Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
Hunderte anderer Computer hingen. Wenn er eine Enthüllung über die Tätigkeit des Labors in seinen Terminal eintippte und die Zentraleinheit anwies, das Programm auszuführen, so würde die Welt Sekunden später das Geheimnis von Borg-Harrison erfahren. Und sicher würde die Welt handeln, zumindest was Susan betraf.
Die ganze Woche hatte er versucht, das Kennwort zu knacken. Tagsüber, wenn er an der Alternativbereichsentwicklung arbeiten sollte, hatte er eine Unmenge von Programmen an die Zentraleinheit geschickt, deren jedes dazu bestimmt war, die Bekanntgabe des Kennwortes zu erzwingen. Und abends hatte er das Gleiche getan. Offensichtlich konnte sich die Zentraleinheit nicht selbst dazu programmieren, das Kennwort freizugeben. Sicherheitssperren machten das unmöglich. Auch konnte er seinen Terminal nicht anweisen, Programme zu erstellen. Es war nicht „intelligent“. Jemand hatte offenbar dafür gesorgt – für den Fall, dass er auf die Idee kommen sollte. Daher musste er die Programme selbst zusammenstellen. Das kostete Zeit, unendlich viel Zeit.
An diesem Abend arbeitete er wieder fieberhaft. Als die Pfleger kamen, um ihn in den anderen Raum zurück-zuschieben,hatte er keinen Einwand erhoben. Er wusste seit Langem, dass das sinnlos war. Außerdem machte es auch keinerlei Unterschied. Man konnte ihn nicht von seinem eigenen Gehirn entfernen. Bis spät in die Nacht, während die anderen meditierten oder lernten, erstellte er auf der Suche nach dem Kennwort wieder ein Programm nach dem anderen. Am nächsten Tag würde er sie abrufen und in die Zentraleinheit eingeben. Computer dachten nicht, sie nahmen nur Befehle entgegen, und wenn ein menschliches Gehirn das Kennwort ersonnen und verschlüsselt hatte, um dessen eigene Sicherheit zu gewährleisten, dann konnte ein Superhirn es auch wieder entschlüsseln.
Früher oder später würde er die Tür zur Außenwelt finden.
21
Al Luczynski konnte die Augen nicht von dem Bild losreißen. Es war eine in Sepiabraun gehaltene Aktstudie zweier junger Frauen in halber Lebensgröße und so realistisch, dass sie provozierend wirkte, auch wenn es sich offensichtlich um ernstzunehmende Kunst handelte. Die Körper, die einander zärtlich umschlangen, schienen zeitlos im Raum zu schweben vor den sonst fast leeren, weißen Wänden von Tonis großem, hohem Wohnzimmer.
Al hörte sie rufen: „So, da wären wir!“ Er wollte sein Interesse an etwas so offensichtlich Erotischem nicht zeigen und drehte sich rasch um, während sie mit zwei Gläsern von der Anrichte herüberkam.
Sie merkte es aber doch und lächelte wissend. „Gefällt es dir?“
„Es ist sehr hübsch.“ Er hörte, wie verlegen seine Worte klangen, und das machte ihn wütend, wütend auf sich selbst.
„Sofern man sich nicht schockieren lässt. Konventionen schaffen seltsame Illusionen über so etwas wie Sex.“ Toni lächelte wieder, während sie sich über ihn lustig machte. Sie stellte die beiden Gläser auf den weißen, polierten Marmortisch neben der L förmigen modernen Couch, die mit naturfarbenem, grobgewebtem Baumwollstoff bezogen war.
Luczynski ließ sich vorsichtig auf eines der Kissen sinken, als habe er Angst, etwas zu zerbrechen. Er war solch teuren Luxus nicht gewohnt. Seine Wohnung war kaum mehr als ein möbliertes Zimmer und früher, in Detroit, hatte er nur wenig Geld gehabt. Sein ehrgeiziger Wunsch, Arzt zu werden, hatte für seine Familie ungeheure Opfer bedeutet und seine ältere Schwester hattesogar seinetwegen auf ihre eigene Ausbildung am College verzichtet.
Toni ging in die Küche. „Ich hole noch etwas Käse und dann erzähl mir, was du auf dem Herzen hast.“
Er blickte ihr nach und dachte, dass sie unter dem Kaftan, der in losen Falten fiel, wahrscheinlich sehr wenig oder gar nichts anhatte. Dies verstärkte die erotische Atmosphäre, die, wie ihm schien, diese Wohnung ausstrahlte. Er wusste, dass ihn all das noch vor einem Monat, vor Susans Auftauchen im Labor, erregt hätte. Jetzt aber waren seine Gefühle eher klinischer Natur und in Toni sah er nicht so sehr die begehrenswerte und herausfordernde Frau als vielmehr die geschlechtslose Neurochirurgin in Maske und Kittel, die Kollegin, die er immer bei der Arbeit sah. Susan, die Claire so ähnlich war, hatte viel von seiner Erinnerung an jene Toni an dem einsamen Strand, den sie von Michaels Jacht aus besucht hatten. Eine große Ähnlichkeit mit ihrem schlanken, sonnengebräunten Körper und ihren festen Brüste unter dem
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