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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht gesplittert. Das Projektil mußte durch die Rückenlehne des Sitzes gebremst worden sein, denn sonst hätte es das Schulterblatt durchschlagen. Londricky hatte großes Glück gehabt.
    Nun lag er in einem Einzelzimmer, hatte eine Tetanusspritze und Antibiotika injiziert bekommen und war sehr schwach. Der hohe Blutverlust, denn es war viel Zeit vergangen, bis Lukas und Pflaume ihn zum Revier gebracht hatten. Die Kripo hatte auf Anraten des Chefarztes von einem Verhör abgesehen. »Morgen«, schlug der Arzt vor. »Jetzt befindet er sich in einer Art Dämmerzustand. Und dann die Narkose … Morgen früh ist er wieder klar.«
    Ein Polizist wurde zur Bewachung vor dem Krankenzimmer postiert. Er saß auf einem Stuhl, las Illustrierte und wurde alle zwei Stunden abgelöst.
    Am nächsten Tag war Londricky etwas munterer. Zwei Infusionen hatten ihn gestärkt, er hatte sogar am Morgen zwei Tassen Kaffee und ein Brötchen mit gekochtem Schinken zu sich genommen; als der wachhabende Polizist einmal ins Zimmer schaute, hatte er ihn sogar angegrinst.
    Allerdings änderte sich seine Laune am Nachmittag.
    Aus Wiesbaden und München waren die Sonderermittler angereist, hatten beim LKA noch einmal die Berichte der Grenzpolizisten durchgesprochen und kamen nun, sechs Männer, zu Londricky ins Zimmer. Ein Fachmann vom Bundesnachrichtendienst (BND), Kriminaloberrat Egon Wallner vom BKA, wo man in Anbetracht der ›heißen Sache‹ sofort eine Sonderkommission gebildet hatte, Kriminalobermeister Julius Berger, auch vom BKA, zwei Kommissare vom Dezernat XII in Frankfurt/Oder und der Chef des Landeskriminalamtes. Hinzu kamen noch der Chirurg, der Londricky operiert hatte, und die zuständige Krankenschwester. Sie wurde sofort hinausgeschickt.
    »Keine Störungen!« sagte der Mann vom BND. »Vergessen Sie, daß hier ein Patient liegt.«
    »Aber … es gibt gleich Abendessen.«
    »Er wird schon nicht verhungern.«
    »Vorher muß Fieber gemessen werden.«
    »Auch platzen vor Hitze wird er nicht.«
    Die Krankenschwester sah den Arzt fragend an. Er nickte kurz … alles in Ordnung, ich bin ja da. Sie verließ schnell das Zimmer und atmete auf dem Flur tief durch. Sechs Kriminaler auf einmal, war der Verwundete wirklich so ein gefährlicher Verbrecher?
    Die Herren stellten sich rund um das Bett auf. Das Verhör leitete Oberrat Wallner als Chef der Sonderkommission des BKA. Er hatte sich als einziger auf die Bettkante gesetzt und blickte Londricky eine Weile wortlos an. Londricky hielt diesem Blick nicht lange stand … er drehte den Kopf zur Seite.
    »Spielen wir jetzt kein Theater mehr«, sagte Wallner mit fast gütiger Stimme. »Die Sache ist für Sie gelaufen. Sie wissen, was Sie am Motor kleben hatten? Woher kommen Sie?«
    »Köln. Fordwerke.« Londricky starrte auf die Knie des BND-Beamten, der neben ihm stand.
    »Glauben Sie, wir haben geschlafen?« Einer der Kommissare vom Dezernat XII mischte sich ein. »In Köln ist kein Londricky gemeldet, bei Ford gibt es keinen Arbeiter dieses Namens …«
    »Illegal ich.«
    »Und ausgerechnet bei Ford! Die beschäftigen keine Schwarzarbeiter. Auch Ihr Paß ist gefälscht. Wer sind Sie?«
    »Ich nix sagen …« Londricky schloß die Augen, als sei er wieder sehr schwach. Aber der Arzt schüttelte den Kopf, als Wallner ihn anblickte. Alles Theater, der Kerl ist munter. Die Infusionen haben den Blutverlust ausgeglichen, und ein Kreislaufmittel wurde auch injiziert.
    »Wir haben Ihren Metallkasten gefunden und aufgemacht. Sie wissen, was Sie im Motorblock transportiert haben?«
    »Ich nix reden.«
    »Reines Lithium 6, zweihundertsiebzig Gramm!«
    »Nix verstehen.«
    »Wo sollten Sie das Lithium abgeben?«
    Schweigen. Londricky streckte sich im Bett aus. Laßt mich in Ruhe, Bullen, glaubt ihr wirklich, ich singe? Eher kriegt ihr einen Grabstein dazu, die Biographie des Toten unter ihm zu erzählen.
    »Nun mach keinen Ärger, Junge.« Oberrat Wallner beugte sich etwas nach vorn. Seine jovial-väterliche Art hatte manchmal Erfolg gezeigt; nun versuchte er es auch hier. »Jemand hat dich beauftragt, das Lithium 6 zu einem Abnehmer zu transportieren. Dafür bekommst du höchstens fünf Jahre Gefängnis; wenn du die Wahrheit sagst, kann man auch darüber verhandeln. Man könnte das so hindrehen, daß nur eine Geldstrafe drin ist … wegen Ordnungswidrigkeit. So idiotisch sind unsere Gesetze, wer denkt denn schon daran, daß jemand in Deutschland mit Atomschmuggel auffällt? Unsere Politiker verschlafen

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