Tödliches Lachen
Café herrschte reger Betrieb, doch sie fanden einen freien Tisch. Durant bestellte sich einen Cappuccino, Georg, der nach einer Flasche Wein nicht mehr ganz sicher auf den Beinen war, einen Espresso und Marlene ein Glas Wasser. Erst jetzt, im Licht des Cafés, sah Durant, dass Marlene doch noch recht jung aussah und ein ausgesprochen feminines und hübsches Gesicht hatte, in dem das Hervorstechendste die großen grünen Augen waren. Als sie ihre Daunenjacke auszog, musste Durant unwillkürlich schmunzeln, denn sie hatte genau die Vorzüge, auf die Georg und wohl auch die meisten Männer standen - große Brüste, die von einem dünnen weißen Pullover umspannt wurden. Warum haben heutzutage bloß alle jungen Frauen solche Titten?, fragte sie sich. Gut, meine sind auch nicht gerade klein, aber damals war ich eine Ausnahme. Und außerdem, es interessiert doch eh keinen.
»Frau Link, ich ermittle gerade in zwei Mordfällen und möchte Sie fragen, wo Sie am Mittwochabend und Donnerstagabend jeweils zwischen zwanzig und dreiundzwanzig Uhr waren.«
»Ich war bei Herrn Meister «, sagte sie irritiert. »Wieso fragen Sie mich das?«
»Weil Herr Meister beide Opfer persönlich kannte und wir jeden nach seinem Alibi befragen.«
»Wer wurde denn umgebracht?«
»Das wird Herr Meister Ihnen bestimmt nachher erzählen. Sie würden diese Aussage auch vor Gericht beeiden?«
»Ja, natürlich.«
»Was machen Sie beruflich?«
»Ich studiere Literaturwissenschaft und Anglistik.«
»Das war’s schon. Ich wünsche noch einen angenehmen Abend. Ach ja, Herr Meister, ich hätte Sie gerne noch kurz unter vier Augen gesprochen. Dauert auch bestimmt nicht lange.«
Durant, die ihren Cappuccino noch nicht angerührt hatte, erhob sich und ging mit Georg nach draußen. Sie lächelte ihn süffisant an und sagte: »Ich erzähl dir jetzt eine kleine Geschichte. Vor ein paar Jahren hatte ich schon mal so ein Arschloch wie dich. Er wohnte die meiste Zeit bei mir, aber eines Tages hat es mir gestunken, dass er kaum noch vor Mitternacht nach Hause kam, dass wir nichts mehr gemeinsam unternahmen und er auch nichts in der Wohnung gemacht hat. Ich hab ihm gesagt, dass er wieder in seine Wohnung ziehen soll. Er hat mir die große Liebe vorgeheult, aber ich hab ihn trotzdem rausgeschmissen. Am nächsten Tag kam er seine Sachen abholen, die ich ihm schon gepackt hatte. Ich hab ihm angeboten, beim Tragen zu helfen, aber er bekam mit einem Mal einen hochroten Kopf und meinte, er würde das schon allein schaffen. Ich bin trotzdem mit runter. Und siehe da, er hatte eine schnuckelige Einundzwanzigjährige dabei, mit der er schon über ein halbes Jahr ein Verhältnis hatte..
»Und was hab ich damit zu tun?«
»Das ist mein Leben, immer wieder Reinfälle.«
»Es ist vorbei, du wirst mich nie mehr wiedersehen«, sagte Georg.
»Das hoffe ich. Aber dass du bei der Martens warst, gibt mir doch zu denken. Wie viele Huren waren’s noch?«
»Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
»Eine fällt mir noch ein - ich. Aber gehen wir wieder rein, trinken unsern Kaffee und fahren gemütlich nach Hause. Das heißt, du bist nicht mehr fahrtüchtig nach einer Flasche Rotwein. Wenn meine Kollegen dich anhalten, bist den Lappen erst mal für ‘ne Weile los.«
»Du bist doch auch nicht mehr ganz nüchtern.«
»Ich habe mein zweites Glas nicht angerührt.« Marlene hatte ihr Wasser zur Hälfte ausgetrunken, als Durant sagte: »Wir sind fertig. Passen Sie gut auf ihn auf, er ist schwer zu halten und schon gar nicht zu zähmen, wenn Sie verstehen.«
»Hä?«
»Schatz, komm, Frau Durant macht nur Spaß.«
»Ach, Schatz, hier, der Ring, den du mir zu Weihnachten als kleine Anzahlung für meine körperlichen Dienste geschenkt hast, du kannst ihn wieder haben.«
Sie zog den Saphirring vom Finger und legte ihn auf den Tisch. » Er würde mich nur an dich erinnern. Ciao, Liebling«, sagte sie und verließ das Café, einen verdutzt ihr hinterherschauenden Georg Meister zurücklassend.
»Was hatte das eben zu bedeuten?«, fragte Marlene sichtlich verwirrt.
»Das ist eine lange Geschichte. Die Frau spinnt manchmal.«
»Und der Ring?«
»]a, der ist von mir, aber ich hatte nie was mit ihr. Sie war bis eben eine gute Freundin, mehr nicht. Ich weiß auch nicht, was in sie gefahren ist.«
»Hm, eine gute Freundin also. Ich frag mich nur, warum du auf einmal so rot wirst. Und seit wann siezen sich Freunde? Ich denke, wir sollten in aller Ruhe darüber sprechen. Oder?
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