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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kognak ein und brachte das Glas Natalja. »Lassen wir das Leben hochleben!«
    »Sie trinken nichts?«
    »Keine harten Sachen. Ein Bier, ein Weinchen – das ist erlaubt. Mein Magen ärgert mich seit Jahren. Übrigens – wir erwarten noch einen Gast. Einen lieben Gast.«
    »Das ist deine Meinung, Vater.«
    »Nina mag ihn nicht. Dabei ist er ein stattlicher Mann, Witwer obendrein, eine gute Partie. Ha! Da ist er schon.«
    Die Klingel schrillte. Kunzew lief hinaus zur Tür. »Ich freue mich, dich zu sehen!« hörte man ihn rufen. »Drei Wochen warst du nicht mehr in der Stadt. Drei Wochen sind eine lange Zeit für einen Freund.«
    Und dann trat der Gast ins Zimmer, blieb mit einem Ruck stehen und starrte Natalja an. Auch sie war einen Augenblick verblüfft, aber nur einen Wimpernschlag lang. Sie hatte sich gut unter Kontrolle und reagierte schnell.
    »Sie?« fragte sie gedehnt.
    »Und Sie!« Micharin brauchte etwas länger, bis er sich gefaßt hatte. »Ich beginne, an Wunder zu glauben, an eine Fee, die heimliche Wünsche erfüllt.« Micharin deutete eine stramme Verbeugung an, ganz Offizier, die Hacken zusammengeschlagen. »Mein Name ist Konstantin Petrowitsch Micharin.«
    »Oberst des KGB!« ergänzte Nina. So kann man einen Menschen mit Worten anspucken.
    Nun war es an Natalja, Haltung zu bewahren. Das also ist Oberst Micharin. Das ist Sybins Feind, den ich unschädlich machen soll. Und er wird mir gereicht wie auf einem Tablett. Wie in der Oper Salome ist es … man bringt mir den Kopf des Micharin. Ist das Schicksal nicht eine Kupplerin? Ich erreiche das Ziel, indem mir das Ziel entgegenläuft.
    »Sie kennen sich?« fragte Kunzew erstaunt.
    »Wir haben uns gestern beim Abendessen im Hotel gesehen. Wie darf ich Sie anreden?«
    »Natalja Petrowna.«
    »Wir haben sogar den gleichen Vatersnamen … welch ein schöner Zufall!« Micharin mobilisierte allen Charme, von dem er glaubte, keine Frau könne ihm widerstehen. »Geben Sie mir Ihre Hand. Ich will sie küssen.«
    »Wir sind Kommunisten, Oberst, und keine dekadenten Franzosen.«
    »Wir verkörpern ein neues Rußland … und Rußland liebte schon immer die französische Kultur. Jede angesehene Familie leistete sich einen französischen Hauslehrer.«
    »Das war zur Zeit der Zaren.«
    »Herrscht Jelzin nicht wie ein Zar?« Er begrüßte jetzt erst Nina Iwanowna, indem er ihr zunickte. Sie hatte einen starren Gesichtsausdruck bekommen, und in ihrem Blick lag Vernichtung. »Es riecht köstlich aus der Küche …«
    »Täubchen, gefüllt mit Rosmarinblättern und zarter Leber«, sagte Kunzew. Er spürte die Peinlichkeit des Augenblicks. »Setzen wir uns doch, liebe Gäste. Konstantin, ich weiß, du trinkst gerne einen Mautai.«
    »Ich trinke alles, was mein Blut belebt.« Micharin sah Natalja an und lächelte ihr zu. Und – Micharins Herz begann lauter zu klopfen – sie lächelte verhalten zurück. An diesen Abend wirst du noch lange denken … morgen früh bist du warmes Wachs in meinen Händen.
    Es wurde ein gemütlicher Abend, so ganz nach dem Geschmack von Professor Kunzew: gutes Essen, vorzüglicher Wein, Harmonie am Tisch, ein fast jungenhafter Micharin, der Anekdoten aus seiner Jugend und aus dem KGB erzählte, über die sogar Nina lächeln mußte, und oft, sehr oft sah Kunzew zu Natalja hinüber und bewunderte sie im stillen. Dieses Gesicht mit den schrägen, schwarzen Augen und den hohen Wangenknochen, dieser Hals wie bei einem Schwan, diese Schultern und diese Brüste, die durch die dünne Bluse zu ahnen waren, der schlanke Körper und die langen Beine … Nicht nur bei den Blumen kann die Natur zaubern, auch bei den Menschen. Natalja war ein Sonnenkind für ihn.
    Sichtlich traurig war er, als Natalja auf ihre Uhr blickte und sagte: »Oje, gleich Mitternacht. Professor Kunzew, so spät sollte es nicht werden.«
    »Es ist so gemütlich.« Kunzew sah Natalja bittend an. »Abschied ist wie ein Schnitt, der alles durchtrennt.«
    »Auch ich muß leider dieses gastliche Haus verlassen«, ließ Micharin wissen. »Ich bin dienstlich hier und habe morgen noch viel zu tun.« Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Dann ergriff er Nataljas Hand und zog sie hoch. Nina preßte fest die Lippen aufeinander. »Natalja Petrowna, darf ich Sie mit meinem Wagen zum Hotel zurückbringen?«
    »Eine gute Idee.« Kunzew war voller Arglosigkeit. Micharin war sein Freund, und was wäre Freundschaft ohne Vertrauen? »Draußen regnet es. Wasser, wie aus Kübeln geschüttet. Ich bin

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