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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zugunsten des eigenen Wohlstandes.
    Zu den Betroffenen, die darauf warteten, in Pension geschickt zu werden, gehörte auch Oberst Konstantin Petrowitsch Micharin. Er hatte drei KGB-Chefs überlebt, war mit Orden behängt worden und sah nicht ein, daß er, ein so hochdekorierter Offizier und Genosse, in die Wüste geschickt werden sollte, nur weil er ein treuer und überzeugter Kommunist war. Zu seiner Abteilung gehörte auch die politische Überwachung von drei Atomkombinaten, unter anderem auch die des geheimnisvollen Semipalatinsk. Er selbst hatte seine Dienststelle in Tomsk. Dort lebte er fast wie ein kleiner König, residierte privat in einer alten Villa aus der Jahrhundertwende, war eine geachtete, aber auch gefürchtete Persönlichkeit, hatte vor zwei Jahren seine Frau Jelena zu Grabe getragen und lebte nun als lustiger Witwer, der sich ab und zu eine Gespielin leisten konnte. Für jede der jungen Frauen, die sein Schlafzimmer kannten, war das ein Gewinn: Sie hatten keine Sorgen mehr. Alles, was sie brauchten und was knapp war, besorgte Oberst Micharin. Und jeder war erfreut, Micharin dienlich sein zu können. Das gegenseitige Händewaschen gehörte von jeher zum Lebensstil der Russen … so wie überall auf der Welt.
    Als politischer Wachmann kannte Micharin natürlich den hochgelobten Professor Kunzew und auch dessen Tochter Nina Iwanowna. Sie arbeitete als Ärztin im Krankenhaus Nr. I in Semipalatinsk, war Fachärztin für Lungenkrankheiten, mit zweiunddreißig Jahren noch unverheiratet, obwohl sie ein hübsches Gesicht und einen schlanken Körper hatte. Kollegen wußten angeblich den Grund ihrer Ehelosigkeit: »Sie ist zu intelligent, zu klug, zu beherrschend. Ein Mann müßte sich ihr unterordnen, aber welcher Mann tut das? Es müßte also ein Mann ran, der ihr geistig überlegen ist. Wo aber ist so einer?«
    Oberst Micharin hatte nach dem Tod seiner Frau Jelena mehrmals versucht, Nina Iwanowna zu überzeugen, daß sie in seinem Bett bestens aufgehoben wäre – ohne Erfolg. Der Titel Oberst imponierte ihr nicht, den KGB haßte sie sowieso, fünfundzwanzig Jahre Altersunterschied waren auch nicht ihr Fall, und da auch Micharins Bildung nicht ausreichte, um mit ihr geistreich zu plaudern, war er sofort aus dem Rennen. Nicht einmal Napoleon III. kannte er und verwechselte ihn ständig mit Napoleon I. Das war für Nina unerträglich. Dagegen hatte sich mit Professor Kunzew eine gute Freundschaft entwickelt; Micharin sagte Iwan zu ihm, und Kunzew sagte Konstantin zu Micharin, man duzte sich und sprach lange Abende über Politik, die Zukunft Rußlands und wo alles hintrieb nach Gorbatschow und Jelzin. Auch Kunzew war ein alter Kommunist, die Partei hatte ihn gefördert und zum Chef der militärischen Nuklearforschung gemacht … nun stand auch für ihn die Entlassung bevor, wenn Semipalatinsk verkleinert oder gar aufgelöst werden sollte.
    Das alles wußte Sybin! In der Zentralverwaltung des KGB saß sein Informant, der monatlich einen stattlichen Geldbetrag in die Hand gedrückt bekam. Was die Zentrale nicht wußte, das war der Plan Micharins, mit Professor Kunzew zusammen einen Atomhandel aufzuziehen.
    »Natalja, mein Schweinchen –«, sagte Sybin im Mai 1993, nachdem sie im Tropical zu Abend gegessen und Nataljas Nachfolgerin beim Striptease begutachtet hatten. Sie konnte in keiner Weise Natalja ersetzen, weder was die Figur noch was die Tanzdarbietungen und schon gar nicht was die Erotik der Darstellung anbelangte. Nataljas Bärchennummer war eben einmalig gewesen. »Du mußt auf Reisen gehen.«
    »Wohin?« fragte sie. Daß Sybin sie Schweinchen nannte, war sie gewöhnt. Beim ersten Mal hatte sie geantwortet: »Was willst du, du Drecksau?!« Aber dann hatte sie sich gesagt, daß es besser sei, Schweinchen genannt zu werden, statt Prügel zu beziehen, wie die Freundinnen anderer Mafiagrößen.
    »Nach Sibirien. Genauer gesagt, nach Semipalatinsk in Kasachstan.«
    »Kasachstan? Warum nicht gleich zum Mond?«
    »Weil es auf dem Mond keinen Micharin und Kunzew gibt.«
    »Wer sind diese Männer?«
    »Idioten. Sie drängen in unser Geschäft. Du mußt erfahren, was genau sie vorhaben und wie sie ihr Geschäft aufbauen wollen. Vor allem, ob sie schon Abnehmer haben.« Sybin grinste breit. Seine linke Hand mit den vier beringten Fingern tätschelte Nataljas Unterarm. »Eine leichte Arbeit für dich, Täubchen. Micharin ist Witwer, siebenundfünfzig Jahre alt, hinter den Weibern her wie ein Karnickelbock. Kunzew

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