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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unter ihrer Bluse ahnen konnte, runde, feste Formen und unter dem bis zur Erde reichenden Rock lange Beine. Sie blickte Sybin mit Neugier an und blieb mitten im Zimmer stehen. In dem Licht des kristallenen Kronleuchters sah sie schön aus.
    »Das ist Wawra Iwanowna Jublonskaja«, rief Suchanow stolz. »Und das ist mein Chef, Igor Germanowitsch Sybin. Habe ich zuviel versprochen? Ein Juwel ist sie, ein Juwel, sage ich. Und sie arbeitet in der Wiegekontrolle. Durch ihre Hände läuft jedes Gramm Plutonium 239. Kein Körnchen kommt ungewogen an ihr vorbei.«
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Igor Germanowitsch«, sagte Wawra. Sie hatte eine warme, dunkle Stimme, die jedes Wort zu einem Streicheln zu machen schien. »Nikita Victorowitsch hat mir viel von Ihnen erzählt. Es ist zu gütig von Ihnen, daß Sie ihn zum Direktor befördern wollen …«
    Sybin warf einen Blick hinüber zu Suchanow. Halunke! In den Hintern trete ich dich! Direktor! Du wirst für deine Arbeit einen Bonus bekommen, das ist alles … wenn die Arbeit gut war.
    »Nikita hat eine Belohnung verdient!« antwortete Sybin. »Er wird sie bald bekommen.«
    Verlegen stellte Suchanow die Wodkaflasche auf den Tisch neben den großen Begrüßungsblumenstrauß und zuckte die Schultern. Versteh mich nicht falsch, sollte das heißen. Ich mußte ein wenig übertreiben, um ihr zu imponieren. Direktor hört sich besser an als Abteilungsleiter. So ein Titel erzeugt Vertrauen. Und außerdem ist Wawra eine wählerische Frau, die weiß, wie interessant sie ist. Jetzt hat sie einen langen Rock und eine sittsame, weite Bluse an … aber man sollte sie mal im Bikini sehen, wenn sie aus den Wellen des Jenissei steigt! Dort, am Ufer des Stroms, habe ich sie kennengelernt und sofort zugegriffen, als sie mir von Krasnojarsk-26 und ihrer Arbeitsstelle erzählte. Das ist ein Glücksfall, Igor Germanowitsch.
    »Setzen wir uns«, sagte Sybin und ließ wieder das umwerfende Lächeln um seine Lippen spielen. »Das Essen wird gleich serviert. Ich habe Schtschisuppe bestellt, dann Piroschki, gebackenen Zander nach Moskauer Art, paniertes Hähnchen à la Kiew und zum Nachtisch Moroshenoje, das beste Eis mit heißen, honiggesüßten Multebeeren. Sie können aber auch etwas anderes wählen, Wawra Iwanowna, wenn Ihnen mein Vorschlag nicht gefällt. Bestimmen Sie …«
    »Zuerst trinken wir einen Goldenen Ring«, rief Suchanow vom Tisch her. »Denken wir immer an die alte Weisheit der Russen: ›Schmeckt der Wodka nicht mehr, dann gehe zum Sargtischler!‹«
    »So kenne ich Nikita Victorowitsch gar nicht!« Sybin führte Wawra in das Eßzimmer der Suite. »Sie haben ihn völlig verwandelt! Er ist ein anderer Mensch geworden. Man darf Ihnen gratulieren, Wawra Iwanowna.«
    »Er ist ein lieber Mensch«, sagte Wawra schlicht. »Es freut mich, daß Sie soviel von ihm halten und sein Freund sind.«
    Suchanow hüstelte verlegen, brachte dann die Wodkagläser und sah Sybin flehend an. Bitte verraten Sie mich nicht. Haben Sie ein Herz mit einem frisch Verliebten. Sehen Sie sich diese Frau an, lohnt es sich nicht, dafür ein wenig zu lügen? Seien Sie nachsichtig mit mir, Igor Germanowitsch.
    Sie prosteten sich zu und setzten sich an den großen runden Tisch des Eßzimmers.
    »Ich bin mit der Wahl Ihres Abendessens sehr zufrieden«, sagte Wawra. »Bleiben wir dabei.«
    »Sie schenken mir wahre Freude.« Sybin hielt sich nicht mit langen Vorreden auf. Ein Einkreisen des Themas war jetzt nicht mehr nötig. »Nikita hat Ihnen erzählt, warum wir hier zusammenkommen?«
    »Er deutete es an.«
    »Dann werden wir jetzt deutlicher: Ich brauche Plutonium 239. Jede mögliche Menge.«
    Wawra war weder erstaunt noch entsetzt – vielmehr veränderte sich ihr Gesicht: Es erstarrte zu einer Maske, Pokerface nennen es die Amerikaner – die Miene eines knallharten Verhandlers.
    Sie ist ein eiskalter Typ, dachte Sybin. Ein Marmorklotz, den man behauen muß. Im Bett sind solche Weiber ein Naturereignis, aber mit ihnen Geschäfte zu machen, das ist Schwerstarbeit. Wenn du an ihr kleben bleibst, Nikita, hast du zukünftig nichts mehr zu melden. Sie entmannt dich auf die liebenswürdigste Weise.
    »Was wollen Sie mit dem Plutonium?« fragte Wawra.
    »Es verkaufen.« Sybin lehnte sich zurück. »Man braucht es außerhalb von Rußland.«
    »Ein tödlicher Handel, Igor Germanowitsch.«
    »Die Dollars wiegen das Risiko auf. Klar gefragt: Können Sie Plutonium beschaffen?«
    »Eine klare Antwort: Ja.« Wawra Iwanownas

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