Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
Vom Netzwerk:
den Ausschuss davon überzeugen, dass er rehabilitiert ist.
    »Das ist wunderbares Material, Mr. Veltri. Ich bin sicher, Ihre Geschichte wird die Leser der Times-Picayune sehr viel weiter bringen.«
    »Schon okay.« Er zuckt die Achseln. »Bin froh, dass ich’s mal loswerde.«
    »Können Sie noch etwas dazu sagen, inwieweit die Tatsache, dass Sie als Sexualstraftäter registriert sind, heute Ihr alltägliches Leben beeinflusst?«
    »Na ja«, er fährt sich über das kurze Haar und blickt nachdenklich auf den schwarzen Fernsehschirm, »dieses Gesetz war einer der Gründe, warum ich mich entschlossen habe, etwas zu ändern. Ich wusste, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, sichzu verstecken. Verstehen Sie? Kein Von-vorn-Anfangen wie früher. Ich wusste, dass die Leute mich immer im Auge behalten werden, mich beobachten.« Wieder zuckt er die Achseln. »Sicher, es gibt Typen, die sind da rausgekommen. Das hätte ich auch machen können. In einen anderen Bundesstaat ziehen. Nicht registriert werden, versuchen, irgendwie durch die Maschen zu schlüpfen. So schwer ist das gar nicht. Aber ich weiß nicht. Ich war einfach müde, nehme ich an. Wollte nicht mehr weglaufen und ewig wachsam sein müssen. Ich bin in dieser Stadt geboren, hier werde ich auch sterben. Vielleicht, wenn ich noch mehr Kraft hätte, wenn ich jünger wäre ... Aber ich bin vierzig. Bin hier verwurzelt. Also hat das Gesetz mich wohl letztlich dazu gebracht, dass ich versucht habe, mich zu ändern.« Seine Miene hellt sich auf. »Hat auch funktioniert.«
    »Und diesen Drang verspüren Sie nicht mehr?«
    »Nein. Normalerweise nicht. Im Gefängnis habe ich geübt. Wenn es mir in den Sinn kam, habe ich mich gezwungen, mir ihre Gesichter vorzustellen. Ihre Augen. Und dann habe ich mich mies gefühlt.« Plötzlich wird er lauter, klingt wütend, aber auch gequält. »So was von mies. Und es ging vorbei. Das hat es mir ausgetrieben.« Er schaut weg. »Den Drang.«
    »Es heißt, manche Täter finden die Angst der Opfer gerade erregend.«
    Er schnaubt. »Kann schon sein, aber bei mir ist das nicht so. Mir wird übel davon. Es hat mir gezeigt, wie krank ich drauf war. Früher.«
    »Und jetzt?«
    »Vielleicht einmal im Monat ist mir so, und ich schiebe es weg. Stelle mir einfach die Gesichter vor, und schon ist es vorbei. Das geht ganz schnell. Ich melde mich regelmäßig bei meinem Bewährungshelfer. Ich gehe zur Therapie.«
    »Wie oft?«
    »Therapie? Einmal die Woche, immer donnerstags.«
    »Wie empfinden Sie das?«
    »Ist okay. Ich hab’s nicht so mit dem Reden darüber, wieman sich fühlt und so, aber irgendwie hilft es doch. Dort geht das ganz gut. Das ist ja was, das man nicht jedem erzählt.«
    »Und wie sind Sie von Ihren Nachbarn behandelt worden?«
    »War nicht so schlimm. Es wurden keine Flyer in der Umgebung angeklebt, wie das manchen passiert. Ich halte mein Grundstück in Ordnung, wasche mein Auto, lebe zurückgezogen. Unten in Algiers habe ich Freunde, die ich manchmal besuche; da fahre ich hin, wenn ich mit Leuten abhängen will. Hier bleibe ich für mich.«
    »Sind Ihre Nachbarn freundlich?«
    »Na ja, sie laden mich nicht gerade zu Grillpartys ein, wenn Sie verstehen.« Sein Lachen hat etwas Bitteres. »Aber sie sind okay. Ich halte mich fern.«
    »Was meinen Sie damit: Sie halten sich fern?«
    »Auf jeden Fall halte ich mich fern von Frauen und Kindern. Versuche keinen Smalltalk oder so was. Bleibe einfach auf Abstand. Tue nichts, was den Leuten Angst einjagen könnte. Zum Beispiel bin ich früher gern nachmittags zu ›Deanie’s‹ gegangen, wenn meine Schicht um zwei zu Ende war, hab ein Catfish-Po’-Boy gegessen und ein Bier getrunken.« »Deanie’s« ist ein alteingesessener Laden im Viertel Bucktown, ein paar Blocks südlich vom Lake Pontchartrain, ein Lagerhaus, wo man an Holztischen sitzen und Fisch und Meeresfrüchte gleich aus dem Papier essen kann. »Oder ich hab bei ›Melius‹ ein Bier getrunken und ein bisschen mit den anderen geredet. Das mache ich nicht mehr.«
    »Und warum nicht?«
    »Soll das ein Witz sein? Auf dem Weg von hier nach da liegen zwei Schulen.« Er hat recht: River Elementary, die Stadtteil-Grundschule, und St. Louis King of France, eine katholische Schule. »Ich möchte nicht, dass die Leute denken, ich gehe da am frühen Nachmittag lang, weil ich die Kinder begaffen will.«
    »Also gehen Sie einfach nicht mehr zu ›Deanie’s‹.«
    »Nur noch später am Abend. Manchmal fahre ich auch mit dem Wagen. Gehe auf

Weitere Kostenlose Bücher