Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
wusste er bereits, wie die Säurein den Wein gelangte, hingegen nicht, noch nicht, und irgendetwas in ihm sperrte sich, Klaus danach zu fragen. Er würde es sich diesmal von Bischof erklären lassen, er durfte seine Kollegen nicht verärgern. Schlimm genug, dass Bischof nichts von ihrem Ausflug wissen sollte.
    »Wie wird es bei Albers weitergehen?«, fragte Georg, als er sich vom Anblick des Berges mit der Marienburg auf dem Rücken losgerissen hatte.
    »Rüdigers Mutter kümmert sich um das Restaurant und das Hotel. Der Vater hat in der Kellerei gearbeitet. Kann sein, dass nach seinem Tod der Streit mit dem Chef beigelegt wird und sie klein beigibt.«
    Sie waren zum Haus des Winzers zurückgekehrt. Es lag ungeschützt vor möglichem Moselhochwasser am äußeren Rand des Ortes.
    »Kommt das Hochwasser nicht bis hierher?«, fragte Georg. »Ziehen dann alle Bewohner in den ersten Stock?« Er sah zu den bleiverglasten Fenstern hinauf.
    Klaus trat vor und drückte auf den in der Mauer eingelassenen Klingelknopf. »Das ist bei allen so, die vorne wohnen. Das untere Geschoss wird geräumt  – und anschließend renoviert, zumindest muss der Schlamm raus, und ein neuer Anstrich ist fällig. Die Untergeschosse haben normalerweise einen vom Rest des Hauses unabhängigen Stromkreis. Man stellt sich aufs Hochwasser ein. Das Weingut existiert zweihundert Jahre, vor fünfundzwanzig Jahren haben Busch und seine Frau die Regie übernommen. Wann sie mit Ökoweinen begonnen haben, müssen wir fragen.«
    Wenn Georg nur wüsste, was »ökologischer Weinbau« sein sollte  – wo heute alles ökologisch war, die Autos, der Strom und sogar Plastiktüten. Soweit er wusste, spritzten Ökowinzer auch und verwendeten Schwefel. »Enthält Sulfite«, stand auf den Etiketten.
    Die Vorstellung überließ er Klaus, der ihn als Freund des Hauses Sauter einführte und als möglichen Kunden.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht«, meinte Rita Busch, »wir haben noch andere Besucher, Sie können sich der Probe anschließen.«
    Das sind hoffentlich nicht die Leute, denen der weiße Hai gehört, dachte Georg, der bombastische weiße Mercedes, der vor dem Haus die Straße blockierte. Leider bestätigte sich der Verdacht, als er den kleinen Mann an dem großen Tisch hinter einer Reihe von Gläsern sah. Er kannte diesen Typ aus Chefetagen. Früher hatte er viel zu sagen gehabt, heute fuhr er nur noch Mercedes und bejammerte den sinkenden Kurs seines Aktienpakets.
    Sofort nach ihrem Erscheinen, von dem er unwillig Notiz nahm, schwadronierte der Westentaschen-Mehdorn weiter von berühmten Gütern, die er besucht habe, die angeblich den Standard für Weißwein setzten. Dass Georg ein Laie war, zeigte sich schnell.
    »Wie, Sie kennen Romanée-Conti nicht?« Die Verachtung im Gesicht des Mannes, dessen Frau schweigend ein Mona-Lisa-Lächeln ausprobierte, war echt. »Das ist eine als Grand Cru eingestufte Weinlage, die berühmteste an der Côte-d’Or im Burgund.« Die Empörung in der Stimme ihres Mannes ließ auch Mona Lisa an seiner Seite herablassend den Blick senken.
    Glücklicherweise blieb die Miene des Winzers freundlich. Er wird mehrere dieser Exemplare an seinem schönen braunen Holztisch gesehen haben, da war sich Georg sicher, außerdem passte Clemens Busch vom Aussehen her besser in eine Landkommune als zur Karosse des erlauchten Trinkers, der bei Standards setzenden Winzern verkehrte. War der Mann hergekommen, um sich aufzuspielen oder um zu probieren?
    Clemens Busch hatte beim Vater gelernt, zu einer Zeit, als es in Pünderich noch sechzig Haupterwerbsbetriebe gab, Landwirtschaft und Weinbau gemischt. Er war 1985 bei der Gründung des ECOVIN-Verbandes mit dabei gewesen, derersten Vereinigung ökologisch arbeitender Winzer. Und er folgte dieser Maxime bis heute, machte jedoch nicht viel Aufhebens davon.
    Sie probierten Rieslinge vom roten und vom grauen Schiefer, wobei Georg Letzterer besser gefiel, obwohl der vom roten Schiefer ein Jahr älter war. Den vom grauen Schiefer empfand er als offener, weicher, er war ganz stolz, dass er meinte, Zitrusaromen wahrzunehmen, und war froh, dass Klaus sich mit Kommentaren zurückhielt.
    Lay – das war ein anderes Wort für Schiefer. Es gab Weine mit den Namen Falkenlay und Rothenpfad, Fahrlay und Fahrlay Terrassen, seine persönlichen Favoriten, die jeweils ein anderes Terroir repräsentierten, andere Bodenbeschaffenheit und, wie der Winzer meinte, ein anderes Mikroklima, das in jeder Moselschleife

Weitere Kostenlose Bücher