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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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konnte er, wenn er der Täter ist, das Opfer zum Tatort schaffen?« Mit einem hinterhältigem, gemeinen Lächeln setzte sich der Bild -Mann wieder.
    Wunder sah Brischinsky an und verdrehte die Augen. Der Hauptkommissar begann erneut zu schwitzen. Dann hatte er die Antwort. Mit mir nur einmal, du Arsch! Nur einmal.
    »Herr Rutter«, begann Brischinsky leise und freundlich. »Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, dass wir aus berechtigten Gründen den Namen unseres Verdächtigen nicht preisgeben. Wir wollen eine Vorverurteilung, wie sie in der Vergangenheit schon häufiger in großen deutschen Boulevardblättern stattgefunden hat, verhindern. Das dazu. Vielleicht wären Sie so freundlich, uns Ihre Quelle zu nennen. Dann können wir nämlich prüfen«, seine Stimme wurde lauter und schärfer, »ob Sie sich möglicherweise bei der Beschaffung Ihrer Informationen strafbar gemacht haben. Und noch ein Letztes: Glauben Sie im Ernst, dass jemand, der einen Mord begehen möchte, sich an die Straßenverkehrsordnung hält und nur mit Führerschein fährt?«
    Einige Journalisten lachten auf. Rutter schwieg betreten. Touché, dachte Brischinsky.
    Und Wunder sagte: »Meine Damen und Herren, wir haben Informationsmaterial vorbereitet. Kommissar Baumann wird Ihnen die Unterlagen aushändigen. Außerdem finden Sie dort Bilder, die die Opfer zeigen. Wir bitten Sie, diese zu veröffentlichen. Uns interessiert, ob jemand vor allem den Toten aus München nach dem Bundesligaspiel am 28. Februar in Begleitung eines Dritten gesehen hat. Vielen Dank.«
    Kriminalrat Wunder bedeutete Brischinsky, ihm zu folgen. Baumann erwehrte sich einer Horde drängender Journalisten, die nach weiteren Auskünften lechzten. Wie hungrige Wölfe, dachte der Hauptkommissar beim Hi-
nausgehen.
    Vor der Tür nahm Wunder seinen Mitarbeiter zur Seite. »Das war nun keine Meisterleistung. Warten wir die Berichterstattung in den einschlägigen Zeitungen ab. Ein katastrophaler Auftritt, Brischinsky. Darüber werden wir noch sprechen müssen. Haben Sie mich verstanden?«
    Brischinsky nickte schweigend. So etwas in der Art hatte er erwartet.
    Scheißpressekonferenzen. Er hasste Pressekonferenzen.
    21
    Cengiz Kaya war wild entschlossen, Rainer die Liste vor die Füße zu werfen. Eine typische Rainer-Esch-Idee. Unausgegoren und sinnlos.
    Seit neun Uhr versuchte Cengiz nun schon, an diesem verregneten Samstagvormittag in den verschiedenen Stadtteilen Dortmunds Zeugen zu finden, die den Mord in dem Eisenbahnwagon beobachtet hatten.
    Cengiz sollte sich um die BVB-Fans kümmern, während sich Rainer den Schalkern widmen wollte. Rainer hatte das Cengiz gegenüber so begründet, dass er selbst als ausgewiesener Schalke-Anhänger ja wohl schlecht beim Intimfeind BVB recherchieren könne, das müsse Cengiz einsehen. Und da Cengiz nach Rainers Auffassung als Türke ohnehin nicht nachvollziehen konnte, warum sich jemand, dessen Wiege in Wanne-Eickel gestanden hatte, ausschließlich zu Schalke hingezogen fühlte, spielte es doch absolut keine Rolle, welche Fangruppe Cengiz aufsuchte. Cengiz’ Einwand, er sei schließlich ebenfalls in Deutschland geboren und könne deshalb schon eine bestimmte Affinität zu deutschen Fußballklubs verstehen, spielte Rainer mit dem Hinweis herunter, dass sein türkischer Freund aber nicht in Wanne-Eickel, genau genommen in Wanne-Nord in der Nähe des Wanner Marktes, das Licht der Welt erblickt habe.
    Damit war für Rainer die Angelegenheit erschöpfend ausdiskutiert und erledigt. Und da es Cengiz eigentlich wirklich egal war, ob er sich nun mit Schalkern oder Dortmundern herumschlug, akzeptierte er die Argumente seines Freundes, vor allem auch deshalb, weil die Liste weniger Adressen in Dortmund als in Herne oder Castrop-Rauxel enthielt.
    Rainer hatte Cengiz geraten, seine Besuche auf den frühen Samstagvormittag zu legen, da dann – so seine Vermutung – mehr potenzielle Zeugen anzutreffen seien.

Beiden war aber die Tatsache entgangen, dass Dortmund an diesem Samstag auswärts beim VfB Stuttgart antreten musste. So traf Cengiz bei sieben der dreizehn Anschriften entweder nur auf Familienangehörige, oder auf sein Schellen erfolgte keine Reaktion. Nur einer der Fahrgäste, der bereits von der Polizei vernommen worden war, erklärte sich bereit, gegen eine Aufwandsentschädigung – er sagte tatsächlich Aufwandsentschädigung – von mindestens 150 Mark Auskunft zu erteilen, was Cengiz empört ablehnte. Drei weitere forderten zwar kein Geld, hatten

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