Toedliches Geheimnis
überlege, ob ich wohl das Richtige tue. Ich meine, ja, ich will die Wahrheit über ihn herausfinden, aber ich kann mich ehrlich nicht daran erinnern, schon jemals so kribbelig gewesen zu sein.
»Wie wär’s denn damit?«, fragt sie und hält eine lila Tunika in die Höhe.
Ich nehme sie und schlüpfe hinein, viel zu durcheinander, um dem Ganzen Aufmerksamkeit zu schenken.
»Sieht top aus«, verkündet sie und wirft mir noch eine Leggings und meine Riemchensandalen zu.
Ursprünglich hatten wir geplant, dass sie und Wes mitkommen und wir zu viert etwas unternehmen. Aber dummer Weise wurde nichts aus dem Plan, da Kimmie ihren achtjährigen Bruder Nate eine Woche lang gezwungen hatte, ihre Haushaltspflichten zu erledigen. Zur Strafe haben Kimmies Eltern sie für einen Zeitraum von 72 Stunden zu Nates persönlicher Sklavin erklärt. Und so hat Kimmie die letzten 24 Stunden damit verbracht, Wasserbomben zu werfen, Grillkäse und Gummiwurm-Sandwiches zu machen, Verstecken zu spielen und Nates Auto-Sammlung nach Wagentyp, Farbe, Größe und Jahr zu sortieren.
Man könnte meinen, dass diese Folter ausreicht, aber nicht ganz. Nate weigert sich, Kimmie den Nachmittag frei zu geben.
»Er sagt, entweder er kommt mit, oder ich darf nicht gehen.«
»Machst du Witze?«, frage ich und ziehe die Leggings an.
»Kein Witz. Ich hab versucht, es ihm auszureden, aber das hat nur dazu geführt, dass er umso mehr mitkommen wollte. Ich kann schon froh sein, dass er mir jetzt die eine Stunde frei gegeben hat wegen guter Führung. Du siehst übrigens heiß aus.«
»Danke«, sage ich und fahre mir mit den Fingern
durch die strubbeligen Haare. Ich hab echt das Gefühl, dass ich mich gleich übergeben muss.
»Keine Sorge«, versichert mir Kimmie. »Du wirst nicht mal merken, dass wir da sind.«
»Gut«, sage ich, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass das nicht der Fall sein wird.
Aber wir fahren trotzdem hin - Kimmie und ich sitzen vorne im Minivan und Nate hinten, bewaffnet mit seiner Basketball-, Baseball- und Hockey-Ausrüstung. Wir biegen in den Parkplatz ein, meine Augen suchen beim Pavillon, beim Brunnen oder auf einer der Parkbanken nach Ben.
Schließlich entdecke ich ihn ganz weit hinten auf einer Decke, vor ihm ein Korb und eine Kühltasche.
»Wer hätte gedacht, dass Brutalo Ben so ein Romantiker ist?« Kimmie zieht ein Fernglas aus der Handtasche, um besser sehen zu können.
Ich hole tief Luft und versuche, meine angespannten Nerven zu beruhigen. Mittlerweile stellt Kimmie die Linse ihres Fernglases richtig ein und stellt auf einen Typen scharf, der in der Ferne vorbeijoggt.
»Hey, der sieht total aus wie dein Chef. Geht Spencer joggen?«
»Okay, können wir uns kurz mal auf mich konzentrieren?«
»Entspann dich. Ich bin ganz in der Nähe und kann dich auf jeden Fall hören, wenn du filmreif genug schreist«, scherzt sie.
»Auf dem Baseball-Feld«, erläutert Nate. Er setzt seine Fängermaske auf.
Kimmie umarmt mich kurz, um mir Glück zu wünsehen,
und dann steige ich aus dem Van und gehe zu Ben hinüber. Aber noch auf halbem Weg dorthin fliegt mir ein Fußball in die Quere.
»Halt ihn fest!«, höre ich jemanden rufen.
Ich stoppe den Ball mit dem Absatz und schaue mich dann nach dem Besitzer um. Es ist John Kenneally Er kommt zu mir gelaufen, um sich den Ball zu holen.
»Danke«, sagt er und fängt meinen Wurf. »Hast du schon mal drüber nachgedacht, dich als Torwart zu bewerben?«
Ich lächele und schaue über seine Schulter hinweg in Richtung Fußballplatz, wo seine Mannschaft offenbar ein Freundschaftsspiel hat.
»Scheinbar laufen wir uns in der letzten Zeit öfter über den Weg«, sagt er.
Ich nicke und schaue mich um, ob ich Kimmie irgendwo im Park finden kann. Es überrascht mich, dass sie John nicht sofort entdeckt hat, vor allem mit ihrem Fernglas. »Trainiert ihr jeden Samstag hier?«
Er nickt. »Normalerweise von eins bis drei, gleich nach dem Mittagessen.«
»Super«, sage ich und merke mir die Zeit, um Kimmie später davon zu erzählen.
»Wirklich?«
Ich nicke wieder und gebe mir Mühe, nicht zu viel Begeisterung zu zeigen, obwohl ich es wahrscheinlich ohnehin schon übertrieben habe.
Während John zu seinen Mannschaftskameraden zurückläuft, gehe ich in Bens Richtung. Er hat mich anscheinend schon entdeckt.
»Hey!«, ruft er zu mir herüber.
Er könnte nicht umwerfender aussehen - perfekt zerzauste Haare, zerrissene Jeans und ein Pulli mit Rundhals-Ausschnitt, der sich gerade
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