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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf die Lieder gelauscht, die sie trällerte. Und er wußte, daß sie jeden Moment aus dem Bad kommen und sich in ihrer überirdischen Nacktheit an den Tisch setzen würde, mit glänzenden, rätselhaft kindlichen Augen, um zu sagen: »Igor, ich freue mich, daß du gekommen bist. Ha, das Bad hat mir gutgetan. Gib mir ein Glas Wein, Igor …«
    Lüge! Alles nur Lüge! Nur ihr Mund sprach warme Töne, innerlich blieb sie kalt. Nur ihr Körper war bereit, ihre Seele aber kapselte sich ab. War es hier anders? Gab sie hier auch ihre Seele hin?
    Sybin wog erneut das Beil in seiner Hand. Die Popmusik setzte wieder ein und übertönte alle Geräusche. Mit zwei Schritten, es war ein kleines Zimmer, stand Sybin dicht hinter Fulton, starrte auf seinen Nacken, seine Schultern, seinen Hinterkopf, es war so einfach, jetzt zuzuschlagen und ihm den Schädel zu spalten, aber er tat es nicht.
    Man erschlägt keinen Mann von hinten. Man muß seinem Gegner in die Augen schauen, muß seine Angst, sein Entsetzen, seinen brechenden Blick genießen, um das Glück des Tötens auskosten zu können. Nur so stellt sich die Befriedigung ein, die Rache vollendet zu haben.
    Sybin holte tief Atem und hob gleichzeitig das Beil.
    »Dreh dich um!« schrie er. »Sieh mich an!«
    Fulton reagierte reflexartig. Er wirbelte herum, sah das blitzende Beil, sprang zur Seite und rollte sich ab, so wie er es gelernt und in zahllosen Kung-Fu-Trainingskämpfen praktiziert hatte. Sybins mörderischer Hieb zerschmetterte den Stuhl. Mit einem wilden Aufschrei stürzte er sich auf Fulton, aber dieser war schon wieder auf die Beine geschnellt, wirbelte um die eigene Achse, hob das rechte Bein und trat aus der Drehung heraus gegen Sybins Brust. Der Schmerz, der Igors Körper durchraste, war so stark, daß ihm das Beil aus der Hand fiel und über den Boden schlidderte. Nach einer Sekunde Verblüffung hatte er begriffen, daß sein Gegner ein Kung-Fu-Kämpfer war, und dann erwiderte er Fultons Angriff mit einem Sprung und einem Handkantenschlag, begleitet von einem hellen Aufschrei.
    Fulton konterte den Hieb mit seiner weitgeöffneten Hand, riß Sybin an sich und warf ihn über die Schulter gegen die Wand. Aber auch Sybin war sofort wieder auf den Füßen und setzte zu einem neuen Sprung an. Hochspringen und in sein Gesicht treten. Igor, das hast du doch vor zwanzig Jahren bei dem Mongolen gelernt, weit weg in Sibirien, am Fluß Ussuri. Damals hast du Tiger geschossen, um zu überleben. Der KGB jagte dich, als seist du selbst ein Raubtier, und es blieb dir nichts anderes übrig, als dich im einsamen Sibirien zu verstecken. Da hast du den Mongolen getroffen, und er hat dich gelehrt, wie man sich verteidigt und wie man überlebt.
    Fast gleichzeitig sprangen Sybin und Fulton in die Höhe und trafen in der Luft aufeinander. Beim Zusammenprall ertönte ein dumpfer Knall, Fulton kam als erster auf dem Boden auf und schlug Sybin die Faust in den Magen. Aber er war nicht schnell genug, der Hieb prallte an Sybins Hüftknochen ab. Gleichzeitig trat Sybin nach hinten aus, traf Fultons Brust und schleuderte ihn gegen das Bett.
    Benommen schüttelte Bob Fulton den Kopf. Er wollte sich aufrichten, als er Sybin auf sich zukommen sah, und er sah auch das lange Messer in dessen Hand, vorgestreckt, um ihn aufzuspießen. Im letzten Moment ließ er sich fallen und rollte zur Seite. Sybin krachte auf das Bett, sein Messer stieß in die Matratze … und dann blieb Fulton wie paralysiert auf dem Boden liegen und starrte auf Natalja.
    Sie war beim ersten Geräusch aus dem Bad gestürzt, nackt und naß, hatte das auf dem Boden liegende Beil mit beiden Händen ergriffen, schwang es jetzt weit über ihren Kopf, und als Sybin vom Bett hochschnellte, sie fassungslos anstarrte und mit sich überschlagender Stimme »Natalja!« schrie, ließ sie das Beil niedersausen, mitten in die Stirn.
    Ein Blutschwall schoß aus dem gespaltenen Schädel hervor und spritzte über Nataljas nackten Körper. Sybin schwankte, suchte Halt, das Blut nahm ihm die Sicht, aber sie wußte, daß er sie ansah. Sein Mund öffnete sich, als wolle er ihr etwas zurufen … da ergriff sie noch einmal das Beil, das neben das Bett gefallen war, riß es hoch und schlug erneut zu. Sybins Hirnschale platzte auf, und erst da brach er zusammen, rollte ihr vor die Füße.
    Natalja warf das Beil weg. Sie sank in sich zusammen, als habe sie keine Knochen mehr, jeder Muskel versagte, sie stürzte kopfüber auf das Bett und blieb unbeweglich

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