Toedliches Konto
auch eins und eins aus dem zusammenzählen, was du ihnen nicht gesagt haben wirst. Hast du denn ein Alibi für den Freitagabend?”
“Nein, da war ich allein zu Hause.” Die Wahrheit ging Alfred nichts an.
“Etwas einsam geworden, was? Ach, die Kripo hatte übrigens von den Drohbriefen erzählt. Ich habe allerdings gesagt, dass ich nichts davon weiß.”
“Bei mir kam dieses Thema gar nicht zur Sprache.”
“Man muss den Bullen ja auch nicht alles sagen.” Alfred lachte laut und künstlich.
“Zum Beispiel werde ich nicht sagen, dass du mich nach Strich und Faden beschissen hast, aber das sollten wir unter Freunden regeln, Alfred.”
“Was willst du denn damit sagen?”
“Du hast von Mikhail viel höhere Summen bekommen, und entsprechend wäre mein Anteil höher gewesen. Ich erwarte von dir innerhalb einer Woche einen Vorschlag, wie du das regeln willst.”
Die Informationskette wuchs noch weiter. Nun war Pfarrer Hackelberger an der Reihe, Vera Bock anzurufen.
“Ich habe Ihre Nachricht auf meinem Anrufbeantworter gehört. Gerne können wir uns gleich morgen früh treffen.”
Sie machten neun Uhr aus.
“Unabhängig davon wollte ich Sie sowieso noch anrufen. Ich habe mir nach unserem Gespräch viele Gedanken gemacht, obwohl es für mich unverändert schwer ist, in diesem Kreis, den ich schon so lange kenne und in dem mich mit jedem Einzelnen so viele gemeinsame Erinnerungen verbinden, die Quelle für einen Mord zu vermuten. Oder unter ihnen gar einen Mörder vorzufinden. Aber ich habe eine Lunte ausgelegt und auch erzählt, dass die Polizei schon bei mir war, und habe so getan, als wüsste die Polizei schon einiges über die Petersburger. Ich will einfach mal sehen, wer dabei nervös wird. Nach all dem, was ich von Ihnen weiß, erscheint mir das Verhalten von Günther Bartol besonders dubios. Und er reagiert unsicher, ausweichend. Also dann bis morgen früh.”
14
Kurt war sich seiner Chance bewusst und sagte sich auch, einmal ist immer das erste Mal. Die gute Stimmung zwischen ihm und Lena als Folge des Eisessens von Gero mit Miriam wollte Kurt weiter ausnutzen und schlug ein gemeinsames Abendessen mit Lena vor. Um von vornherein eine gute Stimmung aufkommen zu lassen, überließ er Lena die Auswahl des Restaurants. Lena schlug spontan das französische Lokal ‘Cuisine fraîche’ vor. So schön - und teuer - hätte das Abendessen auch nicht sein müssen, dachte Kurt, aber die Ablehnung des Vorschlags hätte unkalkulierbare Folgen haben können.
Sie bekamen einen schönen Tisch, und Kurt war von dem Restaurant, in dem er zum ersten Mal war, angenehm überrascht. Es wirkte nicht übertrieben vornehm, die Atmosphäre war locker und nicht so steif wie in den Sterne-Restaurants, die sein Ex-Schwiegervater gerne aufsuchte. Kein Wunder, dass dieser Mensch keine verträgliche Tochter großziehen konnte. Sie bestellten gleich eine Flasche Chardonnay, die einen vertretbaren Preis hatte.
Nach der Bestellung bemühte sich Lena, nicht übers Geschäfte zu reden. Die Leichen sollten jetzt mal außen vor bleiben.
“Was ich hier schätze”, begann sie, “ist die gute Qualität. Die Gemüse sind absolut frisch und alle Bio. Eigentlich sind alle Produkte Bio.”
“Und warum ist das besser, wenn alles Bio ist?”
“Fragst du das im Ernst?”
“Na klar. Ich habe gelesen, dass Bio auch nicht gesünder ist.”
“Aber es ist halt naturbelassen, ohne chemisches Zeugs, reine Natur.”
“Das verstehe ich nicht. Chemie ist doch auch aus der Natur. Die Atome und Moleküle sind doch dieselben, die kommen genauso aus der Natur.”
“Aber nicht in dieser Form. Da hat der Mensch rein gepfuscht, hat im Labor die natürlichen Stoffe umgewandelt und neue Stoffe erzeugt, die in der Natur nicht vorkommen.”
“Erstens, auch in der Natur sind durch viele Prozesse immer wieder neue Stoffe entstanden. Nur hat das manchmal Tausende oder Hunderttausende Jahre gedauert, und das ist wenig rationell, so lange zu warten. Im Labor kann ich sehr viel schneller etwas entwickeln. Und zweitens, warum soll alles gut sein, was in der Natur ist. Was gibt es nicht alles an Schad- und Giftstoffen in der Natur. Damit könnte man wahrscheinlich die Menschheit ein paar Mal umbringen.”
Kurt war richtig in Fahrt geraten, was Lena sichtlich amüsierte, auch wenn sie seinen Gedankengängen nicht zustimmen konnte.
“Ich bin ja nur froh, dass wir endlich doch wieder beim Thema gelandet sind. Menschen umbringen, diesmal mit
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