Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
Vom Netzwerk:
Entschuldigung, dich zu begrapschen. Aber eins muss man ihm lassen, er ist ganz schön kreativ. Ich meine, da hat er sich immerhin einen ziemlich originellen Scheiß einfallen lassen.«
    Ich schüttele den Kopf. Obwohl ich enttäuscht bin, dass sie ihm nicht glaubt, kann ich es ihr doch nicht wirklich übel nehmen.

    »Wann willst du dich wieder mit ihm treffen?«, fragt sie.
    »Er hat gesagt, er möchte später noch mit mir reden.«
    »Ist mit später noch heute gemeint?«
    Ich nicke und überlege, ob er es wohl war, der da gegen die Tür gepoltert hat. »Aber sag bitte nichts, okay? Über seine psychometrischen Kräfte, meine ich. Er will nicht, dass andere es erfahren.«
    »Du hast größere Sorgen, als dir um die Wahrung von Geheimnissen Gedanken zu machen, Süße.« Sie wirft noch einen Blick auf das Foto. »Das ist an dem Tag gemacht, als ihr euch getroffen habt.«
    Ich nicke und bemerke den grasbewachsenen Hügel hinter mir auf dem Bild. »Aber es ist danach aufgenommen«, sage ich und deute auf meine Position - ich entferne mich von dem Hügel und gehe zurück in Richtung Auto.
    »Also muss Ben hinter dir gewesen sein«, sagt sie.
    »Nein«, widerspreche ich. »Du weißt doch, Ben ist weggelaufen.«
    »Vielleicht will er nur, dass du das glaubst. Vielleicht ist er ein Stück weggelaufen, aber als er gesehen hat, dass du dasselbe tust, hat er - buchstäblich hinter deinem Rücken - schnell noch ein Bild gemacht.«
    »Ich bin übrigens im Park auch John Kenneally begegnet«, fällt mir plötzlich wieder ein.
    »Und das höre ich erst jetzt?«
    »Seine Mannschaft trainiert jeden Samstag dort.«
    »Aber er kann’s nicht gewesen sein«, sagt sie und fährt mit dem Finger über die Kritzeleien auf dem Foto. Man
kann sehen, wo sich die Linien tief in das Papier drücken, als wäre derjenige, der das getan hat, echt wütend gewesen. »Das ist nicht Johns Stil.«
    »Woher willst du das denn wissen?«
    »Ich weiß es einfach, okay? Ende der Geschichte.«
    »Womit wir wieder bei Regel Nummer eins wären«, sage ich. »Nie Vermutungen anstellen, ja?«
    »Nein«, korrigiert sie mich. »Es bringt uns zu Regel Nummer zwei: Trau keinem.«
    »Nicht einmal dir?«
    »Okay, außer mir und deinen Eltern. Und Regel Nummer fünf: Geh nirgends alleine hin. Ruf mich an. Ich komme.«
    »Auch heute Abend?«
    Sie schiebt sich die Schmetterlingsbrille auf die Nasenspitze. »Was ist heute Abend?«
    »Ich will noch mal mit Ben reden.«
    »Okay, ist das dein Ernst, so psychotisch, wie er ist.«
    »Nicht psychotisch, psychometrisch.«
    »Egal«, sagt sie barsch. »Es ist keine gute Idee.«
    »Tja, es ist jedenfalls die einzige, die ich im Moment habe. Ich meine, überleg doch mal. Mir passieren komische Dinge. Ben behauptet zu spüren, dass ich in Gefahr bin. Selbst wenn er lügen sollte, dann finde ich das vielleicht heraus, wenn ich einfach nur mit ihm rede.«
    »Und wenn er nicht lügt... und du in Gefahr bist?«
    »Dann kann ich mir alles anhören, was er zu sagen hat«, erkläre ich und bin überrascht, dass sie es überhaupt für möglich hält, dass er die Wahrheit sagen könnte. »Ich glaube, das bin ich mir schuldig, findest du nicht?«

    »Ich finde, du solltest seine Berührungskräfte auf die Probe stellen«, sagt sie und deutet auf das Foto. »Lass ihn irgendwas von diesem Zeug hier berühren, und dann soll er was dazu sagen. Ich vermute, dass du gleich merken wirst, dass er nur Scheiß erzählt.«
    Im nächsten Augenblick lässt mich ein Klopfen an der Haustür zusammenzucken. Mein Knie stößt gegen die Teetasse, und die Flüssigkeit ergießt sich in einem langen, schmalen Rinnsal, das mich an Blut erinnert, über die Kirschholzplatte.
    Ich stopfe mir das Foto unter mein Sweatshirt, während sich Kimmie rasch meine selbstgedrehte Schale vom Küchentresen schnappt.
    Die Gittertür geht auf, und die Türklinke bewegt sich auf und ab. Jemand versucht, hereinzukommen.
    Kimmie nähert sich der Tür, die Schale hoch über den Kopf erhoben.
    Eine Sekunde später höre ich es - ein Schlüssel wird ins Schloss geschoben. Die Tür geht auf.
    »Hallo, mein Liebling«, sagt meine Mutter und wirft ihre Yogamatte auf den Boden.
    Mein Dad folgt gleich hinter ihr und beklagt sich, dass das Telefon seit zwei Stunden besetzt sei.
    »Sorry«, sage ich. »Ich dachte, ich hätte aufgelegt. Wo habt ihr denn gesteckt?«
    »Wir waren essen«, sagt meine Mom und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Misstrauisch beäugt sie die Keramikschale, die noch

Weitere Kostenlose Bücher