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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist Atomphysiker, Professor, neunundfünfzig Jahre alt, Fanatiker in seinem Beruf, vereinsamt trotz einer Tochter, die Ärztin ist, ein Pessimist, dem nur eines fehlt, um wieder Freude am Leben zu haben: ein Vögelchen wie du! Aus ihm mußt du herauskitzeln, was sein Institut alles liefern kann, wann und wieviel.«
    Natalja behagte dieser neue Auftrag gar nicht. Sie trank einen Schluck georgischen Wein, schaute mißmutig auf die Bühne, wo die Tänzerin ihren etwas zu kleinen Busen herumschaukelte, gar kein Vergleich zu Nataljas üppigen, aber straffen Brüsten, und schüttelte dann den Kopf.
    »Nicht?« Sybin starrte sie verwundert an. Das gibt es doch nicht: Sie sagt nein?! »Du willst nicht?« fragte er, um ganz sicher zu sein.
    »Habe ich das gesagt?«
    »Du hast den Kopf geschüttelt.«
    »Ich habe daran gedacht, daß du mir immer alte Männer an den Hals hängst. Siebenundfünfzig und neunundfünfzig … vorher sechzig und sogar einundsiebzig, der war auch noch impotent. Du scheinst völlig zu vergessen, daß ich erst zweiundzwanzig bin!«
    »Geschäfte unserer Art erfordern Opfer.« Sybin atmete auf. Natalja wurde nicht rebellisch … das wäre ein großes Problem geworden. »Die wichtigsten Männer haben eben ein gewisses Alter, sonst wären sie nicht wichtig. Und je älter, um so geiler, das ist ja dein und mein Grundkapital. Ich denke da an einen Spruch von meinem Vater, der so ähnlich klang: Je älter man wird, um so schamloser wird man. Das ist es, Schweinchen: Man muß die Schamlosigkeit ausnutzen, um einen Menschen gefügig zu machen. Du verlierst ja nicht deine Seele dabei. Hast du überhaupt eine Seele?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Jeder Mann läßt dein Herz kalt, nur dein Körper steht in Flammen! Auch bei mir! Ist es so?«
    »Sei froh, daß es so ist. Wie könnte ich sonst deinen Befehlen folgen.«
    »Wünschen. Es sind Wünsche, Natalja.«
    »Wann soll ich fliegen?«
    »Morgen schon.«
    »So plötzlich?«
    »Wer zuerst kommt, schöpft die Sahne ab. Mit Magermilch hatte ich noch nie zu tun.«
    Sie verließen das Tropical bald nach der ersten Vorführung. Das Flugzeug nach Alma Ata, der Hauptstadt Kasachstans, flog sehr früh von Moskau ab.
    So kam Natalja Petrowna an die chinesische Grenze, nach Semipalatinsk.
    Sie mietete ein Zimmer im Hotel Kasachstan, schlief nach dem weiten Flug zehn Stunden lang, duschte sich dann und legte ein diskretes, aber dennoch sehr effektvolles Make-up auf und rief Professor Kunzew an. Die Telefonnummer hatte sie von Sybin bekommen, denn Kunzews Nummer stand in keinem Telefonbuch.
    Kunzew war – wie das Institut mitteilte – zu Hause in seiner Wohnung. Er hatte sich krank gemeldet, sein altes Leiden: ein Magengeschwür. Das vierte innerhalb von zehn Jahren. Seine Tochter Nina hatte ihn im besten Krankenhaus von Fachärzten untersuchen lassen. Kein Krebs, Gott sei Dank. Nur der ständige Ärger, und man weiß ja, daß Ärger Magengeschwüre erzeugt. Ein Rätsel der Medizin. Warum erzeugt psychische Belastung eine manifeste Krankheit?
    Am Nachmittag gegen sechzehn Uhr klingelte Natalja an Kunzews Tür. Erstaunt sah er die schöne Frau an.
    »Ja?« fragte er. »Sie wünschen?«
    Kunzew war ein mittelgroßer Mann mit der etwas gelblichen Gesichtsfarbe aller chronisch Magenkranken, bei denen auch die Leber angegriffen ist. Sein Haar war weiß, er ging etwas gebückt mit einem kyphosischen Rücken, der aber nicht so stark ausgebildet war, daß man ihn einen Buckel hätte nennen können. Als Kind war er rachitisch gewesen durch Mangelernährung, und so entstand im Alter eine Adoleszentenkyphose, ein leichter Scheuermann, wie man es auch nennt. Und dies trug natürlich zu seiner psychischen Mißstimmung bei.
    »Ich komme aus Moskau. Sie sind Professor Kunzew?«
    »Ja.«
    »Ich soll Sie grüßen von Irena Karlowna.«
    »Irena Karlowna? Kenne ich nicht. Aber, bitte, kommen Sie doch herein.«
    Natalja betrat die kleine Wohnung … ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, eine winzige Küche, eine Dusche im WC. Eingerichtet mit Möbeln aus den sechziger Jahren. Das Glanzstück war ein Sofa mit einem grünen Plüschbezug, Kunzews Lieblingsplatz. Und sogar ein Fernseher stand auf einer alten, geschnitzten Kommode, einem Erbstück von Kunzews Mutter.
    Natalja empfand zum ersten Mal so etwas wie Mitleid, wenn sie daran dachte, diesen biederen Mann betören und gefügig machen zu müssen. Aber er war, wie Sybin ihr erklärt hatte, eine Schlüsselfigur im großen Atomspiel.
    »Darf ich

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