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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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stellte und ihn aufforderte, mit nach oben zu kommen, um den Probelauf mit der Abfüllanlage zu starten.
    »Ich wollte Herrn Hellberger noch die Maschinen zeigen,den neuen Schlepper und die Spritzmaschine, weil wir jetzt damit ständig unterwegs sind, er könnte sie fahren …«
    »Das kann warten, das Abfüllen nicht!«
    Es war ein Wunder, wie Klaus den rüden Ton des Kellermeisters ertrug. Wieso mache ich mir Gedanken darüber, was andere ertragen, ich habe mir weitaus Schlimmeres gefallen lassen, dachte er, aber er fühlte sich doch veranlasst, zu vermitteln, zumindest wollte er mäßigend eingreifen.
    »Nachdem der junge Mann«, er zeigte auf Klaus, »mir den Keller gezeigt hat, frage ich mich, wie Sie mit so wenigen Leuten das alles bewerkstelligen, denn es kommt ja noch die Arbeit im Weinberg hinzu.«
    Unwillig gab Bischof die Antwort. »Im Weinberg arbeiten wir mit Fremdfirmen, was die Laub- und Bodenarbeiten angeht. Wir könnten uns die nötigen Maschinen gar nicht leisten, und die Leute dazu, dafür ist der Betrieb zu klein. Wir haben gerade mal vierzehn Hektar. War’s das?«
    »Ja, das war’s«, sagte Georg lächelnd und glaubte, dass er Bischof nur mit gnadenloser Freundlichkeit begegnen konnte, bis der sein überflüssiges Getue aufgab. Georg bedankte sich bei Klaus mit Handschlag und nickte Bischof jovial zu. »Schönen Tag noch!« Der Kellermeister sollte ruhig merken, dass er sich ins Abseits manövrierte.
    In der Halle warf er noch einen Blick auf den Trecker, Traktor oder Schlepper, wie immer die Dinger genannt wurden. Worin der Unterschied bestand, konnte er nicht sagen, dieses Fahrzeug war wesentlich kleiner und schmaler als andere Traktoren, die er kannte, und er blieb hilflos vor einem Gerät stehen, an dem ihm nur das übergroße Gebläse bekannt vorkam.
    »Das ist unsere Spritzmaschine!« Für Bischof war damit alles gesagt.
    »Damit bekämpfen wir Peronospora und Oidium, zwei Pilzarten, Falscher Mehltau und Graufäule«, sagte Klaus hoch erhobenen Hauptes. Er war Manns genug, Bischof seineGrobheit deutlich vorzuhalten. »Beides bekämpft man vorbeugend im Weinberg und mit Fungiziden, beide Pilzarten wurden im vorletzten Jahrhundert aus Amerika eingeschleppt …«
    Da kommt vieles her. Georg dachte an die Firma, die er als Geschäftsführer geleitet und zu deren Erfolg er beigetragen hatte. Er wandte sich ab und verließ leise die Halle. Er wollte den Streithähnen nicht länger als Katalysator dienen. Der letzte Satz des Jungen hatte ihn wieder in seine Wirklichkeit zurückgebracht.
    Waren sie hier? Beobachteten sie ihn? Er wusste, dass COS das Strategiepapier unbedingt wiederhaben musste. Wenn Baxter ihn beobachten ließ, dann sicherlich nicht von Leuten, die er womöglich selbst eingestellt hatte.
    Während er sich in Richtung Bäckerei wandte, dachte er darüber nach, ob das beschaffte Material in seinen Depots sicher war. Er war nicht so dumm gewesen, es nur seinem Anwalt zu überlassen. Den kannte seine Frau, und der vertrat ihn auch bei der Anfechtung der fristlosen Kündigung. Da brauchte man nur in die Kanzlei einzubrechen. Ein Satz Kopien lag bei seinem ersten Judolehrer, Zuko Li. Den kannte niemand, das glaubte er zumindest, jedenfalls hatte er den Namen auch Miriam gegenüber nie erwähnt, denn auch sie musste er zu seinen erklärten Feinden rechnen.
    So verraten wie er hatten sich wahrscheinlich die Opfer der Stasi gefühlt, die vom Ehepartner bespitzelt worden waren. Das zeigte ihm, dass es niemals um Systeme ging, nicht um Kapitalismus oder Sozialismus, es ging immer nur um den Menschen und um Macht. Sicher, manche Systeme förderten die unguten Eigenschaften, brachten sie zum Blühen, und andere Eigenschaften verkümmerten. Er sah Jasmin vor sich, wie sie, wenn er sie im Auto mitnahm, beim Einsteigen auf ihr Smartphone starrte, in der Erwartung einer wichtigen E-Mail. Beim Aussteigen tat sie das Gleiche. Und wenn er sie irgendetwas fragte, kam ihr stereotypes »Papa, dunervst!«. Wurde hier der Gesichtskreis der heranwachsenden Generation bewusst auf siebenundsiebzig Quadratzentimeter verengt, damit niemand den Kopf mehr hob, damit Unternehmen wie COS die politischen wie die wirtschaftlichen Räume besetzen und die Politiker kontrollieren konnten? Litt er an Paranoia, hing er Verschwörungstheorien an, oder war es das Szenario der Zukunft?
    Dann hatte Jasmin eines Tages darauf bestanden, »Jas« genannt zu werden, ausgesprochen wie das englische Jazz . »Wahnsinnig cool«,

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