Tödlicher Steilhang
gehörte dem Executive Committee der von Rockefeller gegründeten Trilateralen Kommission an, genau wie die Bilderberger, die gern die geheime Weltregierung spielten. Solche Leute brauchte COS.
Ganz zu Anfang, als erste Zweifel aufgekommen waren, hatte er mit Miriam über seine Bedenken gesprochen. Sie hatte sofort mit dem Totschlagargument gekontert, er wolle nicht für seine Familie sorgen. Schließlich habe er Verantwortung, und dafür müsse man die Zähne zusammenbeißen. Moral? »Dafür gibt dir kein Schwein einen Euro!«
Je mehr er sich sträubte, desto bissiger wurden ihre Attacken, sie hatte ihn irgendwann mal angeschrien, ob er glaube, als Nachtwächter oder Geldbote ihr Haus, die Autos und die Kinder weiter finanzieren zu können.
»Den Tennisclub hast du vergessen«, hatte er ruhig geantwortet, »den Bridgeclub, die Fußpflege, die Massage, deine Modistin«, so lapidar, als würden ihre verletzenden Worte ihn nicht berühren, woraufhin sie ihn nur entgeistert angestarrt hatte. In diesem Moment hatte er begriffen, dass es ihr absolut gleichgültig war, was er dachte, wie er fühlte – Hauptsache, er brachte Geld nach Hause. Und dann hatte sie sich mit Jason Baxter getroffen. Im selben Restaurant hatte zufälligein Bekannter gegessen, den sie nicht gesehen und der ihn anschließend benachrichtigt hatte. Der Parkzettel hatte das Treffen bestätigt. Miriam war so dämlich, Baxters private Telefonnummer auf ihrem iPhone zu speichern, und der hatte schließlich treu lächelnd gemeint, dass es sicher nett wäre, wenn sie gemeinsam mit ihren Frauen ausgehen würden, das stärke den Zusammenhalt.
Den Wagen seiner »Betreuer« erkannte Georg von Weitem, die geschwungene Kette kleiner Lämpchen unter dem Scheinwerfer war unverkennbar, das Profil des Fahrers ebenfalls. Auch das hatte er gelernt, sich die Gesichter anderer einzuprägen, auf Markantes zu achten, Erinnerungsbrücken zu bauen. Er hatte es lange nicht praktiziert, aber die Leitsätze ihrer Arbeit waren schnell wieder parat. Er ging dem Wagen nach, der zum Marktplatz abbog, wo die Bühne aufgebaut worden war. Er war gespannt, wer morgen hier auftrat.
Heute war es ein dunkelblauer Toyota, er stand vor dem Haus mit dem grünen Tor. Was wollten sie hier in der Nacht? Er ertappte sich bei dem Gedanken, sie zu fragen. Nein, er war zu aufgewühlt, es könnte Streit geben. Es reichte zu wissen, dass sie hier waren, er konnte sich darauf einstellen.
Morgen werde ich mir in Trier einen Leihwagen besorgen, dachte er, als er ins Bett fiel. Die Überlegung, was zu tun sei, um der Bedrohung durch COS zu entgehen, ließ ihn nicht schlafen, bis er nach der Schachtel Rohypnol griff, zwei Tabletten schluckte und zehn Minuten später ins Koma fiel.
Klaus holte ihn am nächsten Morgen da raus. Es war neun Uhr, er wummerte bereits an der Tür, rief, er habe ihn angerufen, habe geklingelt, nichts habe genutzt, nur Faustschläge.
»Sind Sie versackt?«, fragte er, als Georg noch immer benebelt im Morgenrock vor ihm stand.
»Mindestens acht Kleine werden’s gewesen sein«, krächzteer, von der eigenen Stimme überrascht. »Es waren zwei Runden, also zweimal vier, alle verschieden, ich weiß gar nicht mehr, was alles, jedenfalls alle von anderen Winzern.«
»Sie meinten das ernst mit dem Besuch bei Clemens Busch? Übrigens ist die Veranstaltung zur Brücke erst morgen, also können wir uns Zeit lassen. Haben Sie was vom Chef gehört?«
Es war besser, Nein zu sagen, was auch der Wahrheit entsprach. Georg wusste nicht, ob der Junge in die Vorgänge in Italien eingeweiht war. Sauter würde es ihm nach seiner Rückkehr sicher erzählen.
»Das mit Busch ist mir ernst. Sie müssen mir nur Zeit zum Waschen und Anziehen geben. Trinken Sie einstweilen einen Kaffee in der Schänke, auf meine Kosten. Ich komme hin.« Ihm hingegen würde kaltes Wasser guttun.
Als er kurz darauf aus dem Haus trat, war der Toyota verschwunden, dafür stand das grüne Tor offen, im Hof spielten die beiden Jungen, und als hätte der jüngere es bemerkt, drehte er sich um und winkte Georg, es schien, als zögere er, ob er zu ihm laufen sollte. Georg grüßte kurz und ging weiter. Es war ein strahlender Tag. Das Licht war noch weich, geschmeidig und rötlich schmeichelte es dem Tal, die Hänge waren dicht belaubt und dunkelgrün, der Fluss strahlte in derselben Farbe. Georg fuhr flussabwärts, neben ihm wie selbstverständlich sein »Kollege« Klaus.
Windung folgte auf Windung, Schleife auf
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