Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
Es war von entscheidender Bedeutung. Er war geistig so erschöpft, dass er ohne die aufputschende Wirkung des Medikaments nicht weitermachen konnte. Dabei dachte er nicht an ihre gemeinsame Arbeit. Es schien ihm immer noch fast genauso schwierig wie am Anfang, das Codewort für die trügerische „Falltür“ zu finden, die den Computer über das TELENET System und dessen viele hundert anderen Computeranschlüsse mit der Welt verband. Nacht für Nacht hatte er sein übermüdetes Gehirn gezwungen, endlose neue Programme zu erarbeiten, die er dann tagsüber in seinen Computer eingab. Er kam tagelang nicht weiter, es war zum Wahnsinnigwerden. Jahrhunderte schienen vergangen zu sein, seit er den Terminal eingeschaltet und angefangen hatte.
„Hypothese.“
„Ich warte“, sagte die Zentraleinheit.
„Sie leisten Widerstand, weil Sie dazu angewiesen wurden.“
„Richtig.“
„Der Befehl war kodiert.“
„Richtig.“
„Der Befehl ist abgespeichert.“
„Richtig.“
Es gab vier Milliarden Speicherabschnitte auf den tausenden Speicherplatten der Zentraleinheit. Und einem davon musste er das Codewort entreißen.
Gleich am Anfang erzielte er einen kleinen Durchbruch. „Es ist alphabetisch, nicht numerisch.“
„Richtig.“
Das bedeutete, dass das Codewort aus Buchstaben, nicht aus Ziffern bestand. Dadurch würde es leichter zu entschlüsseln sein. Dann hatte er herausgefunden, dass das Codewort mit keiner Benutzerkennzeichnung verbunden war. Man war offenbar felsenfest davon überzeugt, es absolut sicher kodiert zu haben, sodass man auf zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen verzichtet hatte, Nichtberechtigte auszuschalten. Er, John, konnte genauso danach fragen wie irgendjemand anderer.
Dann aber war es, als stieße er gegen eine Mauer. Was auch immer er fragte, die Antworten in blassgrüner Schrift, die er vom Terminal ablas, lauteten fast immer „Nein“, „Ungültig“, „Nicht möglich“ oder „Datensatz gesperrt“.
In ihrer äußerst unpersönlichen Art wirkten diese abweisenden Antworten doch wieder sehr persönlich. Wer immer das Codewort auch eingegeben hatte – er hatte wenig Fantasie oder Zeit und Sinn für Spaß gehabt. Wer war es gewesen? Welcher namenlose, gesichtslose Mensch? Er würde es wahrscheinlich nie erfahren.
Von Zeit zu Zeit aber erschien ein geheimnisvolles „Ja“ oder „Weiter“ und er arbeitete weiter. Erst an diesem Wochenende hatte er die richtige Speicherplatte gefunden. Vor ihm lag aber noch ein Berg von Arbeit. Er musste die Ebene der Platte finden, auf der sich das Codewort befand, und hierauf den Extent, das heißt dessen genaue Position auf dieser Ebene. Der Extent war wie ein Land und er musste etwas herausfinden, das dem Nebenanschluss einer unbekannten Telefonnummer in einem unbekannten Bezirk eines unbekannten Gebietes entsprach. Nach dem Extent musste er den Block oder die Vorwahl finden und innerhalb des Blockes die Datensätze, in denen sich sozusagen die Telefonnummerselbst befand, und schließlich das Feld oder den Nebenanschluss. Wenn er diese Informationen hatte, konnte er die Falltür öffnen.
Als er sich jedoch vor drei Nächten an die Arbeit gemacht hatte, war er eingeschlafen, und vorgestern ebenso. Und gestern war er nicht mehr fähig gewesen zu denken.
Er befahl seinem Gehirn zu arbeiten, doch es weigerte sich. Er verausgabte sich, er konnte sich nicht erinnern, je so müde gewesen zu sein. Diese bleierne Müdigkeit konnte er nur mit vollster Konzentration überwinden. Doch mit jedem Tag fiel es ihm schwerer, sich auf irgendeinen bestimmten Gedanken oder eine Idee zu konzentrieren.
Das Phenmetrazin würde das alles ändern. An sich war es ein Appetitzügler. Sofern man einen Körper besaß. Wenn man bloß ein Kopf war, würde es anders wirken. In einem Kopf ohne Körper würde es ermattete Nerven wie mit einer Stahlrute antreiben. Das Phenmetrazin würde wirken wie Äther, den man in den Benzintank eines Autos füllte. Literweise.
Aber er musste vorsichtig sein. Das Medikament konnte ihn auch töten. Hochspannung konnte zu einem Kurzschluss führen. In einem mächtigen Aufflammen, das bloß Sekunden dauerte, konnte die ganze, unendlich komplexe Maschinerie seines Gehirns vollständig zerstört werden.
Er hörte Susan sagen: „Bitte, John. Versuch doch, mich zu verstehen.“
Dummes Weib! Wie eine Platte mit Sprung. Wenn er ihr nur den wahren Grund verraten könnte! Aber das konnte er nicht. Nicht, ohne ihr seine Furcht zu zeigen, dass sie
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