducoux zu beobachten und ihn auszuhorchen, um wachsam zu sein und neue Wege zu erkunden. Sybin ist über alles orientiert, auch über eure heimliche nukleare Aufrüstung. Er weiß auch, daß russische Wissenschaftler in euren geheimen Werken arbeiten für ein Monatsgehalt, das sie früher nicht einmal für ein ganzes Jahr Arbeit bekommen haben.
    Sie nahm es hin, daß Awjilah für sich und sie einen Spezialcocktail bestellte und einen Rosenverkäufer – es war ein Algerier – heranwinkte und knapp sagte: »Alles!« Dann lag ein kleiner Rosenberg vor ihr, große, dunkelrote Rosen, und der Kellner rannte los und kam mit einer dickbauchigen Vase zurück, stellte den Strauß ins Wasser und auf einen Extratisch, den er heranschob. Natalja tat, als sei Awjilahs Geschenk völlig alltäglich.
    »Danke!« sagte sie etwas blasiert. »Sehr schöne Rosen. Aber in drei Tagen lassen sie die Köpfe hängen, in fünf Tagen sind sie welk. Gestorben. Tot! Ich mag keine Leichen in meinem Zimmer. Man hat den Blumen ihr Leben abgeschnitten. Auch Blumen sind Wesen.«
    »Ich habe das so noch nie gesehen!« Awjilah versuchte, zerknirscht dreinzuschauen. »Aber ich werde darüber nachdenken.«
    Die Cocktails wurden gebracht, sie prosteten sich zu und blickten dann auf das Menschengewimmel auf den Champs. Die Sonne lockte die Menschen ins Freie und zauberte Zufriedenheit auf ihre Gesichter.
    »Haben Sie Pläne für diesen Nachmittag?« fragte Awjilah.
    »Ja. Ich werde einkaufen: Kleider, Schuhe, Blusen, Schmuck – was mir gefällt.«
    »Darf ich Sie begleiten?«
    »Nein!«
    Ein klares, hartes Nein. Awjilah sah sie betroffen an. »Ich verstehe etwas von Schmuck«, versuchte er einen erneuten Vorstoß. »Die meisten Preise sind überzogen, gerade hier in Paris. Warum? Eben weil es Paris ist.

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