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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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veröffentlicht worden und enthüllte, wie einfach es war, sich Atomwaffen anzueignen.
    Tichomirow spazierte eines Abends zu einem der unbewachten Lagerhäuser der Marinebasis Murmansk, hebelte mit einem einfachen Brecheisen die Tür des Depots auf und stand vor einem Stapel von Metallbehältern. Er brach einen der Kästen auf und fand eine Anzahl von ausgebauten Atombrennstäben. Ein Selbstbedienungsladen! Tichomirow griff zu. Er holte drei Brennstäbe aus der Kiste, steckte sie in einen Rucksack und verschwand in der Nacht. Was er mitschleppte, war hochbrisant: Die Brennstäbe stammten aus den Reaktoren der abgewrackten Atom-U-Boote und enthielten zwanzig Prozent Uran 235. Mit vier Kilogramm hochangereichertem Uran erreichte Tichomirow unbehelligt seine Wohnung … den Tod im Rucksack.
    Nur durch Zufall wurde der Diebstahl entdeckt: Tichomirows Bruder Dmitrij, voll des Wodkas, faselte im vertrauten Kreis bei Freunden darüber, daß in seiner Garage eine Menge Uran versteckt sei, Handelswert auf dem Schwarzmarkt sechshunderttausend Dollar. Doch der vertraute Freundeskreis schwieg nicht: Oberstleutnant Tichomirow wurde verhaftet und zu drei Jahren Arbeitslager in Sibirien verurteilt.
    Aber die Quelle Murmansk sprudelte weiter. Da es den Marinebehörden und auch den anderen Nuklearzentren nicht gelang, genaue Inventarlisten aufzustellen, schätzt man jetzt, daß Hunderte von Tonnen spaltbaren Materials in den Depots fehlen. Die russischen Kontrollbehörden leugnen dies allerdings standhaft … sie wissen einfach nicht, wo es geblieben ist. Und ein Loch in den russischen Atomarsenalen zuzugeben, war glattweg unmöglich.
    Bisher hatte sich Sybin für diesen Bereich des Atomschmuggels nicht interessiert. Auch hochangereichertes Uran 235 bringt auf dem Markt nicht die Irrsinnssummen, die interessierte Staaten für Plutonium 239 bezahlen. Nun aber, seit durch Wawras Tod die Quelle Krasnojarsk versiegt war, wurden für Sybin auch Murmansk und Wladiwostok interessant. Ein großes Ziel entstand vor ihm: die Kontrolle des gesamten Nuklearschmuggels. Ein Atomkartell unter Leitung des ›Konzerns‹. Dazu würde man viele Helfer brauchen, und – auch das wurde ihm klar – es würde ein blutiger Kleinkrieg werden gegen Händler, die auf eigene Rechnung weiterarbeiten wollten.
    Sybin hörte am Telefon, wie Suchanow ihn immer noch mit den wüstesten Worten beschimpfte. Er unterbrach ihn und sagte in einem väterlichen Tonfall:
    »Nikita Victorowitsch, laß das Schimpfen … komm nach Moskau.«
    »Ich will dich nie wiedersehen, du Mörder!« schrie Suchanow.
    »Du machst einen Fehler, mein Freund.«
    »Willst du mich auch umbringen? Du wirst nie wieder etwas von mir hören.«
    »Du bist ein guter Mann. Ich habe andere Aufgaben für dich.«
    »Nicht eine einzige! Ich will deinen Namen nicht mehr hören. Ich streiche ihn aus meinem Leben. Ich habe dich nie gekannt. Ich verfluche dich!«
    »Das kannst du alles tun … nur sei vernünftig. Auf dich warten sechsunddreißig Millionen Dollar, Provision für gelieferte vier Kilo Plutonium.«
    »Nicht mit hundert Millionen Dollar ist Wawra bezahlbar. Nicht mit allem Geld der Welt. Du kannst sie nicht unter Geldscheinen begraben.«
    »Komm nach Moskau und hol dir deinen Anteil ab.«
    »Nein!«
    »Als Millionär kannst du hundert Wawras bekommen.«
    »So etwas kannst nur du sagen. Ich hasse dich, Igor Germanowitsch. Nach Moskau soll ich kommen? Wie wird das sein? Du gibst mir den Scheck über sechsunddreißig Millionen … und wenn ich dein Zimmer, dein verdammtes Haus, verlasse, stehen draußen im Flur zwei deiner Leibwächter und erwürgen mich! Oh, ich kenne dich zu genau …«
    Er kennt mich wirklich. Sybin lächelte vor sich hin … genauso hatte er sich das gedacht. Nicht wegen der sechsunddreißig Millionen, das war kein Thema … aber Suchanow wußte zuviel, und Wawras Tod machte ihn gefährlich. Ein paar Worte von ihm zum KGB, und es gab Schwierigkeiten. Sie waren zwar zu überwinden, und es würde alles im Sande verlaufen, dazu hatte man seine Verbindungen, aber unangenehm war es doch. Nur ein toter Zeuge ist ein guter Zeuge … diese Grundregel der Mafia gehörte zur Basis aller Geschäfte. Sybin hatte sie für seinen ›Konzern‹ übernommen. Wenn Suchanow wirklich nicht nach Moskau kam, mußte man zu ihm kommen. Er dachte dabei an Georgi Andrejewitsch Gasenkow, den verläßlichen ›Sonderbeauftragten‹, der schon siebzehn Aufträge ruhig und diskret erfüllt hatte. Noch bevor

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