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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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auf das Foto. »Und dann bin ich vielleicht dran.«
    »Ich weiß.« Sein Kiefer spannt sich sichtbar an. »Aber du verstehst das nicht.«
    »Dann erklär es mir.«
    »Sie lässt mich nicht los«, flüstert er.
    »Du meinst Julie?«
    Er nickt. »Ich sehe immer wieder ihr Gesicht. Ich sehe, wie sie von dieser Klippe stürzt.«
    »Es war ein Unfall«, erinnere ich ihn.
    Ben schiebt sich die Ärmel hoch, so als wäre ihm plötzlich zu heiß, und gibt damit den Blick auf die schmale Narbe frei, die über seinen Unterarm verläuft.
    »Hast du daher deine Narbe?«, frage ich.
    Er nickt und schaut sie an. »Es ist wie eine ständige Erinnerung an das, was geschehen ist. Nachdem sie gefallen ist, habe ich versucht, die Klippe hinunterzuklettern - um zu ihr zu kommen -, aber ich habe mir nur den Arm an einem scharfen Felsen aufgerissen.«

    »War das damals das erste Mal, dass du Dinge gespürt hast?«
    Er schüttelt den Kopf und zieht sich die Ärmel wieder hinunter. »Aber davor waren es immer nur kleine Sachen. Ich bin zum Beispiel mit jemandem an der Schulter zusammengestoßen und wusste, dass sein Wagen einen Platten haben würde. Oder ich habe Leuten die Hand geschüttelt und gesehen, was sie an dem Abend essen würden. Zuerst dachte ich, es wäre Zufall, aber dann wurde es immer eindeutiger, dass ich in der Lage war, Dinge vorherzusehen.«
    »Hast du das jemals zu deinem Vorteil genutzt?«
    »Ich wollte es einfach nie benutzen. Punkt. Außerdem ist diese ganze Berührungsgeschichte nicht immer vorhersagbar. Ich kann nicht immer das spüren, was ich will. Ich meine, ich kann mich bemühen - mich total konzentrieren. Aber manchmal kann ich, wie zum Beispiel bei dir, eine Gefahr spüren, und manchmal fühle ich etwas ganz anderes.«
    »Was denn?«
    Er starrt mich an, als wollte er es nicht sagen. »Ich habe mich über Psychometrie schlaugemacht, als die Symptome zum ersten Mal auftraten«, erklärt er. »Ich wollte wissen, was da mit mir geschah, warum ich so lebendige Details sehen konnte, sobald ich jemand anderen nur berührte - so wie bei Julie.«
    Ich wende den Blick ab und würde ihn am liebsten daran erinnern, dass ich nicht sie bin. Aber dann fühle ich es - er umfasst meine Hand mit seiner. Und dann rutscht er von seinem Hocker und tritt einen Schritt näher, so nahe, dass mein Gesicht direkt an seiner Brust liegt.

    »Was denkst du gerade?«, fragt er. Bei jedem Atemzug drückt der Stoff seines Sweatshirts gegen meine Wange.
    »Sag du’s mir« , flüstere ich und bemerke, wie sein Atem immer tiefer geht und gleichmäßig wird, als würde er sich bemühen, die Kontrolle zu behalten.
    Er packt mich noch fester und verschränkt seine Finger mit meinen.
    »Spürst du etwas?«, frage ich.
    Er schaut mich an und betrachtet mich nur einige Sekunden lang, ohne etwas zu sagen. »Du bist ein KontrollFreak, stimmt’s?«
    »Ist es das, was du spürst?«
    »Es ist das, was ich beobachte. Du hast es gern, wenn alles seine Ordnung hat. Du magst es, alles genau zu planen. Habe ich recht?«
    Mein Mund zittert, und ich bringe mit Mühe ein Nicken zustande.
    Währenddessen rückt Ben noch näher. Sein Bein berührt meinen Oberschenkel. »Und was machst du mit Dingen, die außerhalb deiner Kontrolle liegen?«, fragt er.
    »Was denn zum Beispiel?«
    Seine Hand drückt meine fester, mit einer solchen Kraft, dass es mir fast den Atem verschlägt. »Wie zum Beispiel, ob es morgen regnet oder nicht oder ob ich dich jetzt gleich küsse.«
    Ich mache den Mund auf, um etwas zu sagen - um ihm zu sagen, dass er das selbst herausfinden muss -, aber dann küsst er mich einfach.
    Im nächsten Augenblick fliegt die Haustür mit einem Knall auf.

    Er springt zurück und lässt meine Hand los.
    »Camelia, bist du zu Hause?«, ruft mein Dad.
    Ben beeilt sich, die Teile des Fotos zusammenzusuchen. Er steckt sie zurück in den Umschlag, den er dann unter sein Sweatshirt stopft.
    Eine Sekunde später kommen meine Eltern in die Küche. Sie schauen zwischen Ben und mir hin und her und warten auf eine Erklärung, aber ich weiß nicht einmal genau, was da eben geschehen ist.
    Ben stellt sich selbst als mein Laborpartner aus der Schule vor. Meine Mutter streckt ihm die Hand hin. Ben betrachtet sie, rührt sich aber nicht.
    Mit irritiertem Gesichtsausdruck schaut meine Mutter zuerst meinen Vater und dann mich an.
    In diesem Moment schüttelt Ben ihr rasch die Hand - ihre Finger berühren sich kaum - und sagt, dass er jetzt gehen müsse.

43
    Ich kann nicht

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