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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in den Wagen ein. »Ich möchte die Atomstadt sehen«, sagte sie wie ein trotziges Kind. »Sie liegt doch, wie man sich erzählt, zwischen hier und der Stadt Ost-Kamenogorsk.«
    »Ich kenne keine Atomstadt …«
    »Warum lügen Sie, Genosse?«
    »Ich habe eine Frau und drei Kinder. Außerdem wohnen bei mir mein Großvater und die Mutter meiner Frau; für alle muß ich sorgen.«
    »Was hat das mit den Atomwerken zu tun?«
    »Ich kann es mir nicht leisten, tagelang eingesperrt zu werden. Sie etwa? Darum kenne ich keine Atomstadt.«
    »Haben Sie schon einmal den Namen Professor Kunzew gehört?«
    »Nein.«
    »Iwan Semjonowitsch ist Abteilungsleiter im Atomwerk. Von ihm weiß ich, daß es ein großes Forschungsinstitut gibt.«
    »Dann soll der Professor Sie hinführen, Genossin.«
    Natalja griff in ihre Handtasche und holte einige Dollarnoten hervor. Der Taxifahrer schielte darauf und riß sich dann aber von dem verführerischen Anblick los. Er schüttelte erneut den Kopf.
    »Diesen Ausflug kann man nicht bezahlen, Genossin. Es gab schon einige dumme Menschen, die in die Sperrzone eingedrungen sind. Die Wachen schossen sofort auf sie. Ein Toter, vier Schwerverletzte. Sollen meine drei Kinder Waisen werden?«
    »Ich will ja gar nicht in die Sperrzone. Ich will nur von weitem …«
    »Da sehen Sie gar nichts, Genossin. Absolut nichts. Am Himmel vielleicht weiße Rauchwolken aus den Schornsteinen, und was haben Sie davon?«
    »Ich kann zu Hause in Moskau erzählen: Freunde, ich habe Rußlands großes Geheimnis gesehen! Das wird sie neidisch machen.« Natalja benahm sich kindisch, aber es war die letzte Möglichkeit, den Taxifahrer zu überreden.
    »Ich fahre nur bis zu den Schildern ›Weiterfahrt verboten! Lebensgefahr!‹« sagte er zögernd. »Und wenn wir auf eine Patrouille der Armee treffen …«
    »Sage ich dasselbe. Sie werden doch nicht eine neugierige Frau verhaften, die außerhalb der Sperrzone steht …«
    »Alles ist möglich. Die Soldaten sind dort sehr empfindlich.«
    Der Fahrer nahm die Dollarscheine, die Natalja noch immer in der Hand hielt, mit einem schnellen Griff an sich, ließ den Motor an und fuhr Richtung Südosten.
    Eine halbe Stunde später hielten sie vor einem Stacheldrahtzaun. Er war über zwei Meter hoch und sperrte die Straße ab. Das große Warnschild leuchtete Natalja entgegen.
    Sie stieg aus, ging bis zu dem Zaun und blickte über die Todeszone. In der Mitte eines Hügelgeländes erhob sich ein hölzerner Wachturm. »Die sehen uns jetzt«, sagte sie.
    »Fahren wir zurück, Genossin.«
    Der Taxifahrer wurde ungeduldig. Der Anblick des Wachturms drückte auf sein Herz. Er wollte nicht abwarten, bis eine Streife zu ihnen herkam und sie verhörte.
    »Wo ist der Eingang zu dem Atomforschungsinstitut?« fragte Natalja.
    »Im Westteil.«
    »Können wir dorthin?«
    »Ja … aber es nutzt Ihnen nichts. Es ist dort ebenso einsam wie hier. Nur eine breite Betonstraße, doppelt abgesperrt, und ein Wachhaus der Armee. Da kommt man nur mit einem Ausweis hinein, und dann muß man noch zwei Kilometer auf der Straße fahren, bis man die ersten Gebäude sieht.«
    »Sie reden, als ob Sie schon dortgewesen sind.«
    »Einmal. Durch Zufall. Ich habe am Flughafen gestanden, da kommt ein Funktionär auf mich zu, springt in mein Auto und schreit mich an: ›Los! Fahr mich zum Institut. Ich hab's eilig.‹ Und als ich antworte: ›Genosse, da darf ich nicht hin!‹, brüllt er mich an: ›Mit mir darfst du alles, du Schaf! Fahr los, oder ich spucke dir in den Nacken!‹ Das war noch zur Zeit von Breschnew. Und tatsächlich, wir kommen durch die Wache. Die salutiert sogar! Ich weiß bis heute nicht, wer der hohe Genosse gewesen ist. Aber was war schon zu sehen? Eine Menge ein- oder zweistöckiger Gebäude, herumlaufende Menschen in weißen Kitteln oder Schutzanzügen, ein paar große, runde Schornsteine … nichts Geheimnisvolles. Trotzdem war ich froh, als ich wieder jenseits der Sperre war. Gas geben, dachte ich mir. Drück auf das Pedal. Es war wie eine Flucht.«
    Es war neun Uhr abends geworden, als Natalja den Speiseraum des Hotels betrat. Sie hatte Sybin vom Zimmer aus angerufen und ihm berichtet, was sie gesehen und gehört hatte.
    »Die Einladung morgen abend bei Kunzew ist ein guter Anfang!« sagte er zufrieden. »Mach dem Alten den Kopf so heiß, daß er Feuer spuckt. Und bremse dich im Bett. Wir brauchen ihn dringend … beschere ihm keinen Herzinfarkt!«
    »Ich weiß, was ich zu tun habe!«
    »Das meine

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