Tödlicher Staub
Sie sich vor, wir hätten den Dealer aus den Augen verloren.«
»An so was soll man nicht einmal denken. Nun haben Sie das Plutonium, aber der Dealer konnte flüchten, alle Spuren sind verwischt. Die Herkunft des Nuklearmaterials ist nicht bekannt …«
»Unsere Laboratorien haben den Verdacht, daß es aus Rußland stammt.«
»Beweise?«
»Nein.«
»Also nur Vermutungen, damit kann man nichts anfangen. Es kann auch Plutonium aus Deutschland oder Frankreich selbst sein. Wo Atomreaktoren arbeiten, kann Plutonium gestohlen werden – also in ganz Europa. So werden die Russen argumentieren, wenn man ihnen den Atomschmuggel in die Schuhe schieben will.«
»Wir schieben keinem etwas in die Schuhe!« sagte Ducoux mit harter Stimme. Er war zutiefst beleidigt. »Wir alle wissen doch, daß in den GUS-Staaten, in Kasachstan, der Ukraine und anderen jetzt selbständigen, russischen Staaten die Bewachung von Plutoniumbeständen …«
Fontana winkte ab. Mit gerötetem Gesicht schwieg Ducoux. »Das wissen wir alles. Aber es fehlt der Beweis, daß russische Organisationen den Nuklearschmuggel aufgezogen haben. Wir haben nichts in der Hand außer chemische Analysen. Aber das ist zu wenig.«
»Und das wollen Sie nun ändern?« Ducoux' Stimme wurde schrill. »Sie wollen Beweise sammeln! Hier in Frankreich. Warum nicht in Deutschland? Dort hat man bis heute über hundert Fälle von Atomschmuggel aufgedeckt. Deutschland ist die Hauptstraße für den Ameisentransport. Und BKA und BND sind davon überzeugt, daß der Stoff aus russischen Atomwerken stammt. Der Weg über Polen und Tschechien weist eindeutig darauf hin.«
»Aber auch die deutschen Behörden werden sich hüten, zu sagen: Das kommt alles aus Sibirien oder aus der Ukraine! Dazu sind die politischen Auswirkungen zu wenig einschätzbar!«
»Der Bundesnachrichtendienst in Pullach weiß mehr, als er sagt.«
»Das bezweifle ich. In allen Papieren spricht man von Erkenntnissen … die CIA hält engen Kontakt mit dem BND. Wir wissen genau, was man dort weiß.«
»Falls man Ihnen die Wahrheit sagt, und das bezweifle ich. Die Kollegen in Pullach sind ausgefuchste Burschen! Die kochen auf geheimen Feuerstellen ihr eigenes Süppchen. Ich bin überhaupt der Ansicht, daß die Kommunikation der Geheimdienste untereinander mit nationalen Interessen belastet ist.«
»Das trifft dann auch für Sie zu.«
»Ab und zu …«
Ducoux schlug die Beine übereinander und umfaßte mit beiden Händen sein linkes Knie. »Sagt die CIA ihren Partnern alles?« fragte er.
»Nein. Inneramerikanische Probleme lösen wir selbst. Bei internationalen Problemen allerdings sind wir offen. Und Nuklearschmuggel geht die ganze Welt an! Ich glaube nicht, daß der deutsche BND uns Erkenntnisse vorenthält.«
Oh, ihr Amerikaner! Ducoux blickte an die Zimmerdecke. Ihr seid die größte Industrienation, ihr schießt Astronauten zum Mond, ihr bringt Spionagesatelliten in die Umlaufbahn der Erde, ihr seid die mächtigste Militärmacht der Welt, bei euch gibt es kaum ein Unmöglich … aber im Grunde seid ihr große Kinder geblieben. Glaubt nur weiterhin an eine Brüderlichkeit, die es unter den Völkern nie geben wird.
»Ich wünsche Ihnen bei Ihren Aufgaben viel Glück, Mr. Fulton«, sagte Ducoux und sah Fontana wieder an. »An uns soll es nicht liegen – wir unterstützen Sie, wo wir können.«
»Das höre ich gern, Mr. Ducoux.«
»Was haben Sie heute abend vor?«
»Nichts.«
»Wo wohnen Sie?«
»Im Hotel Monique.«
»Das ist auf dem Montmartre.«
»Ja. Ein sehr ruhiges und familiäres, kleines Hotel.«
»Aber in gefährlicher Umgebung! Da wimmelt es von hübschen und willigen Mädchen.« Ducoux gluckste. Sein Plan, Fontana von seinen Vorhaben weitgehend abzulenken, begann, Gestalt anzunehmen. »Ich weiß etwas Besseres. Ein Salon, ein Zirkel von Kulturliebhabern, ein Treffpunkt der besten Gesellschaft von Paris. Ein Tempel des Geistes und der Schönheit. Intern nennt man ihn den ›Roten Salon‹. Die Villa am Bois-de-Boulogne gehört einer Madame de Marchandais, eine Säule der Pariser Gesellschaft. In diesen kleinen, exklusiven Kreis kommt man nur durch Empfehlung.« Ducoux räusperte sich. »Hätten Sie Interesse daran, daß ich Sie in diesen Zirkel einführe? Sie werden wichtige Leute kennenlernen.«
»Das klingt verlockend.« Fontana nickte mehrmals. »Wenn ich in diesen Kreis hineinpasse …«
»Aber ich bitte Sie: ein Likörfabrikant aus den USA!« Ducoux lachte kurz auf. »Der fehlt uns
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