Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
Forschungsprojekt war etwas Unmoralisches. John und die anderen EGs lebten in Angst und Schrecken. Und Michael war plötzlich zu jemandem geworden, der menschliche Wesen in heulende Tiere verwandelte. Ein Doktor Frankenstein, der für die Wissenschaft sein eigenes Menschsein geopfert hatte.
„Michael, es tut mir leid. Ich kann nicht.“
Er reagierte überrascht. „Wieso nicht?“
„Ich habe zwei Versuche zu überwachen. Wenn ich sie unterbreche, brauche ich Tage, um sie wieder auf den gegenwärtigen Stand zu bringen.“
„Kannst du sie nicht einfach vom Computer steuern lassen? Ich habe ein Zimmer im Plaza reserviert und außerdem Theaterkarten.“
Das Lügen machte ihr beinahe Spaß: „Das lässt sich nicht machen, wegen der EGs. Es gehört zu dem Experiment, dass ich selbst ständig auf ihre Antworten reagiere. Ich kann es nicht länger als zwölf Stunden unterbrechen. Ach, Michael, wenn du es mir nur gestern oder vorgestern gesagt hättest.“
Er gab auf. „Gut, wenn du nicht kannst, dann kannst du eben nicht.“
Es klang widerwillig, aber Michaels beleidigter Gesichtsausdruck wich langsam, während sie weiter überdie Arbeit sprachen, und als er ging, hoffte sie zuversichtlich, dass er keinen Verdacht geschöpft hatte.
John war nicht so sicher. Als sie es ihm mitteilte, verdüsterte sich sein Blick.
„Ich habe nachgedacht“, sagte er, „und ich glaube, du solltest so bald wie möglich von hier weg.“
„Das hast du schon einmal gesagt, erinnerst du dich?“ Sie berührte ihn liebevoll.
„Damals habe ich mich um mich selbst gesorgt.“ Er lächelte zynisch. „Um meinen Ruf. Jetzt mache ich mir plötzlich Sorgen um dich.“
„Um mich? Warum um Himmels willen?“
„Warum? Weil du begonnen hast, deinen Beschützer abzuweisen, deswegen.“
Sie lachte, um ihn hinters Licht zu führen. Er durfte nicht wissen, dass sie verstand, was er meinte. „Michael? Vor wem beschützt er mich? Wovon redest du eigentlich?“
„Erstens einmal vor einer gewissen verschmähten Katherine Blair. Vor wem sonst? Oder hast du sie so schnell vergessen? Solange du Michael hast, bist du wahrscheinlich vor ihr sicher. Ohne ihn bist du in Schwierigkeiten.“
Sie zuckte die Achseln. „Sei nicht kindisch, John. Sie gehört zum Projekt und das Projekt braucht mich. Solange das so ist, wird sie mir kein Haar krümmen.“
„Und wenn es nicht mehr so ist?“
„Wenn es einmal nicht mehr der Fall ist und wenn Katherine beschließen sollte rumzuzicken – nun, dieses Problem werde ich lösen, wenn es sich mir stellt.“
„Mit anderen Worten, ich soll es zulassen, dass ihr Frauen einander in Stücke reißt, wenn euch danach ist.“
Susan lachte. „Mit anderen Worten, ja.“
John blickte sie mit halbgeschlossenen Augen an. Derselbe energische Mund wie früher. Der gleiche direkteund trotzige Blick. Totaler Eigensinn, dachte er. Mein Gott, durch welche harte Schule war dieses Mädchen gegangen, die so früh im Leben alles verloren hatte! Aber sie hat gelernt sich durchzusetzen.
„Du bist ein eigensinniger Dummkopf“, sagte er.
„Ich liebe dich auch.“
Sie lächelte. Und er gab auf, und er wusste, wenn er noch einen Körper gehabt hätte, so hätte er jetzt alle physischen Anzeichen von Angst und Besorgnis verspürt: beschleunigten Herzschlag, Ziehen in der Magengegend. Sie schien noch immer nicht verstanden zu haben, in welcher Gefahr sie sich tatsächlich befand. „Susan“, sagte er, „eines noch. Ich brauche etwas.“
„Was denn?“
„Ein Medikament.“
Sie ließ sich von den nachlässig hingeworfenen Worten nicht täuschen.
„Was für ein Medikament?“
„Phenmetrazin.“
„Wofür?“
„Es bekämpft die Beruhigungsmittel: Haldol, Valium, das ganze Zeug, das sie uns geben, damit wir gut schlafen und brav sind. Es bringt einen sofort in Topform. Lässt alles zwischen den Ohren doppelt so gut und doppelt so schnell arbeiten.“
Sie runzelte die Stirn und tippte verbissen auf der Tastatur. „Und du sollst es nicht bekommen, sonst hättest du ja Michael oder Toni darum gebeten.“
Klar, das musste sie sagen, damit hatte er gerechnet.
Warum sollte er nicht tatsächlich einen der Ärzte fragen? War es so sicher, dass sie die Bitte abschlugen? Wenn ja, so bedeutete das, dass mit dem verdammten Zeug irgendetwas nicht stimmte.
„Susan, ich brauche es.“
„Nein.“
„Es ist wichtig für unsere Arbeit. Ich bin die meiste Zeit über halb betäubt.“ Wichtig? Wie weit konnte er untertreiben?
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