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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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bückte sich und kramte unter dem Tresen herum. Schließlich richtete er sich wieder auf und legte eine Handvoll matt glänzenden schwarzen Stahls auf die Glasfläche. Meine Finger zuckten.
    »Das ist eine Beretta M92 FS«, sagte er. »Wird auch beim Militär benutzt. Ist aber trotzdem ein Zivil-Modell. Neun Millimeter.« Ich starrte sie an. »Nur zu. Sie beißt nicht.«
    Ich griff zu, hielt sie mit beiden Händen, wog sie. Sie fühlte sich kompakt an, angenehm, mit einer gewissen Schwere. Sie richtig zu umfassen und auf etwas zu zielen wie im Film, das war mir zu peinlich. Auch wenn ich in den Desire Projects Waffen ohne Ende gesehen hatte, würde doch auf den ersten Blick klar sein, dass ich noch nie eine abgefeuert hatte.
    »Zielen Sie da drauf«, sagte er und zeigte auf einen löchrigen Schattenriss, der an die Wand gepinnt war. Ich tat es. Und es war ein gutes Gefühl. Perfekt, um ehrlich zu sein. Nur zögernd senkte ich die Arme. Und drehte mich wieder zu ihm um.
    »Wie viel?«
    »Sechshundertdreißig, plus das, was Sie an Munition haben wollen.« Scheiße. So viel dazu, aus dem Dispo zu kommen.
    Als ich ging, hatte ich die Adresse einer Schießübungshalle in Metairie in der Tasche und genug Munition, um ganz Mid-City plattzumachen.
    Eine Woche später zahlte ich im Shooter’s Club bei einem Mann namens Bob die Miete für eine Bahn und wurde im Gegenzug von ihm mit einer Spezialbrille und Ohrenschützern ausgestattet. Bob war zweifellos einer jener geradlinigen, anständigen Poloshirt-Typen, die Leben mit Vision von Rick Warren lesen, Golf spielen, unheimlich gern grillen und Gladiator und Herr der Ringe auf DVD besitzen. Er redete freundlich auf mich ein, während ich auf meinen Trainer wartete. Den Namen desjenigen, der mich im Umgang mit meiner verdeckten Waffe unterweisen sollte, hatte ich aus der langen Liste jener Männer (und zwei Frauen) herausgepickt, die in New Orleans eine Lizenz dafür haben, die sichere Handhabung von Waffen zu lehren. Ich hatte versucht, einen Namen zu finden, der jung und heiß klang – keinen Marshall oder Elgin oder ähnlich Antiquiertes, keinen Domingue oder Pellerin oder Boudreaux. Cajuns mittleren Alters waren nicht mein Ding.
    Am Telefon hatte die Stimme von Alonso Sanchez vielversprechend tief geklungen, deshalb trug ich zur ersten Unterrichtsstundeein rosafarbenes Seidenkleid mit Flattersaum und hochhackige Sandalen. In dem Moment, als er auftauchte, konnte ich meine Träume begraben. Er war klein, um die fünfzig und watschelte hinter einer beachtlichen Trommel her. Mit seiner kleinen runden Brille und der Glatze sah er aus wie die Latino-Version von George Costanza aus Seinfeld . Mein Schießtrainer war das amtliche Gegenteil von sexy.
    »Sind Sie Nola?« Ich war die einzige Frau im Raum – wozu die Nachfrage? Trotzdem lächelte ich honigsüß. Bringen wir’s hinter uns. Schnell .
    Er war ein überraschend qualifizierter, guter Lehrer, geduldig und klar in seinen Ansagen. Er zeigte mir, wie ich die Beretta halten musste, wie ich sie ausrichtete, wie die Armhaltung sein sollte, wie ich abdrückte, ohne zu verziehen. Seine Hände führten meine, sicher und schnell, und nach einer Weile stellte ich fest, dass ich ihn mochte, ein bisschen so, wie ich meinen Chefredakteur Bailey mag. Respeto , nehme ich an. Er kannte sich aus und wusste, was er tat.
    Irgendwann setzte ich die Brille auf, und er klemmte eine neue Papier-Zielscheibe in die Halterung und legte den Schalter um, so dass sie langsam, Stück für Stück, von uns weg glitt. Die Zielscheibe hatte Menschengestalt. Wir luden die Waffe.
    »Sind Sie so weit, mi’ja ?« In meiner Brust zog sich bei diesen Worten etwas zusammen. Meine Tochter .
    Doch ich räusperte mich nur und nickte.
    »Dann geben Sie’s ihm.« Wir setzten Ohrenschützer auf.
    Ich feuerte meine erste Ladung ab, und es war herrlich. Das Knacken beim Auslösen klang himmlisch, der leichte Rückstoß war pure Lust in den Händen. Wieder und wieder drückte ich ab und empfand jedes Mal so etwas wie einen Stromstoß. Das ganze Magazin machte ich leer und hörte trotz der Ohrenschützer voller Befriedigung den Widerhall jedes einzelnen Schusses. Schließlich ließ ich die Arme sinken. Ich fühlte mich großartig und erschöpft zugleich. Alonso legte den Schalter wieder um, und die Zielscheibe glitt auf uns zu.
    Er stieß einen leisen Pfiff aus. »Ein Naturtalent.« Die kleinen Löcher saßen alle dicht beieinander mitten im Kopf.
    Daraufhin schickte er

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