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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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hast du erreicht?«
    »Welche Liste?«, schrie Rainer. Kurt grunzte.
    »Die Zeugen aus dem Zug«, antwortete Cengiz.
    »Ach so.« Rainer schwieg.
    »Wie viele, Rainer?«
    »Tja, eigentlich nur Kurt.«
    »Die anderen waren nicht da? Gehen die so früh schon zum Stadion?«, wunderte sich Cengiz.
    »Das kann man so direkt nicht sagen. Es ist vielmehr so, also ... äh ... Kurt war der Erste, zu dem ich gefahren bin.«
    Cengiz schnappte nach Luft. Dann brüllte auch er: »Rainer, soll das heißen, dass ich mir für dich den Samstagvormittag um die Ohren haue, während du dich in irgendeiner Kneipe voll laufen lässt?«
    »Cengiz, bitte, reg dich nicht auf. Das war sozusagen höhere Gewalt.«
    »Was war das?«, schrie Cengiz noch lauter. »Höhere Gewalt? Wenn du nicht aufpasst, bin ich die höhere Gewalt. Und die kommt über dich, hast du mich verstanden!« Dann zwang er sich zur Ruhe. »Schalke kannst du vergessen. Wenn du wieder nüchtern bist, kannst du mich anrufen. Wenn du Glück hast, rede ich mit dir. Bestell Kurt einen schönen Gruß. Und jetzt kannst du mich.« Wütend legte Cengiz den Hörer auf.
    Am anderen Ende der Leitung wurde Rainer Esch trotz des seligen Alkoholnebels klar, dass er mal wieder den Bogen überspannt hatte.
    22
    Kommissar Kurt Krawatzki von der Sonderkommission ›Fußball‹ bekam am Hauptbahnhof München hautnah einen Eindruck von der Taktik seiner bayerischen Kollegen im Umgang mit bahnreisenden Fußballanhängern aus anderen Städten.
    Der ICE Prinz Eugen , aus Richtung Ruhrgebiet kommend, war Samstagabend gegen 19 Uhr auf dem Hauptbahnhof am Gleis 2 eingelaufen. Kurt Krawatzki hatte den Zug verlassen und schon von weitem die Schlachtrufe der Bochumer Fans gehört.
    Krawatzki, seit seiner Schulzeit bekennender VfL-Fan, näherte sich neugierig den Bochumer Anhängern, die sich am Treppenaufgang zum Gleis 4 sammelten.
    Den ersten sprach er an: »Wie haben wir gespielt?«
    Nach einem kurzen, prüfenden Blick antwortete der Fan: »Null zu null.«
    Krawatzki widerstand der Versuchung, in die Triumphgesänge der Bochumer einzufallen. »Wie war das Spiel?«
    »Klasse! Wenn der Kahn dat eine Ding nich noch aus der Ecke gefischt hätte, dann ...«
    Krawatzki sollte nicht mehr erfahren, welche Glanztaten des Bayerntorhüters einen Bochumer Sieg verhindert hatten, denn plötzlich stürmten aus zwei Richtungen uniformierte Polizisten, mit Helm, Schild und Schlagstöcken bürgerkriegsähnlich ausgerüstet, auf die Fans zu. Die überraschten Fußballanhänger, unter die sich zahlreiche Reisende wie Krawatzki gemischt hatten, drängten zu den beiden Aufgängen. An dem einem mussten sie feststellen, dass der schon von der Polizei abgesperrt war.
    Einige Fußballfreunde, die die Absperrung durchbrechen wollten oder den Aufforderungen der Polizisten nicht schnell genug Folge leisteten, machten schmerzhafte Bekanntschaft mit einem Polizeiknüppel. Den Fans blieb nichts anderes übrig, als über den einzigen noch freien Ausweg, der Treppe zum Gleis 4, auszuweichen. Wohl oder übel wurden Krawatzki und andere Unbeteiligte mitgerissen.
    › Leberwursttaktik‹ wurde dieses Vorgehen genannt: auf zwei Seiten zumachen und dann in die Mitte hineinstechen.
    Auf dem Bahnsteig klärten Lautsprecherdurchsagen die Bochumer darüber auf, dass sie in wenigen Minuten in einen Sonderzug verfrachtet würden, der ohne Halt bis Bochum fahren sollte. Krawitzki kam ins Grübeln, denn er war ja gerade erst angekommen. Der Kriminalpolizist kämpfte sich deshalb zum Rand der Absperrung durch und versuchte, an einem seiner uniformierten Kollegen vorbeizugelangen.
    Der hob drohend seinen Schlagstock und brüllte im schönsten Bayerisch: »Z’ruck. Sonst setzt’s wos!«
    Krawatzki erwiderte ebenso schlagfertig: »Aber ich bin Polizist.«
    »Und i der Kaiser von Kina«, kam die prompte Entgegnung.
    Geistesgegenwärtig kramte Krawatzki in seiner Jackentasche, zückte seinen Dienstausweis und hielt ihn hoch.
    »W’rum soagens des net glei?«, fragte der Kollege empört und nickte seinem Nachbarn zu. Vor Krawatzki tat sich eine schmale Gasse auf. Der Recklinghäuser Beamte schob sich an den beiden Uniformierten vorbei, murmelte etwas von »Unverhältnismäßigkeit der Mittel«, ignorierte das folgende »Wos host g’sogt?« und beeilte sich, den Ort des Geschehens zu verlassen.
     
    Eine Stunde später saß Kurt Krawatzki seinem Münchner Kollegen Husenau in dessen Büro gegenüber.
    »Sie hatten Recht mit Ihrer Vermutung. Ihre Leiche

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