Toedlicher Sumpf
Sexualstraftäter registriert zu werden ist überall im Land besonders ungünstig. In manchen Städten ist Sexualstraftätern der Zutritt zu öffentlichen Parks verwehrt. In Chesapeake, Virginia, gibt es einen Beschluss, der ihnen untersagt, Spielplätze, Sportanlagen und Fitnessstudios zu betreten. In Albuquerque wird demnächst ein Gesetz in Kraft treten, demzufolge sie keinen Zugang zu öffentlichen Bibliotheken mehr haben werden, und gerade gestern kam eine Associated-Press-Meldung über einen Mann in Indiana herein, der sich die Baseballspiele seines Sohnes in der Little League nicht anschauen darf. Vor zwölf Jahren wegen sexueller Nötigung verurteilt und seitdem nicht mehr aktenkundig, darf er bis heute den Park nicht betreten, in dem sein Kind Ball spielt. Der Fall ist anhängig.
Von der MySpace-Seite sind Sexualstraftäter ausgeschlossen, seit einige ehemalige Häftlinge dort versucht haben, mit Minderjährigen in Kontakt zu kommen, und in New Jersey ist Tausenden Tätern der Zugang zum Internet gleich ganz entzogen worden. Überall im Land gibt es neu entstehende Siedlungen und Wohnanlagen, in denen keine Wohnungen an bekannte Sexualstraftäter verkauft werden. Besorgte Familien überbieten sich gegenseitig um Zigtausende, um in diesen Gegenden ein Haus zu ergattern.
Dadurch bleiben einige Täter, obwohl sie in keiner Weise je eine Bedrohung darstellen werden, auf Dauer gebrandmarkt und in ihren Freiheiten beschnitten. So viel zu den Menschenrechten.
Meine Story allerdings wird sich mit Männern befassen, die schwere Straftaten begangen haben, mit Vergewaltigern, Kinderschändern, jenen, auf die das Gesetz zur Registrierung ursprünglichzielte. Die Fakten sind hässlich. Schwere Vergewaltigung. Unter Gewaltanwendung erzwungener Oralverkehr. Sexueller Missbrauch eines Kindes. Sexueller Übergriff auf ein Kind durch Entblößen. Sexuelle Belästigung einer Minderjährigen. Inzest. Die gängige Gefängnisstrafe bei diesen Taten beläuft sich auf sieben Jahre, doch im Schnitt sitzen die Täter nur drei davon ab und kommen wieder auf freien Fuß.
Reizend.
So gut wie alle Vergewaltiger sind Männer, und zweifellos überwiegen auch bei den Pädophilen die Männer. Es gibt auch Frauen, die Kinder missbrauchen, aber die Quote ist verschwindend gering, und durch die Angstvorstellungen der Allgemeinheit geistert immer der männliche Unhold.
Die meisten Vergewaltiger und Kinderschänder haben große Probleme im Umgang mit erwachsenen Frauen und schätzen sich selbst als schüchtern, introvertiert und ängstlich ein – gibt es vielleicht irgendetwas, das mir nicht aus Law & Order bekannt vorkommt? Die Männer, die erwachsene Frauen vergewaltigen, sind überwiegend unter dreißig – ich bekreuzige mich schnell, so alt sind auch die, die ich aufgabele –, bei den Kinderschändern dagegen sind so ziemlich alle Altersgruppen vertreten, bis hin zu Senioren. Um ein Haar verschlucke ich mich an meinem Kaffee, als ich lese, dass ein Dreiundachtzigjähriger verurteilt wurde, weil er ein siebenjähriges Kind belästigt hatte.
Angaben des US-Justizministeriums zufolge vergehen sich siebzig Prozent aller männlichen Sexualstraftäter an Kindern. Etwa die Hälfte an ihren eigenen, die andere Hälfte an denen anderer Leute. Die, die Mädchen belästigen, suchen ihre Beute unter den Acht- bis Zehnjährigen, während jene, die es auf Jungen abgesehen haben, hinter geringfügig Älteren her sind.
Mein Magen knurrt, deshalb gehe ich an den Tresen und hole mir noch einen Kaffee. Mir schwirrt der Kopf vor lauter Zahlen.
Mich interessiert vor allem, ob Rehabilitierung bei diesen Männern möglich ist. Begehen sie Sexualstraftaten einer Gewohnheit folgend, die sie ablegen können; ist das eine Krankheit, die behandelt werden kann?
Die Prognosen sind nicht berauschend. Etwa ein Viertel der Vergewaltiger wird irgendwann rückfällig, und bei den Pädophilen sieht die Statistik noch düsterer aus: mehr als die Hälfte. Die Rate der Kinderschänder, die im Lauf von fünfundzwanzig Jahren nach der Haftentlassung erneut festgenommen werden, liegt bei 52 Prozent.
Positiv gesehen heißt das, dass 48 Prozent von ihnen nie wieder ein Kind belästigen.
Oder nicht dabei erwischt werden.
Ich trinke den letzten Schluck Kaffee und massiere meine Schläfen. Dann schreibe ich alles in einer Word-Datei zusammen, wobei ich die Fakten so sortiere, dass sie eine logische Abfolge ergeben. Das muss fürs Erste genügen.
Inzwischen ist es nach
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