Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
Patienten aufgrund einer Infektion gebeten hat, und dass er dir eine Notiz hinterlassen hat, die du holen musst. Und wenn es Michael selbst ist, sag, dass du Daten suchst, die du ihm gegeben hast.
Niemand kam.
Und sie fand auch nichts. Weder in Michaels Schreibtisch noch in dem – ebenfalls nicht abgeschlossenen – Karteikasten, und auch nicht zwischen den vielen medizinischen Büchern und Schriften, die die Regale füllten. Es gab keine Fotos oder Röntgenbilder und auch keine Magnetbänder irgendwelcher Art, nicht einmal Krankengeschichten von EGs oder Beschreibungen der Operationen.
Susan ging hinüber in Katherines Zimmer. Irgendwie war ihr hier unheimlicher zumute als in Michaels Zimmer und sie durchsuchte Katherines Schreibtischschubladen und Karteikästen sehr rasch – wieder erfolglos. Sie zog einige Ordner hervor, die in Katherines Bücherregalen standen. Einer enthielt Notizen über den Zusammenhang von Schizophrenie und der wirtschaftlichen Stellung des Patienten. In einem anderen befand sich eine Reihe von Krankengeschichten über verschiedene Arten von Wahn; es waren zwanzig oder noch mehr. Keiner der Patienten war namentlich genannt, aber Susan hatte einen lähmenden Verdacht, um wen es sich handelte.
Im letzten Ordner fand sie ein halbes Dutzend mehrere Jahre alter Aufzeichnungen über EGs, aber nichts deutete darauf hin, dass sie keine gewöhnlichen Patienten waren. Sie trugen keine Namen, sondern nur Kennziffern – 16 bis 21. Es war schmerzlich, auch nur an sie zu denken. Man vergaß zu leicht, dass es das EG Projekt bereits so lange gab. Dass es sich nicht auf Peggy, Annette, Thurston, Helen und Rachel beschränkte. Und auch nicht auf John.
Man wurde auf Henkerskarren gehievt, der Scharfrichter wartete, die Menge johlte. Man bestieg das Schafott, der Priester betete. Das Fallbeil sauste nieder.
Finsternis.
Nur gab es hier keinen Henkerskarren, keine Menge, keinen Priester, keinen Scharfrichter. Es gab bloß Chirurgen. Und statt des Rasselns des Fallbeils hörte man das Zischen der Anästhesiegeräte und das leise, rasierklingenscharfe Skalpell des Chirurgen. An die Stelle der feuchten, dunklen, ewigen Grabesruhe trat hier das unerbittliche elektrische Summen der Konsolenmotoren, das im Schädel und im Trommelfell dröhnte, das unaufhörliche Gurgeln von Flüssigkeiten in Schläuchen.
Susan war gerade dabei, die Ordner mit den Krankengeschichten in das Regal zurückzustellen und sich zu fragen, wo sie weitersuchen sollte, als sie ein schwaches Geräusch hinter sich vernahm.
Sie erstarrte.
Eine Sekunde, zwei. Sie nahm Kleidung wahr, einen Körper, der sich lautlos auf sie zu bewegte.
Sie wollte sich umdrehen – und konnte es nicht. Ihr Entschluss, sich ganz natürlich zu verhalten, war wie weggeblasen. Ihre Hände klebten an den Ordnern, waren kilometerweit weg, gehörten nicht zu ihr.
Bis eine Hand ihre Schulter berührte. Sie unterdrückte einen Schrei.
Katherines Stimme sagte: „Gut, Susan, vielleicht könntest du so nett sein und mir erklären, was du in meinem Zimmer suchst.“
Susan wandte sich langsam um, um ihr ins Gesicht zu blicken.
27
Es war nicht Katherine. Es war Al Luczynski. Groß wie ein Bär stand er in der Mitte des Zimmers. Er hatte die Hände lässig in die Taschen des weißen Arztkittels gesteckt und grinste über das ganze Gesicht. Er roch stark nach Antiseptika. „Da hab ich dich aber ganz schön erschreckt, was?“
Er sagte es mit Katherines kühler Stimme und lachte.
Susan zwang sich zu einem schwachen Lächeln. Langsam wurde ihr klar, dass sie bloß auf eines von Als üblichen Späßchen hereingefallen war, und ihr Entsetzen ließ nach.
„Was, zum Kuckuck, treibst du denn hier so spät?“, fragte er. Seine Augen waren freundlich und ohne Argwohn.
Susan fand ihre Sprache wieder. „Katherine hat mich gebeten, auf dem Computer einen Todesfall nach einer Infektion zu simulieren. Sie sagte, dass sie einige Notizen darüber auf ihrem Schreibtisch zurückgelassen hätte, aber ich kann sie nicht finden.“
Sie suchte nach Worten, Sätzen, irgendetwas. „Du hast wohl Wochenenddienst.“ Langsam ging sie auf die Tür zu.
Er folgte ihr nach. „Mein gnädiges Schicksal hat es so gewollt“, sagte er. Er schaute auf die Uhr. „Ich mache gerade eine Pause, darf ich dich zu einer Tasse Kaffee einladen?“ Er grinste wieder, noch breiter als vorhin, und freute sich über seinen Scherz. Angestellte bekamen den Kaffee in der Cafeteria nämlich
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