Tödlicher Staub
wird Atommaterial überallhin geschmuggelt, für alle, die daran interessiert sind. Es gibt nicht nur eine Atommafia, sondern bis in die höchsten Regierungsstellen und Militärverwaltungen führen die Spuren der Lieferanten oder Vermittler. Jeder will die Hand aufhalten und sie sich vergolden lassen. Plutonium geistert durch die Welt – wieviel, das weiß niemand!«
»Und was ist dabei deine Aufgabe?« fragte Houseman.
»Ich beobachte und nenne Namen. Durch mich hat Amerika von den geheimen Produktionsstätten in der Wüste erfahren. Durch mich sind bisher dreiundzwanzig Terroristen in Israel, Deutschland, Frankreich und Spanien verhaftet worden … ich habe überall meine Ohren, und ich sehe mehr als andere. Außerdem habe ich Verbindungen bis in Gadhafis Nähe aufgebaut.«
Abdul Daraj sagte es nicht ohne Stolz, und er konnte wirklich stolz sein, denn seine Erfolge beeindruckten sogar die oberen Spitzen der CIA. Er war einer der besten ausländischen ›Residenten‹, den die CIA zur Zeit hatte. Was er meldete, war immer eine Tatsache, nie ein schwer nachweisbares Gerücht. Deshalb hatte Abdul jetzt auch eine Frage an Houseman.
»Ich habe mich seit Tagen gefragt, warum man dich nach Tripolis geschickt hat, Djamil.«
»Um dir beizustehen, Abdul.«
»Ich habe alles im Griff. Mehr Informationen, als ich bekomme, kann niemand anderer herbeischaffen.«
»Es geht speziell um Plutoniumaufkäufe.«
»Auch das erfahre ich.«
»Danach und nur, wenn der Deal okay ist.« Houseman trank sein Glas Orangensaft aus. Ramunabat war nirgends zu sehen, aber er wußte, daß er immer in der Nähe war und ihn beobachtete. Abdul war ein vorsichtiger Mann; auch ein CIA-Agent kann auf zwei Schultern tragen. Bei dem geringsten Zweifel würde Ramunabat seine ›Pflicht‹ tun. »Wir müssen es vorher wissen!« sagte Houseman.
»Das ist fast unmöglich.«
»Nicht bei unserem Vorhaben.«
»Du versetzt mich in Spannung.«
Houseman sah sich mehrmals um, aber er bemerkte nichts Verdächtiges. »Hört uns keiner zu?«
»Nein. Wir sind allein.«
»Ramunabat?«
»Ist im Haus.«
Houseman atmete tief durch. Jetzt ließ er die Katze aus dem Sack … würde sie Mäuse fangen? »Unsere Idee ist es, selbst als Käufer aufzutreten …«
Abdul schwieg. Er goß sich neuen Fruchtsaft ein, und Houseman sah, daß seine Hand dabei leicht zitterte. Natürlich, dachte er. Bei dieser Idee kann man zu zittern anfangen. Ihm geht es jetzt wie mir, als Curley mir diesen Plan mitteilte. Auch ich hatte das Gefühl, jemand zupfe an meinen Nerven.
»Wir?« ließ sich Abdul endlich vernehmen. »Wir?«
»Ja. So lernen wir die Hintermänner kennen … und wieviel Plutonium angeboten wird.«
»Wir werden nur Kontakt mit den Kurieren bekommen, und die kennen keine Hintermänner.«
»Wenn man bedenkt, welche Verhörmethoden im Orient üblich sind …« Houseman schob die Unterlippe vor. »Jede Loyalität hat Grenzen.«
»Eine reine Theorie.« Abdul schüttelte ein paarmal den Kopf. »Nehmen wir an, uns gelingt es, einen Verkäufer zu interessieren. Nehmen wir weiter an, er liefert uns Plutonium … was kostet das überhaupt?«
»Das Kilo so um die sechzig bis achtzig Millionen Dollar, je nach Reinheit.«
»Wahnsinn!« Abdul riß die Augen auf. Die Summe schlug ihm auf den Magen, er hüstelte. »Das kann doch keiner bezahlen!«
»Ich werde das Geld beschaffen, das ist zweitrangig. Für die Sicherheit der Welt ist das ein geringer Betrag.«
»Gut, wir bekommen das Plutonium. Und was machen wir damit?«
»Wir bieten es über einen Mittelsmann in Libyen an.«
»Verrückt! Und lebensgefährlich.«
»Ohne Risiko kein großes Geschäft.« Houseman faltete die Hände über seinen Bauch. Er strahlte Überzeugung aus, daß der Plan der CIA ins Schwarze träfe. »Die libysche Regierung wird auf das Angebot anspringen, hoffen wir. Dann haben wir zweierlei erreicht: Erstens haben wir Kontakt mit den maßgeblichen Regierungsstellen, und zweitens haben wir den Beweis, daß Libyen noch immer heimlich an einer Atombombe bastelt. Das wird dann große politische Auswirkungen haben. Abdul, das wäre doch ganz auf der Linie deiner privaten Rache!«
Wieder schwieg Abdul Daraj. Was Houseman-Houssein da erzählte, hörte sich zwar verlockend an, war aber ein reines Todeskommando. Genausogut hätte man sagen können: Geh zu Gadhafi in sein Haus oder zu seinem Zelt und schieß ihn nieder. Das war unmöglich, sonst wäre es in den vergangenen dreiundzwanzig Jahren längst
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